Patterson James
spielen, und
zwar richtig mies, jedenfalls fragen sie pausenlos nach dir.«
»Du bist echt cool, Dad«, nuschelte Noah an meinem Hals. Er
hatte seinen Klammergriff um mich noch kaum gelockert, und
in den kommenden zwei Tagen sollte es mir nur insgesamt
bescheidene zehn Minuten lang gelingen, mich seiner zu entledigen.
Dieser Tag war einer der schönsten meines Lebens. Mir
wurde dabei klar, dass ich sie bestimmt nicht verlieren würde,
egal was passierte. Der Tag brachte noch eine Erkenntnis. Ich
hatte nie verstanden, wie sehr sich Kinder nach einem Vater
sehnen, auf den sie stolz sein können. Mir kam der Gedanke,
dass mein kleiner Höhenflug auf sie womöglich einen noch
größeren Eindruck gemacht hatte als auf mich, indem er ihnen
zeigte, dass es richtig ist, das zu tun, was man will. Dass sie
sich nicht mit einem nervtötenden Nine-to-five-Job abfinden
müssen, der ihnen zuwider ist. Dass man Möglichkeiten hat.
Mir war klar, dass sie einiges in dieser Art bereits von Sarah
gelernt haben, aber ich musste es ihnen auch noch zeigen. Es ist
schwer zu erklären.
Ich weiß nicht, wie viel sie von den Spannungen zwischen
Sarah und mir mitbekamen. Elizabeth und Simon haben sicher
davon gewusst. Vielleicht auch alle drei, denn das Bedürfnis,
gemeinsam etwas zu unternehmen, war bei ihnen mindestens
so stark wie bei mir.
So kam es schließlich, dass wir in der Schlucht schwimmen
gingen, einem dieser völlig abgelegenen Gewässer am Ende
irgendeines Feldwegs fast schon außerhalb der Stadt, wohin
ich mit Elizabeth und Simon mindestens einmal pro Sommer
gefahren war und das einen nahezu mythischen Status in Noahs Vorstellungswelt angenommen hatte.
Wir kamen gegen drei Uhr an einem perfekten Julinachmittag in der Schlucht an und hatten sie fast zwei Stunden lang
ganz für uns allein.
Das Wasser war ziemlich kühl und die Strömung stark, doch
die Sonne schien, um uns zu wärmen, als wir so auf den Felsbrocken lagen, die verstreut halb aus dem Wasser hervorschauten.
Auf dem Felsen am weitesten draußen hockte Simon mit
seiner heiß geliebten Oakley-Sonnenbrille auf der Nase, und
seine Ohrringe funkelten im Licht.
Ein paar Meter von ihm entfernt saß Elizabeth wie eine brillante Ivy-League-Meerjungfrau, und ihr schönes, braunes Haar
fiel ihr glatt über den schmalen Rücken.
Noah kuschelte sich in seiner Schwimmweste auf meinen
Schoß, wir hatten uns einen breiten Felsblock ausgesucht, zehn
Meter vom Ufer weg. Eine unvergessliche Weile lang lächelten
wir einander einfach nur an, ohne ein Wort zu sagen, lediglich
umgeben vom Geräusch plätschernden Wassers auf den Steinen.
KAPITEL 27
»
U
nd, wie geht’s dem Baby?«, fragte ich Sarah. Sie war eben
aus dem Krankenhaus heimgekommen. Ich saß nervös in der
Küche und hatte sie erwartet.
»Welchem Baby?«, fragte Sarah. Sie begegnete meinem Blick
nur einen flüchtigen Moment lang, ließ ihre Sachen auf einen
Stuhl fallen und goss sich ein Glas Weißwein aus einer halb
vollen Flasche im Kühlschrank ein.
»Dem ersten, das dieses Jahr in Winnetka zur Welt kam«,
entgegnete ich, »dem Neujahrsbaby.«
»Ach, dem geht’s prima«, sagte Sarah. »Es hat ein gepierctes
Näschen. Es ist indisch.«
Noah war um zehn Uhr endlich doch noch eingeschlafen,
Elizabeth und Simon gegen halb eins, aber Sarah war erst um
kurz vor zwei Uhr nachts nach Hause gekommen.
Natürlich war es denkbar, dass ein Notfall im Krankenhaus
sie aufgehalten hatte, doch es schien eher wahrscheinlich, dass
sie absichtlich so lange ausgeblieben war, da sie die bevorstehende Unterhaltung genauso fürchtete wie ich.
Seit jetzt ziemlich genau einem Jahr sprach Sarah kaum noch
mit mir. Anfangs hatte sie mir auf meine Fragen hin noch versichert, dass alles in Ordnung sei, irgendwann dann eingestanden, dass doch etwas nicht stimme. Und seit zwei, drei
Monaten sprach sie nur von Scheidung. Alles, ohne mir auch
nur einmal den Grund dafür zu sagen.
So konnte ich mir schließlich die Tatsache, dass Sarah kein
Interesse mehr an mir hatte, nur noch damit erklären, dass aus
ihrer Sicht sowieso schon alles aus und vorbei war.
»Warum musste es dazu kommen, Sarah?«, fragte ich sie
jetzt.
»Ich weiß nicht, Travis. Ich habe mir schon dieselbe Frage
gestellt.«
»Nun, wann hat alles angefangen?«
»Travis… « Sie hob an, etwas zu sagen, blickte dann aber nur
auf die Küchenanrichte nieder und fing an zu weinen.
»Ich habe mich verändert«, sagte ich. »Ich konnte das nicht,
solange ich bei Burnett gearbeitet habe. Mir
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