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Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter

Titel: Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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einem grünlich schimmernden Getränk auf. »Sorry«, sagte er unverbindlich und ohne Paul dabei wirklich anzusehen, »aber kennen wir uns?«
    Paul beeilte sich, ihm ihre Begegnung vor der Wiesinger-Villa in Erinnerung zu rufen und Jan-Patricks Empfehlung ins Gespräch zu bringen.
    Wiesinger fing kurz die Reaktion seiner Tischnachbarn ein und winkte Paul – auch im Hinblick auf die junge Begleiterin – zu sich heran. Paul und Hannah quetschten sich in die Sitzecke und lächelten ein wenig verlegen.
    »Wollen Sie uns nicht Ihre hübsche Freundin vorstellen?«, forderte Kevin Modzig Paul auf, wobei er Hannah unverhohlen taxierte.
    »Das kann ich schon selbst«, sagte Hannah selbstbewusst. »Hannah Blohm, Studentin, ehemaliges Nürnberger Christkind und bekennender Fan von den Kickern der Spielvereinigung Greuther Fürth.«
    Dem Star des 1. FC Nürnberg klappte prompt die Kinnlade herunter und er schaute wenig intelligent in die Runde.
    Wiesinger lachte laut auf und klopfte sich auf die Schenkel.
    »Nicht schlecht, Baby, nicht schlecht!« Er musste sich vor Lachen eine Träne aus den Augenwinkeln wischen. Dann wandte er sich Paul zu. »Sie wollen also einen neuen Prospekt für meine Firma fotografieren. Schön. Sie können den Auftrag haben.«
    Paul nickte und fühlte sich ein wenig überfahren.
    Wiesinger sah ihn ernst an. »Ich möchte meinen Betrieb als modernes Unternehmen mit langerprobter Kompetenz dargestellt wissen. Gestalten Sie es so, dass Sie die jahrhundertealte Tradition in eine moderne, zeitgemäße Hülle verpacken.« Das war keine Bitte, sondern ein Befehl.
    Paul überlegte sich, wie er das anstellen sollte, und erkundigte sich: »Kann ich Fotos von Ihrer Fertigung machen?«
    Wiesinger winkte entschieden ab. »Völlig falscher Ansatz«, sagte er resolut. »Keine Fotos von der Produktion! Die Leute wollen keine Schweinehälften sehen und keinen Fleischwolf in Aktion. Alles muss ästhetisch und appetitlich herüberkommen. Meinetwegen ein paar Aufnahmen von unserem Präsentationsraum, hauptsächlich aber das fertige Produkt: knusprig braun gebraten, möglichst auf flackerndem Holzkohlegrill.«
    Wiesingers Augen leuchteten, und Paul erkannte, dass er mit einem Vollblutunternehmer sprach. Jemand, der nicht unbedingt eine neue, nie dagewesene Vision verfolgte, der aber voller Überzeugung und Hingabe handelte.
    Bei allen Vorbehalten, die Paul gegenüber dem playboyhaften Auftreten Wiesingers hegte, musste er ihm Professionalität zugestehen. »Ich bin gern bereit, die Aufnahmen nach Ihren Ansprüchen zu gestalten«, sagte Paul freundlich.
    »Ich merke schon: Wir verstehen uns.« Wiesinger reichte Paul die Hand. »Mein Vater hätte sicherlich die gleiche Wahl getroffen.«
    Als Paul betreten zu Boden sah, ergänzte Wiesinger: »Mein Verhältnis zu meinem Vater war eher geschäftlicher Natur. Ich habe ihn respektiert.«
    Wiesinger legte alle eitlen Attitüden ab, als er erklärte: »Er hat meinen Arbeitsstil geschätzt, sich aus dem Betrieb herausgehalten und«, fügte er mit schmalem Lächeln hinzu, »den Großteil des Gewinns eingestrichen. Privat ist jeder seine eigenen Wege gegangen. Aber das ist ja kein Geheimnis.« Wiesinger nahm seine arrogante Selbstgefälligkeit wieder auf, als er sich zurücklehnte und sagte: »Durch den Tod meines Vaters wird sich in unserem Betrieb nichts verändern. Ich habe nicht vor, in irgendeiner Weise neue Saiten aufzuziehen – außer vielleicht, dass ich die horrenden Spendengelder für den Fränkischen Heimatbund zusammenstreichen werde«, endete er lachend.
    Der Club-Profi schien sich inzwischen von Hannahs verbaler Ohrfeige erholt zu haben, denn er hatte zu seinem Zahnpastareklamelächeln zurückgefunden und wagte einen neuen Versuch, bei ihr zu landen: »Hat das forsche Ex-Christkind vielleicht Lust auf eine Spritztour mit dreihundertsechzig PS unter der Haube?« Modzig zwinkerte dem Starfrisör dabei verschwörerisch zu.
    Paul schaute Hannah gebannt an und freute sich auf eine weitere schlagfertige Antwort. Doch sie schaute den Fußballer nur mit großen Augen und voller Unverständnis an. Es war selten, dachte Paul mit gewisser Genugtuung, Hannah einmal sprachlos zu erleben.
    Nachdem sie sich von der Männerrunde verabschiedet hatten, konnte er sich die Frage dann doch nicht verkneifen: »Ich dachte, dein Motto lautet, möglichst viel Spaß zu haben. Diesen Eindruck hast du gerade eben nicht gemacht.«
    Hannah verzog das Gesicht. »Spaß ja – aber bitte mit Typen,

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