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Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter

Titel: Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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während sie über eine hölzerne Brücke im menschenleeren Stadtpark gingen und mit ihrem Gespräch eine schlummernde Entenfamilie aufscheuchten.
    »Joggen und was-weiß-ich«, sagte Hannah kurz angebunden.
    »Nanu?«, wunderte sich Paul laut. »So wenig auskunftsfreudig, wenn es um deine neue beste Freundin geht?« Über ihnen raschelte leise das Laub, und Paul sog den sommerlichen Duft nach frisch gemähtem Gras ein, über das sich allmählich der Dunst des niedergehenden Taus legte.
    »Sie ist ja ganz okay«, sagte Hannah zögerlich. »Eigentlich sogar verdammt okay. Aber in letzter Zeit benimmt sie sich merkwürdig. Und sie macht die Männer total uncool an. Ich blicke einfach nicht mehr durch, was sie eigentlich will.«
    »Du musst tolerant sein«, sagte Paul. »Sie kommt aus einem anderen Kulturkreis. Sieh es als eine Chance, deinen Horizont zu erweitern.«
    »Jetzt reden Sie genauso bescheuert wie meine Mutter«, protestierte Hannah. »Auf jeden Fall ist Antoinette nicht mehr dieselbe wie am Anfang, als ich sie kennen gelernt habe. Sie ist launisch geworden und aggressiv. Und dann die Sache mit Ihnen – ich meine: Es ist doch nicht normal, einen Typen anzubaggern, der fast dreimal so alt ist wie man selbst.«
    »Doppelt«, korrigierte Paul.
    Hannah nickte missmutig. »Meinetwegen doppelt. Aber ihr Vater könnten Sie locker sein.«
    »Da hast du Recht«, sagte Paul.
    »Ich glaube, Antoinette geht sehr bald zurück nach Frankreich. Ihre Erwartungen an ihre Zeit in Nürnberg waren wohl zu hoch. Sie macht jedenfalls einen ziemlich gefrusteten Eindruck auf mich.«
    Das Parkcafé begrüßte sie im Dämmerlicht mit angenehm unaufgeregter Chill-out-Musik. Junge Leute in Bastsesseln schlürften auf der weitläufigen Terrasse Cocktails und unterhielten sich zwischen Palmwedeln und Bambushecken.
    Sie gingen hinein und passierten einen langen, halbdunklen Flur. Alle Sitzgelegenheiten waren besetzt. Aus den Augenwinkeln registrierte Paul knutschende Pärchen, Bier trinkende Herrenrunden und kichernde Frauen undefinierbaren Alters, die nach jedem männlichen Besucher interessiert die Hälse reckten.
    Hannah führte ihn an einer langen Bar vorbei, die inmitten eines ebenfalls langgezogenen Raums platziert worden war. Drei Barkeeper hatten alle Hände voll zu tun, den Wünschen der Gäste auf den unzähligen Barhockern nachzukommen.
    »Kommen Sie. Wir gehen ins Allerheiligste«, leitete Hannah ihn weiter. Paul folgte ihr in einen sparsam beleuchteten Raum oder vielmehr Saal, der von einer samtenen dunkelblauen Deckenverkleidung dominiert wurde, die wie ein Baldachin Falten schlug. Tausende winziger Glühbirnen, die Sternbilder bildeten, sorgten dafür, dass sich die Gäste wie unter freiem Himmel fühlten.
    »Dort hinten sitzt er«, sagte Hannah.
    Pauls Augen mussten sich erst an das Zwielicht gewöhnen, dann erkannte er einige Männer, die sich durch ihre teuren, trendigen Outfits vom vorwiegend jugendlichen Publikum des Clubs abhoben.
    »Warten wir den Auftritt der Schnecke ab«, riet Hannah, und Paul wusste sofort, was sie meinte: Eine wasserstoffblonde Schönheit hatte sich vor der Männerrunde in Position gebracht. Sie trug ein rotes Rüschenröckchen und ein enges schwarzes T-Shirt. Offenbar eine Kellnerin, die die Aufnahme ihrer Bestellung damit verband, mit den Gästen zu flirten und dabei eifrig mit den Hüften zu wackeln.
    »Lassen wir sie geiern«, riet Hannah. »Danach sind sie weniger abgelenkt und offener für Gespräche.«
    »Was redest du da?«, zweifelte Paul Hannahs Taktik an. Doch offenbar behielt Hannah Recht. Die Männer schienen sich köstlich zu amüsieren, bestellten neue Drinks und übertrafen sich darin, die junge Frau zu umgarnen.
    »Wer sind die beiden Typen neben Wiesinger?«, wisperte Paul Hannah zu.
    »Was, die kennen Sie nicht?«, entgegnete Hannah verblüfft. »Der Linke, der mit den blondierten Haarspitzen und dem Zahnpastalächeln, ist Kevin Modzig, der Club-Kicker. Und der andere, rechts neben Wiesinger, ist ein total hipper In-Frisör. Leitet die bestgehenden Salons in Nürnberg. Alles ziemliche Antitypen, wenn Sie mich fragen.«
    Als sich die Kellnerin zurückzog, drängte Hannah Paul zum Angriff, und sie gingen zu Wiesinger herüber. Paul grüßte. Der Würstchenbaron sah deutlich entspannter aus als bei ihrer letzten Zusammenkunft.
    »Mein Beileid noch einmal«, sagte Paul und merkte im selben Moment, dass diese Bemerkung völlig fehl am Platz war.
    Wiesinger schaute nur kurz von

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