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Patty Janes Frisörsalon

Patty Janes Frisörsalon

Titel: Patty Janes Frisörsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorna Landvik
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Normalerweise konnte nichts sie davon abbringen, ihren schlafenden Mann zu betrachten. Sie hatte dann Gelegenheit, sich jeden einzelnen seiner feingeschnittenen Züge einzuprägen und dem Spiel der Flammen auf seinem blonden Haar zuzusehen. Aber die Zeiten hatten sich geändert.
    Â»Gern«, sagte sie.
    Â»Sonst gehe ich immer in den Mitternachtsgottesdienst, weißt du – es hat so was Abenteuerliches, um diese Zeit unterwegs zu sein –, aber um acht ist es auch sehr feierlich, da wird immer gut gesungen – vor allem der Chor ist gut –, und wenn Thor sowieso schläft ...«
    Â»Ja natürlich«, sagte Patty Jane, als Ione eine Atempause einlegte.
    Ione spürte ein kleines Kribbeln freudiger Erwartung. Sie war zu zurückhaltend, um sich einzumischen, aber die Tatsache, daß Thor und Patty Jane nie zur Kirche gingen, machte ihr seit langem zu schaffen. Sie wußte, daß sie nicht zur Hölle verdammt waren, nur weil sie in der Kirche keinen Stammplatz hatten; dennoch war sie sicher, daß Gott sich freute, wenn man sich ihm zuwandte, und seine Gnade über denen ausgoß, die bei der Kollekte regelmäßig gaben und das Nizäische Glaubensbekenntnis auswendig wußten.
    Sie fuhren die halbe Meile bis zur Lutherischen Erlöserkirche in Iones gepflegtem grünen Plymouth. Ione war eine übervorsichtige Fahrerin, die über dem Lenkrad hing, als wollte sie es mit dem Kinn bedienen – so dicht, daß sie mit der Brust ab und zu an die Hupe stieß und dann jedesmal furchtbar erschrak.
    Im Kirchenvestibül roch es nach heißen Heizkörpern und feuchter Wolle, und kleine Matschpfützen bildeten einen unregelmäßigen Pfad, der durch die Flügeltür in die Kirche führte. Ein Kirchendiener begrüßte Ione und begleitete sie zu ihren Plätzen. Vor ihnen wogten Reihen von Festtagshüten mit Samtblumen und irisierendem Federschmuck, Russenmützen aus lockigem Pelz, lange Zipfelmützen, gestreift und mit Bommeln.
    Â»Mein Naomi-Kreis hat das Banner gemacht«, flüsterte Ione. Auf ihm stand in roten und grünen Lettern »Er ist geboren«, und es war hinter dem Altar aufgehängt.
    Ein langer Akkord kündigte den Beginn des Gottesdienstes an, und die ganze Gemeinde erhob sich, um Freude aller Welt zu singen. Ione und Patty Jane standen dicht nebeneinander, weil sie sich ein Gesangbuch teilten, und Ione erinnerte sich, wie sehr sie es als junge Frau geliebt hatte, mit ihrem Mann in dasselbe Gesangbuch zu sehen. Sein Daumen hatte eckig und kräftig auf der linken Seite gelegen, ihr kleiner lackierter auf der rechten. Und selbst beim ernstesten Klagelied hatte Ione den erregten Schlag ihres Herzens nicht stillen, die Gedanken an Olafs Lippen auf den ihren nicht vertreiben können.
    Sie neigte den Kopf leicht zur Seite, um Patty Janes Stimme besser hören zu können. Sie jubelte nicht wie die ihrer Schwester Harriet, aber sie war annehmbar, und Ione stimmte mit ihrem dünnen Alt in den Gesang ein: »... und bereite die Erde, ihren König zu empfangen ...«
    Pastor Nelsons Predigt war lebendig und humorvoll, und Ione freute sich, Patty Jane mit dem Rest der Gemeinde lachen zu hören. Mit seiner tiefen Stimme malte der Geistliche ihnen aus, was geschehen wäre, wenn Jesus Christus in Minneapolis geboren wäre – hätten das Dyckman oder das Francis-Drake-Hotel Maria und Joseph auch fortgeschickt?
    Â»Würden Sie«, fragte er, und jeder fühlte sich direkt angesprochen, »würden Sie Ihr Sofa im Wohnzimmer einem armen, obdachlosen Paar zur Verfügung stellen, einer Frau, die jeden Moment niederkommen wird? Oder würden Sie sich mit fadenscheinigen Entschuldigungen, wie z. B. Platzmangel, herausreden? Würden Sie bei Kaffee und Kuchen nach dem Weihnachtsessen über dieses dreiste, zerlumpte Pennerpaar witzeln, das in Ihrem Gästezimmer seine Flöhe ansiedeln wollte?«
    Patty Jane umschloß mit beiden Händen ihren Bauch und versuchte, sich Marias Angst und Entsetzen vorzustellen, als sie von Wehen geplagt auf einem Esel geritten war und nicht gewußt hatte, ob sie unter einem warmen Dach oder dem kalten Wintermond gebären würde. Aber in Anbetracht der ungewöhnlichen Umstände der Empfängnis hatte Maria doch gewiß gewußt, daß alles gut werden würde? Wahrscheinlich hatten ihr die Wehen nicht einmal zu schaffen gemacht

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