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Patterson, James - Alex Cross 04 - Wenn Die Mäuse Katzen Jagen

Titel: Patterson, James - Alex Cross 04 - Wenn Die Mäuse Katzen Jagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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dem langsamen Tanz zu unserem Tisch zurückkehrten. »Ich habe gewußt, daß du tanzen kannst. Hab’s nie bezweifelt. Aber ich habe nicht gewußt, daß du so gut tanzen kannst.«
    »Das war noch gar nichts. Warte ab, bis sie eine Samba spielen«, antwortete ich. Ich hielt sie immer noch an der Hand, konnte nicht loslassen. Wollte es auch nicht.
    »Ich glaube, ich kann Samba tanzen«, sagte sie.
    Wir tanzten viel, hielten uns ständig an den Händen, und ich glaube, wir aßen sogar etwas zu Abend. Aber ich konnte Christines Hand nicht loslassen und sie meine nicht. Wir redeten viel, doch später konnte ich mich an das meiste, was gesagt worden war, nicht mehr erinnern. Ich glaube, so etwas geschieht nur hoch über New York City im Rainbow Room.
    Als ich an jenem Abend zum ersten Mal auf meine Uhr schaute, war es fast eins, und ich konnte es nicht fassen. Zu diesem verblüffenden Verlust des Zeitgefühls war es schon etliche Male gekommen, wenn ich mit Christine zusammen war. Ich bezahlte unsere Rechnung, und mir fiel auf, daß der Rainbow Room inzwischen fast leer war. Wo waren die anderen alle hingegangen?
    »Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?« flüsterte Christine, als wir im nußbaumgetäfelten Aufzug in die Halle hinunterfuhren.
    Wir waren allein in der Kabine mit dem weichen Licht, und ich hielt Christine in den Armen.
    »Ich behalte jede Menge Geheimnisse für mich«, sagte ich.
    »Gut, also hör zu«, sagte Christine, als wir mit einem ganz schwachen Rumpeln im Erdgeschoß ankamen. Sie hielt mich im Aufzug fest, als die Tür aufgegangen war. Sie hatte nicht vor, mich aus dem Aufzug hinaustreten zu lassen, ehe sie gesagt hatte, was sie sagen wollte.
    »Ich weiß es wirklich zu schätzen, daß du für mich im Astor ein Einzelzimmer bestellt hast«, sagte sie. »Aber ich glaube nicht, Alex, daß ich es brauche. Ist das in Ordnung?«
    Wir standen ganz reglos im Aufzug und küßten uns wieder. Die Tür ging zu, und der Aufzug schwebte langsam zum Dach hinauf zurück. Wir küßten uns während des Hinauffahrens, wir küßten uns während der erneuten Fahrt ins Erdgeschoß, und die Rundfahrt dauerte bei weitem nicht lange genug.
    »Aber weißt du was?« sagte sie schließlich, als wir zum zweiten Mal das Erdgeschoß des Rockefeller Center erreichten.
    »Ob ich was weiß?« fragte ich.
    »Angeblich kommt das dabei heraus, wenn man in den Rainbow Room geht.«
50.
    Es war unvergeßlich. Genau wie in dem magischen Song »Unforgettable« von Nat King Cole.
    Wir standen vor der Tür zu meinem Hotelzimmer, und ich ging völlig in diesem Augenblick auf. Ich hatte Christines Hand losgelassen, um die Tür aufzuschließen – und war verloren. Ich fummelte mit dem Schlüssel herum und verfehlte das Schloß. Sie legte ihre Hand auf meine, und wir steckten den Schlüssel ins Schloß, drehten ihn gemeinsam um.
    Eine kleine Ewigkeit verstrich, jedenfalls kam es mir so vor. Ich wußte, daß ich nichts davon vergessen würde.
    Ich würde auch nicht zulassen, daß Skepsis oder Zynismus es schmälerten.
    Mir war klar, was mit mir geschah. Ich spürte die schwindelerregende Wirkung einer Rückkehr zur Intimität. Mir war nicht bewußt gewesen, wie sehr sie mir gefehlt hatte. Ich war abgestumpft, hatte zugelassen, daß ich in den letzten Jahren wie betäubt lebte. Das ist das einfachste, so einfach, daß man nicht einmal merkt, daß das eigene Leben zu einem tiefen Graben geworden ist.
    Die Zimmertür ging auf, und ich mußte daran denken, daß wir beide in diesem Moment etwas von unserer Vergangenheit aufgaben. Auf der Schwelle wandte sich Christine mir zu. Ich vernahm das schwache Rascheln ihres Seidenkleids. Ihr schönes Gesicht reckte sich meinem entgegen. Ich streckte die Hände nach ihr aus, berührte ihr Kinn mit meinen Fingerspitzen. Ich fühlte mich, als hätte ich den ganzen Abend lang nicht richtig durchatmen können, seit dem Augenblick, in dem ich sie in der Penn Station gesehen hatte.
    »Musikerhände, Pianistenfinger«, sagte sie. »Ich habe es gern, wie du mich berührst, das habe ich schon immer geahnt. Ich habe keine Angst mehr, Alex.«
    »Ich bin so froh, ich habe auch keine mehr.«
    Die schwere Holztür des Hotelzimmers schien sich von selbst zu schließen. Es spielte im Grunde keine Rolle mehr, wo wir jetzt waren. Die blinkenden Lichter von draußen, vielleicht ein Boot, das über den Fluß glitt, vermittelten den Eindruck, daß sich der Boden sacht bewegte, beinahe so, wie sich die Tanzfläche im Rainbow

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