Patterson, James - Alex Cross 03 - Sonne, Mord und Sterne
Brooks Brothers und Ann Taylor. Niedrige Pumps, Turnschuhe, bequeme Slipper. Außerdem waren da etliche Jogginganzüge und Gymnastiksachen.
Nicht viele Abendkleider für Partys, fürs Vergnügen. Wer warst du, Sara?
Ich suchte nach falschen Wänden, doppelten Böden, wo sie vielleicht private Aufzeichnungen aufbewahrte, irgendetwas, das uns helfen würde, diesen Fall für immer abzuschließen – oder weit zu öffnen.
Los, Sara, lass uns hinein in dein geheimes Leben. Sag uns, wer du wirklich warst.
Was hat dich auf Trab gehalten, Jill? Wer warst du, Sara? Gib uns noch eine Botschaft– nur noch eine.
Sampson trat hinter mich, als ich am Schlafzimmerfenster stand und auf den Innenhof hinunterschaute. Ich dachte über alle Möglichkeiten dieses Falles nach.
»Hast du den Fall gelöst? Alles rausgekriegt, Kleiner?«
»Noch nicht. Aber da ist noch etwas. Lass mich hier noch ein paar Tage länger suchen.«
Sampson stöhnte bei diesem Gedanken. Ich ebenfalls. Aber ich wusste, ich würde hierher zurückkommen. Sara Rosen hatte uns ein Souvenir hinterlassen, irgendetwas, um uns an sie zu erinnern. Ich war fast sicher.
Jill, die Dichterin.
105.
Vielleicht war ich ein Vielfraß in Bezug auf Verbrechen und Strafe, aber schon früh am nächsten Tag ging ich wieder in Saras Wohnung. Ich war gegen acht Uhr dort, vor allen anderen. Ich schlenderte in der kleinen Wohnung umher und knabberte Nutri-Grain aus einer offenen Packung. Irgendetwas quälte mich bei dem Gedanken an die sexy alte Jungfer und ihr Versteck im Nebel. Instinkt eines Detectives. Intuition eines Psychologen.
Fast eine Stunde lang hockte ich auf der Bank vor dem Fenster zur K Street. Mein Blick war auf ein Poster für Calvin Kleins Parfüm Escape am Wartehäuschen der Busstation gerichtet. Das Model schaute unsäglich traurig und verloren drein. Wie Jill? Jemand hatte eine Sprechblase über den Kopf des Models gezeichnet. Darin stand: »Bitte, gebt mir was zu essen!«
Wer nährte Sara Rosen?, fragte ich mich, als ich in die Luft Washingtons blickte. Was war ihr Geheimnis? Was hatte sie zu dieser wahnwitzigen Promijagd getrieben – oder was hatte sie getan, ehe sie im Peninsula Hotel erschossen wurde? Sie war in New York ermordet worden. Welche Verbindung bestand zwischen ihr und Jack?
Wie sah die vollständige Geschichte aus? Die wahre Geschichte? Welches Geheimnis war noch nicht enthüllt?
Ich starrte auf die vielen Bücher, die jedes Zimmer der Wohnung beherrschten, sogar die Küche. Sara schien Bücher verschlungen zu haben. Hauptsächlich Romane und Sachbücher über Geschichte, fast alle von amerikanischen Autoren. Sara, die Intellektuelle. Sara, die Siebengescheite.
Diplomacy von Henry Kissinger. Special Trust von Robert McFarland. Caveat von Alexander Haig. Kissinger von Walter Isaacson. Und so weiter. Romane von Anne Tyler, Robertson Davies, Annie Proulx, aber auch von Robert Ludlum und John Grisham. Lyrik von Emily Dickinson, Sylvia Plath und Anne Sexton. Und ein Band mit dem Titel Einsame Frau .
Ich klappte jedes Buch auf und schüttelte es sorgsam aus. In der Wohnung waren mehr als tausend Bände. Vielleicht mehrere tausend. Eine Unmenge von Büchern, die durchsucht werden mussten.
In mehreren Bänden steckten handgeschriebene Notizzettel. Aufzeichnungen Saras. Ich las jeden einzelnen Zettel. Die Stunden vergingen. Ich ließ Mahlzeiten aus, doch das war mir egal.
In einer Biografie über Napoleon und Josephine hatte Sara Rosen notiert: »N. hielt Intelligenz bei Frauen für eine geistige Verwirrung. Hat in der Öffentlichkeit Js. Brüste betatscht. Schwein. Aber J. bekam ihren wohlverdienten Lohn. Fotze.«
Jill, die Dichterin. Jill, die Büchernärrin. Die mysteriöse Fantasiefrau, das Rätsel. Die Mörderin.
Im Arbeitszimmer gab es mehrere Videofilme. Ich öffnete jede Schachtel. Sara Rosens Filmsammlung enthielt Liebesfilme, bekannte Schnulzen, Krimis und romantische Thriller. Der Herr der Gezeiten. No Way Out. Disclosure. Drei Teile von Der Pate . Vom Winde verweht und Ein Offizier und Gentleman .
Offenbar mochte sie auch ältere Filme, besonders die »Schwarzen« von Raymond Chandler, James Cain und Hitchcock.
Ich öffnete jede Kassettenhülle, Reihe für Reihe. Ich hielt es für wichtig, vor allem bei einem Menschen, der so ordentlich war wie Sara. Wäre Sampson in der Nähe gewesen, hätte er sich verdammt lustig über mich gemacht. Er hätte mich für verrückter erklärt als Jack und Jill.
Ich machte die Hülle von
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