Patterson James
Cadillacs und Lincolns standen zwischen alten, verbeulten
Trucks, neueste Mercedes- und Porsche-Modelle zwischen
bunt bemalten, ausgebauten 70er-Jahre-VW-Kombis und riesigen Wohnwagen. Sogar eine alte Harley war zu sehen, aus
deren Seitenwagen eine Schlägertasche hervorschaute.
Das Ganze erinnerte mich an jene schlammigen, brodelnden
Wild-West-Städte, die während des Goldrauschs überall da,
wo es einen Salon und ein Bordell gab, über Nacht aus dem
Boden schossen, und während ich nach einem Parkplatz suchte, war ich so aufgeregt und fühlte mich so lebendig wie seit
Jahren nicht mehr.
Die Q-School ist nicht im Geringsten elitär oder exklusiv. Jeder, der eine Geburtsurkunde mit dem entsprechenden Datum
vorweisen kann und dreitausend Dollar einzahlt, darf hier
auftreten. Laut Anmeldeformular braucht man außerdem ein
Schreiben einer Person »aus dem Golfsport«, in dem bestätigt
wird, dass man weiß, wie das Spiel geht, aber welcher Pro wird
wohl einem Spieler eine solche Notiz verweigern, nachdem er
Tausende von Dollars für Lehrstunden von ihm kassiert hat?
Das hat zur Folge, dass die Bandbreite an spielerischen Fähigkeiten, der man in der Q-School begegnet, der eines gewöhnlichen Sonntagnachmittags auf dem Golfkurs des Heimatvereins in nichts nachsteht. An diesem Vormittag fanden
sich Golfer ein, die schon seit zwanzig Jahren mit kürzeren
oder längeren Unterbrechungen an der PGA Tour teilnahmen,
ehemalige College-Stars, professionelle Golflehrer und Gewinner von Amateur-Meisterschaften, aber auch solche, die
sich redlich mühten und dennoch kein einziges Mal regulär die
90 unterschritten hatten.
Was mich betrifft, so bin ich noch nicht einmal offiziell ein
Scratch-Golfer: Mein niedrigstes Handicap, das ich erstmals
mit neunzehn erreichte und dann erst wieder mit achtundvierzig, ist 1.
Das mag zwar den meisten Golfern recht beeindruckend
vorkommen, auf der Tour ist es jedoch gar nichts: Das tatsächliche Handicap eines Profis liegt hier, gemessen an einem
durchschnittlichen Kurs, bei -3 oder -4.
Statistisch gesehen rannten natürlich die meisten von uns,
mit Ausnahme der Allerbesten, einem unerreichbaren Traum
hinterher – oder eben einem Wunder. Unsere Chance auf Erfolg war nicht größer als die eines alten Goldsuchers, der 1849
in einem Fluss in Montana sein Glück beim Goldwaschen
suchte. Die Golfer, die sich an diesem Morgen auf dem Parkplatz tummelten, waren noch nicht einmal für die Endausscheidung der Q-School hier. Dies war gerade mal die Regionalqualifikation.
Am folgenden Tag würden 240 Golfer eine einzige Runde
spielen, und nur die ersten vierundzwanzig würden dann zu
den 160 anderen Spielern stoßen, die sich bereits bei Regionalturnieren in Kalifornien und Texas qualifiziert hatten.
Diese 184 würden dann vier Runden spielen, um die exakt
acht Plätze für ein Jahr auf der Senioren-Tour unter sich auszumachen.
Angesichts dieser enormen Anzahl von Golfern gegenüber
einer so geringen Anzahl von Plätzen war der psychische
Druck der reinste Wahnsinn.
Es war noch weitaus schlimmer als die Qualifikation für die
reguläre Tour, bei der vierzig Plätze zu holen sind, und wer es
nicht schafft, kann immer noch die Nike-, Asien- oder andere,
kleinere Touren in Betracht ziehen, und wenn auch das schief
läuft, bleibt zuletzt dann noch die Senior Tour Q-School, auf
die man hoffen kann.
Aber für die meisten von uns bedeutete das hier Alles oder
Nichts. Die letzte Chance, den eigenen Traum zu verwirklichen. Das Oberste Berufungsgericht.
In den folgenden fünf Tagen konnte ich mit eigenen Augen
beobachten, wie zerstörerisch sich derartiger Druck auf die
delikaten Mechanismen des Golfschwungs und der menschlichen Psyche auswirkt.
In den nächsten vier Tagen hörte und sah ich Dinge auf einem Golfkurs, die mir in vier Jahrzehnten meines Lebens nicht
untergekommen waren. Es schien kaum ein Augenblick zu
vergehen, in dem nicht das gesamte Feld vor sich hinmurmelte
und nervös auf- und abwanderte wie werdende Väter vor dem
Kreißsaal, und das waren noch die, die sich halbwegs im Griff
hatten. Gesundheitsapostel, die noch nie in ihrem Leben eine
Zigarette geraucht hatten, fingen plötzlich an, zwei Schachteln
pro Tag zu inhalieren.
In der Q-School mitzuspielen ist ein einziges Spießrutenlaufen. Es gibt keine Gewinner, nur eine Hand voll blutig verschrammter Überlebender.
Allein schon daran zurückzudenken jagt mir einen Schauder
über den Rücken.
Vielleicht waren meine Naivität und
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