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Paul Flemming 01 - Dürers Mätresse

Titel: Paul Flemming 01 - Dürers Mätresse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinssen
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ohnehin egal sein, denn sein Wagen war eindeutig nicht ausreichend motorisiert, um in diesem Rennen länger bestehen zu können.
    Als sich der rote Mercedes so weit entfernt hatte, dass Paul die Rücklichter nur noch erahnen konnte, hakte er seinen ersten Beschattungsversuch als gescheitert ab.
    »Das war’s dann wohl«, sagte er verärgert über sich selbst und seinen amateurhaften Auftritt als Privatdetektiv und suchte nach einer Gelegenheit zum Wenden. Er musste dafür allerdings bis in die nächste Ortschaft fahren, denn links und rechts der Landstraße blockierten hohe Schneehaufen die Feldwege und Wendebuchten.
    Das kleine, triste Örtchen, das er nach wenigen Minuten erreichte, bot dann endlich die Gelegenheit zum Kehrtmachen. Er wählte eine Seitenstraße und wollte gerade den Rückwärtsgang einlegen, als er plötzlich das auffällige Rot von Beate Frommholds Wagen in einer Einfahrt erblickte.
    Paul, glücklich über diese zufällige Fügung, stellte seinen Renault am Straßenrand ab und stieg aus. Er näherte sich vorsichtig der Einfahrt und musterte neugierig das dazugehörige Einfamilienhaus. Nichts Besonderes; Paul tippte auf die frühen siebziger Jahre. Er sah einen zweiten Wagen weiter hinten in der Einfahrt parken. Dann bemerkte er einen Fahrradschuppen mit geöffneter Tür, an die ein Kinderroller gelehnt war.
    Paul trat gerade einen Schritt näher, als sich die Haustür öffnete. Blitzschnell beugte er sich nach unten, stieß sich den Kopf dabei an einem Zaunpfosten aus Waschbeton und blieb leise fluchend in der Hocke sitzen.
    »Ich bitte dich: Was erwartest du, Baby?«, hörte Paul eine dominante männliche Stimme.
    »Dasselbe könnte ich dich fragen«, antwortete eine Frau theatralisch. Paul tippte auf Beate Frommhold. »Du kannst dich nicht ewig in deinem Kaff verstecken, während mir die Polizei in Nürnberg die Hölle heiß macht!«
    »Rede keinen Unsinn. Die Polizei wird dich in Ruhe lassen. Die weiß ja gar nicht, dass du und Densdorf …«, deutete der Mann mit beschwichtigendem Ton an.
    »Ach nein? Mein Mann scheint da jedenfalls anderer Ansicht zu sein. Er setzt alle Hebel in Bewegung, um die Affäre zu vertuschen.«
    »Na, prima, dann kannst du mich ja aus der Sache heraushalten!«
    »Da täuschst du dich gewaltig, mein Lieber!« Die weibliche Stimme überschlug sich vor Ärger.
    »Pssst«, ermahnte sie der Mann. »Die Nachbarn.«
    »Deine Nachbarn sollen ruhig wissen, was für einen charakterlosen Polygamisten sie nebenan wohnen haben!«
    »Beate!«, zischte der Mann. »Wenn du nicht sofort aufhörst, dann …«
    »Dann?« Beate Frommhold lachte hysterisch. »Wenn mich die Polizei ins Kreuzverhör nimmt, werde ich keine Sekunde zögern, mein Alibi für die Mordnacht zu nennen.«
    »Das kannst du nicht tun!«, der Mann klang jetzt beinahe flehend.
    »Hast du Angst, dass dich Frau und Kinder verlassen?«, abermals stieß sie ein übertrieben lautes Lachen aus.
    »Verdammt«, fluchte der Mann.
    Unmittelbar danach hörte Paul, wie eine Tür zuschlug. Er wagte sich aus seinem Versteck und stellte fest, dass die beiden nicht mehr zu sehen waren. Wahrscheinlich hatte der Mann sich umentschieden und Beate Frommhold wieder ins Haus gelotst.
    Paul rappelte sich auf und ging langsam zum Auto zurück. Er hatte genug gehört, um eine weitere Verdächtige aus dem Kreis der möglichen Täter zu streichen.
    Sicher: Bürgermeister Frommholds Sorge wegen der Umtriebigkeit seiner jungen Frau war gerechtfertigt – nur ahnte er wohl nicht, dass die fesche Beate Frommhold sogar mehrere Eisen gleichzeitig im Feuer hatte. Und am Tag der Christkindlesmarkteröffnung ganz offensichtlich nicht mit Helmut Densdorf unterwegs war, dachte sich Paul, während er den Motor anließ.

21
     
    Dürer erschien Paul im Schlaf: als Federzeichnung in finsterer Schwermut, sein Körper ausgezehrt und von Krankheit gezeichnet in erschreckender, realistischer Nacktheit. Zusammengesunken, erschöpft, mit hängenden Schultern und zerzaustem Haar, mit qualvoll zur Seite gerichtetem Fieberblick.
    Ein grausiges Spiel von hundert Waldhörnern setzte ein, als Dürer seine Blicke aus dunklen, tiefen Augenhöhlen heraus unheilschwanger auf ihn richtete. Paul warf sich in seinem Bett hin und her, aber das Bild wollte nicht weichen. Die Waldhörner wurden schriller und ähnelten nun einer Klarinette. Paul drückte sich die beiden Enden seines Kopfkissens auf die Ohren, doch der Lärm wurde intensiver und aufdringlicher. Jetzt klang es wie

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