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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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sich auf die Bettkante sinken und wußte nicht, ob er lachen oder heulen sollte. Der Untermieter. Nicht der Liebhaber. Beinahe hätte er sich tödlich lächerlich gemacht.
    »Sie hat großen Wert auf ihre Privatsphäre gelegt, ich meine, es ist ja auch nicht ganz leicht, ein Zimmer vermieten zu müssen, weil man …« Kramer hüstelte.
    Weil man mal wieder pleite ist? Vom Ehemann keinen Unterhalt kriegt? Um den man gar nicht erst gebeten hat? DeLange legte das Gesicht in die geöffneten Hände und stöhnte.
    »Geht es ihr – gut?«
    DeLange blickte auf. Er sah in ein besorgtes Gesicht. Der Untermieter schien zu allem Überfluß auch noch ein netter Kerl zu sein. Das Gefühl der Erleichterung, das ihn überkam, war so heftig, daß ihm auch das peinlich war.
    Liebst du sie etwa immer noch, du Idiot?
    »Nein«, sagte er. »Es geht ihr nicht gut. Die Krankheit ist lebensbedrohlich. Ich muß jetzt zu ihr.«
    Im Türrahmen drehte er sich um. »Sie gießen ab und an mal die Blumen, ja?«
    Frank Kramers Gesicht spiegelte Ratlosigkeit.
    »Ein Mann kann das«, sagte DeLange.
    Er fuhr los, langsamer als sonst. Gut, daß er die Verdi-CD nicht dabeihatte, sonst hätte er sofort losgeflennt. Und dann tönte auch noch das verdammte Mobiltelefon. Bitte nicht das Krankenhaus. Bitte keine schlechten Nachrichten. Er schielte auf das Display. Die Nummer der Frankfurter Staatsanwaltschaft. Das ging.
    »Hier ist Karen Stark. Störe ich?«
    Ja. Nein.
    »Die Akte. Die Vermissungssache Raabe. Die Sie fürs Polizeimuseum angefordert haben. So museal ist der Fall womöglich doch nicht. Ich habe es bei unserem letzten Telefongespräch ja schon erwähnt: Es gibt ein paar seltsame Nachrichten aus dem Dorf, aus dem die Raabe damals verschwunden ist. Wir sollten reden.«
    DeLange hielt an der nächsten Bushaltestelle. Wieder das Gefühl, auf der richtigen Spur zu sein.
    »Kaffee? Irgendwo zwischen Polizeipräsidium und Staatsanwaltschaft?«
    »Ja. Nein. Ich muß zu meiner Frau.« Was redest du denn da, du Depp.
    »Verstehe.«
    Jetzt hält sie dich für einen Pantoffelhelden. »Wir sind getrennt. Aber sie liegt im Krankenhaus, und da …«
    »Sie müssen sich nicht entschuldigen.«
    »Ich muß ihr was bringen, aber später …«
    »Kein Problem. Ein andermal.« Aufgelegt.
    DeLange, du bist ein Schwachkopf.
    Und Feli ist exakt im falschen Moment todkrank geworden. Ihr Timing war immer schon miserabel.
    Im Warteraum vor der Intensivstation saßen diesmal ein Mann und eine Frau, beide um die 40. Der Mann hatte den Arm um die Frau gelegt, die erbärmlich schluchzte, und sah mit leeren Augen zu Giorgio herüber, fast als ob er sich für die Gefühle seiner Frau entschuldigen wollte. DeLange grüßte und setzte sich. Er tippte auf den Sohn. Voreilige Eröffnung der Motorradsaison oder Auto plus Chausseebaum nach Discobesuch.
    An diesem Tag mußte er nicht lange warten, bevor er Feli besuchen konnte. Sie war noch immer an alle möglichen Überlebensgeräte angeschlossen, aber sie lag nicht mehr flach, hatte die Augen geöffnet und lächelte, als er ins Zimmer stolperte. DeLange sagte in verzweifelter Verlegenheit das, was Trottel wie er in solchen Fällen zu sagen pflegen: »Was um Himmels willen machst du für einen Scheiß?«
    »Dumm gelaufen«, flüsterte sie.
    »Das kannst du wohl sagen.« Er zögerte. Dann nahm er ihre schmale weiße Hand in beide Hände und versuchte, heiter und gefaßt zu wirken.
    »Wie geht’s den Mädchen?«
    Er machte den Mund auf und gleich wieder zu. Was sollte er sagen? Ich muß sie zur Schule bringen, allein gehen sie nicht. Sie liegen neuerdings nachts in meinem Bett, was mich nicht besser schlafen läßt. Und sie wollen ihre Mutter besuchen.
    »Gibst du ihnen Besuchserlaubnis?«
    Sie schüttelte den Kopf. Dann kamen die Tränen. Sie nickte.
    Er räumte ihre Sachen in den Schrank und ins Bad und bürstete ihr Haar, als sie darum bat. Er spürte, daß sie müde wurde.
    »Ich geh dann mal wieder.«
    »Ja.« Sie schloß die Augen.
    »Ich hab deinen Untermieter getroffen.«
    »Ja?« Sie machte sie wieder auf.
    »Warum hast du mir nicht gesagt, daß du Geld brauchst?«
    Feli lächelte ihn an wie ein kleines Mädchen. »Brauch ich welches?«
    Er mußte lachen und küßte sie auf die Stirn, bevor er ging.
    »Die Kinder«, rief sie ihm hinterher, mit dünner Stimme.
    »Morgen.« DeLange zog die Tür hinter sich zu. Er wußte nicht, ob er Flo und Caro einen Besuch zumuten sollte. Aber wenn Feli starb … Das erste Mal ließ er den

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