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Patterson, James - Alex Cross 04 - Wenn Die Mäuse Katzen Jagen

Titel: Patterson, James - Alex Cross 04 - Wenn Die Mäuse Katzen Jagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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war ich wieder in der Penn Station. Weil die übliche Pendlermenge fehlte, war es samstags nicht besonders voll hier. Die Morde, die sich hier und in der Union Station in Washington ereignet hatten, beherrschten meine Gedanken. Die finsteren Zugtunnel waren für Soneji gleichbedeutend mit dem »Keller«, dem Symbol seiner qualvollen Kindheit. So weit hatte ich das wahnwitzige Puzzle schon zusammengesetzt. Und wenn Soneji aus dem Keller nach oben kam, ging er in mörderischer Wut auf die Welt los …
    Ich sah Christine die Treppe von den Zugtunneln heraufkommen.
    Trotz des verhängnisvollen Schauplatzes lächelte ich und verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Ich fühlte mich benommen und erregt zugleich, erfüllt von Hoffnung und einem Verlangen, das ich seit langer Zeit nicht mehr empfunden hatte. Sie war wirklich gekommen.
    Christine hatte eine kleine schwarze Tasche mit dem Aufdruck »Sojoumer Truth School« bei sich. Sie reiste mit leichtem Gepäck. Sie war schön, wirkte stolz und begehrenswerter denn je, falls das überhaupt möglich war. Sie trug ein kurzärmliges weißes Kleid mit rundem Halsausschnitt und die üblichen flachen Schuhe, dieses Mal aus schwarzem Leder. Mir fiel auf, daß sich die Leute nach ihr umschauten, wie sie das immer taten.
    In einer Bahnhofsecke küßten wir uns, wahrten unsere Privatsphäre, so gut wir konnten. Unsere Körper preßten sich aneinander, und ich spürte Christines Wärme, ihre Haut, ihr Fleisch. Ich hörte, wie ihre Tasche zu Böden fiel. Ihre braunen Augen schauten in die meinen, zunächst groß und fragend, dann aber weich und hell.
    »Ich habe mich ein bißchen davor gefürchtet, daß du nicht hier bist«, sagte sie. »Ich hatte schon Visionen, du wärst zu einem Einsatz gerufen worden und ich stünde ganz allein mitten in der Penn Station.«
    »Das hätte ich auf keinen Fall zugelassen«, sagte ich. »Ich bin froh, daß du gekommen bist.«
    Wir küßten uns wieder, preßten uns noch enger aneinander. Ich wollte nicht aufhören, Christine zu küssen, sie fest in den Armen zu halten. Ich wollte sie an einen Ort bringen, an dem wir allein sein konnten. Mein Körper zog sich krampfhaft zusammen, es war so schlimm und so gut.
    »Ich hab’s versucht«, sagte sie und grinste, »aber ich hab’s nicht geschafft, dir fernzubleiben. Ich habe ein bißchen Angst vor New York, aber ich bin hier.«
    »Wir werden uns großartig amüsieren. Du wirst schon sehen.«
    »Versprochen? Wird es unvergeßlich werden?« zog sie mich auf.
    »Unvergeßlich. Versprochen!« sagte ich.
    Ich hielt sie fest in den Armen und konnte sie nicht loslassen.
49.
    Der Anfang von »unvergeßlich« spielte sich folgendermaßen ab:
    Der Rainbow Room um halb neun an einem Samstagabend. Christine und ich schwebten Arm in Arm aus dem glitzernden Aufzug und wurden sofort in eine andere Ära versetzt, einen anderen Lebensstil, vielleicht sogar in ein anderes Leben. Auf einem dekorativen Plakat neben der Aufzugtür stand in silberner Schrift auf schwarzem Grund: »Der Rainbow Room. Fühlen Sie sich wie in einem Musical von MGM.« Hunderte von kleinen Scheinwerfern ragten aus blendendem Chrom und Kristall. Es war mehr als schön, einfach vollkommen.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich für ein MGM-Musical richtig angezogen bin. Aber es ist auch nicht besonders wichtig. Was für eine wunderbare Idee!« sagte Christine, als wir uns an den aufgedonnerten, unverschämt gut aussehenden Platzanweisern und Platzanweiserinnen vorbei einen Weg bahnten. Wir wurden zu einer Bar geführt, die eine Aussicht auf den Artdeco-Ballsaal bot, aber auch einen Panoramablick auf New York. Samstagabends war der Saal bis auf den letzten Platz besetzt, jeder Tisch war belegt und die Tanzfläche überfüllt.
    Christine trug ein schlichtes schwarzes Etuikleid und das gleiche Halsband wie bei Kinkead’s. Die Brosche hatte ihrer Großmutter gehört. Weil ich über einsneunzig bin, hatte sie sich diesmal nicht gescheut, Abendschuhe mit hohen Absätzen anzuziehen anstelle der üblichen flachen Schuhe. Es war mir nie zuvor bewußt gewesen, aber es gefiel mir, mit einer Frau zusammenzusein, die mit hohen Absätzen fast so groß war wie ich.
    Auch ich hatte mich in Schale geworfen und mich für einen sommerlich leichten anthrazitgrauen Anzug entschieden, mit einem weißen Hemd und einer blauen Seidenkrawatte. Zumindest heute abend war ich eindeutig kein Detective aus D.C. Ich sah nicht aus wie Dr. Alex Cross aus Southeast, sondern

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