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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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ein bißchen alter Adel. Früher machten das nur Männer, die sich der Fahndung entziehen wollten.
    »Wir werden das schon mit der üblichen Perfektion hinter uns bringen.«
    Dr. Karl-Heinz Neumann-v. Braun klang natürlich entschieden besser als …
    Moment. Irgendein Relais bewegte sich in DeLanges Hirn.
    »Wann hat der Liebling der Medienöffentlichkeit Geburtstag? Weißt du das?«
    »Guck auf seine Website. Warum willst du das wissen? Komm, Giorgio …«
    »Moment!« Er gab Karl-Heinz Neumanns Daten ins ZEVIS ein. Und das reichte voll und ganz.
    Brutta putina. DeLange schloß die Augen und hätte sich fast bekreuzigt. Mutter Maria. Gebenedeit seist du.
    »Giorgio? Jo?«
    »Am 20. November 1944.«
    »Wie bitte?«
    DeLange blickte auf. »Dr. Karl-Heinz Neumann-v. Braun wurde am 20. November 1944 geboren.« Karla sah ihn an, als ob sie gleich den Arzt holen würde. Aber diesmal gelang ihm das Lächeln. »Ich finde das wunderbar, daß du mir die alte Nervensäge ersparen wolltest, Karla. Ehrlich. Ich bin wirklich dankbar. Aber es ist mein Job, also mach ich ihn auch.«
    »Komm, Jo. Es ist wirklich kein Problem. Ich hätte zwar eigentlich nach Berlin gemußt …«
    »Weiß ich doch. Und du sollst auch nach Berlin fahren. Ich war nur etwas – durcheinander.«
    »Jo, das versteh ich doch, deshalb habe ich ja …«
    »Karla. Ich will und ich kann die Pressekonferenz leiten. Mich lenkt das ab, das brauch ich jetzt. Entspann dich. Ich mach das schon.«
    Karla strahlte.
    Wie einfach es doch war, einen Menschen glücklich zu machen.

2
    Ulla Abel fegte die Straße, wie sie das tat, seit sie ein Kind war. Jeden Tag, bei jedem Wetter, morgens und abends hatte sie vor der Hofreite der Eltern in Groß-Roda gestanden und gekehrt. Sie hatte die Kuhfladen beseitigt, die mit einem fetten Laut auf die Straße geplatscht waren, wenn Mutter die Kühe austrieb, morgens nach dem Melken auf die Weide und abends wieder hinein in den Stall.
    Noch heute hatte sie den Duft der Kühe in der Nase, den süßen Duft von Milch und den sauren nach verdautem Gras, obwohl sie nun schon fast zwanzig Jahre in der Siedlung wohnte, wo die Stalltiere nicht größer waren als die Riesenrammler der Töchter ihrer Schwester.
    Und wo es sich deshalb wirklich nicht lohnte, die Gass’ zu fegen. Es war ja alles so sauber hier. Keine Kuhscheiße, höchstens mal ein paar Pferdeäpfel, kein Heu, kein Laub, jedenfalls nicht im Frühjahr. Alle hier hatten es gern pflegeleicht. Die einzige, die sich nicht dran hielt, war Sophie Winter. Ihr Haus war noch immer ein finsteres Hexenhaus, daran hatte auch das bißchen Windbruch nichts geändert.
    Sie schielte hinüber. Die Winter war eine Langschläferin. Nichts rührte sich im Haus. Kein Zeichen jener Tätigkeiten, mit denen sich eine anständige Hausfrau vormittags bemerkbar macht, bevor sie sich den ersten Schnaps eingießt.
    Ulla lächelte mit schmalen Lippen. Sie hatte keine Ahnung, warum sie immer noch jeden Tag die Betten lüftete und in der Küche feucht wischte. Niemand interessierte das, vor allem nicht Peter. Aber sie war ein Gewohnheitstier. Und sie hatte sich mit dem Gedanken abgefunden, daß sie wohl nie hier wegkommen würde. Ein Leben, von dem sie manchmal das Gefühl hatte, daß es gerade erst begonnen hätte, strebte seinem vorhersehbaren Ende entgegen. Manchmal wünschte sie sich, damals dabeigewesen zu sein, in der Welt derjenigen, die im Haus von Sophie Winter gewohnt hatten und zu Peters anhaltender Genugtuung vor vierzig Jahren daraus vertrieben worden waren.
    Peter verachtete die Hippies, weshalb sie sich manchmal fragte, warum er so fanatisch jede Kleinigkeit sammelte, die mit der Geschichte der Siedlung zu tun hatte – auch und gerade alles, was das Haus der Nachbarin betraf.
    Denn Peter interessierte sich eigentlich für nichts, außer für sein eigenes Wohlergehen. Peter schätzte ein bequemes, ereignisloses Leben. Peter würde wahrscheinlich irgendwann einmal mit dem Sofa, auf dem er jeden Abend vor der Glotze hockte, zu einem dicken weichen Kloß verschmelzen.
    Ulla stützte sich mit beiden Händen auf den Besenstiel und sah dem Kater zu, der sich wollüstig auf dem Asphalt wälzte. Neuerdings aber tat sich etwas bei Peter. Erst hatte sie aufgeatmet, wenn er abends unterwegs war, obwohl sie den Verdacht hatte, daß er auf ein Bier zu Felix ging und nicht joggen, wie er behauptete. Körperliche Ertüchtigung war nämlich gar nicht sein Ding.
    Doch dann … Gestern nacht war sie aufgewacht

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