Patterson, James - Alex Cross 03 - Sonne, Mord und Sterne
ehemalige Abolitionistin. Alle sind weg vom Fenster, dachte der Mörder und schlenderte schließlich weiter. Er hatte Wichtigeres zu tun, als herumzulungern und seine kostbare Zeit zu verschwenden.
Happy, happy. Joy, joy.
»Wenn du das glaubst, musst du noch verrückter sein als ich«, sagte er vor sich hin. Er meinte niemand Bestimmten. Es waren bloß die generischen Stimmen, die in seinem Kopf ertönten. »Ich bin nicht glücklich. Es gibt keine Freude.«
Als er um die Ecke bog, sah er einen Streifenwagen in Richtung Schule fahren. Jetzt wurde es verdammt Zeit abzuhauen, aber er würde wiederkommen.
67.
Am Nachmittag des nächsten Tages packte ich meine Akten und Notizen über Jack und Jill zusammen und fuhr noch einmal nach Langley, Virginia. Diesmal keine Musik im Auto, nur das stete Surren der Reifen auf der Straße. Jeanne Sterling hatte mich gebeten, sich alles ansehen zu dürfen, was ich bis jetzt zusammengetragen hatte. Sie hatte schon ein halbes Dutzend Mal angerufen. Diesmal, hatte sie versprochen, würde sie sich revanchieren. Sie zeigen mir Ihre Sachen, und ich zeige Ihnen meine. Okay? Warum nicht? Es erschien mir durchaus sinnvoll.
Eine CIA-Mitarbeiterin Mitte zwanzig, die sich mit militärischem Kurzhaarschnitt gefiel, führte mich in ein Konferenzzimmer im sechsten Stock. Der Raum war lichtdurchflutet. Was für ein Gegensatz zu meiner Höhle im Keller des Weißen Hauses! Ich kam mir wie eine Maus vor, die aus dem Loch gelaufen war. Apropos Weißes Haus – bis jetzt hatte ich bezüglich meiner Pläne, mögliche Feinde des Präsidenten in hohen Ämtern zu überprüfen, noch nichts vom Geheimdienst gehört. Diesen Topf musste ich kräftig umrühren, sobald ich wieder in Washington war.
»Früher konnte man an klaren Tagen das Washington Monument sehen«, sagte Jeanne Sterling, als sie hinter mir ins Zimmer kam. »Jetzt nicht mehr. Die Luftverschmutzung in der Fairfax County ist grauenvoll. Wie sieht Ihre bisherige Reaktion auf die Akten über unsere Killerelite aus? Schock? Erstaunen? Langeweile? Was denken Sie, Alex?«
Allmählich gewöhnte ich mich an Jeannes Art, so schnell wie ein Maschinengewehr zu sprechen. Ich konnte sie mir sehr gut als Juraprofessorin vorstellen. »Meine erste Reaktion betrifft den Zeitaufwand. Wir werden Wochen benötigen, um die Möglichkeit zu analysieren, ob einer der ›Geister‹ ein psychopathischer Mörder sein könnte. Oder dass einer Jack sein könnte«, antwortete ich.
»Da stimme ich mit Ihnen überein.« Sie nickte. »Aber lassen Sie uns mal davon ausgehen, dass wir unsere Suche auf etwa vierundzwanzig fröhliche Stunden beschränken müssen. Denn anders wird es wohl nicht gehen. Schweben Ihnen da irgendwelche Hauptverdächtige vor? Sie haben doch etwas, Alex. Was ist es?«
Ich hielt drei Finger in die Höhe. Bis jetzt hatte ich drei Punkte.
Jeanne lächelte strahlend. Wir beide lächelten. Man musste lernen, über den Wahnsinn zu lachen, sonst zieht er einen nach unten, und man kommt nie wieder hoch.
»Okay. In Ordnung. Das höre ich gern. Lassen Sie mich raten«, sagte sie und fuhr sogleich fort: »Jeffrey Daly, Howard Kamens, Kevin Hawkins.«
»Also, das ist interessant«, meinte ich. »Das könnte uns zumindest ein bisschen weiterhelfen. Vielleicht sollten wir lieber mit dem einen Namen beginnen, der auf Ihrer und meiner Kurzliste steht. Erzählen Sie mir mehr über Kevin Hawkins.«
68.
Jeanne Sterling investierte etwa zwanzig Minuten, um mich über Kevin Hawkins aufzuklären. »Sie werden froh sein zu hören, dass wir Hawkins bereits observieren lassen«, sagte sie, als wir mit einem schnellen, leisen Aufzug nach unten in die Tiefgarage fuhren, wo unsere Wagen parkten.
»Sehen Sie, Sie brauchen meine Hilfe doch nicht«, sagte ich. Ich hatte Auftrieb bekommen, selbst durch die Aussicht auf einen geringen Erfolg in diesem Fall. Zum ersten Mal seit Tagen war ich tatsächlich zuversichtlich.
»Aber nein, Alex, wir brauchen Sie. Wir haben Hawkins noch nicht zu einem Verhör hierher gebracht, weil wir nichts Konkretes gegen ihn vorweisen können. Wir haben nur sehr schlimme Vermutungen. Das dürfen wir nicht vergessen. Und jetzt sind Sie ebenfalls ein Verdächtiger.«
»Mehr habe ich derzeit auch nicht«, erklärte ich. »Nur Verdachtsmomente .«
»Manchmal reicht das, wie Sie wissen. Manchmal muss es reichen.«
Wir kamen in die kleine Tiefgarage unter dem CIA-Komplex in Langley. Es standen hauptsächlich Familienkutschen da, Taurus Caravans und ähnliche
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