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Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter

Titel: Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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versuchte es erneut. Fehlanzeige. Er schaute sich unsicher um. Doch, er war in der richtigen Etage, vor der richtigen Tür. Irrtum ausgeschlossen.
    Aber auch beim dritten Versuch versagte sein Schlüssel den Dienst. Paul beugte sich hinunter und begutachtete das Schloss. Vielleicht – so schoss es ihm durch den Kopf – hatten sich Kinder einen Spaß erlaubt und das Türschloss mit Kaugummi verklebt.
    Aber nein, überzeugte er sich, das Schloss schien frei zu sein. Beim näheren Hinsehen entdeckte er allerdings feine Kratzspuren an der Türblende.
    Paul atmete mehrmals tief durch. Dann bückte er sich erneut und betrachtete eingehender die Kratzer an dem Messingschild, das das Schloss umfasste. Paul nahm all seinen Mut zusammen und drückte kräftig gegen das Türblatt.
    Die Tür schwang auf.
    Zögernd trat er ein.
    »Hallo?«, fragte er betont selbstsicher, als er in sein Loft ging. »Hallo, ist hier jemand?«
    Paul fühlte sich wie ein Fremder in den eigenen vier Wänden. Ein tiefes Unbehagen nahm sich seiner an, und seine Schritte wurden unsicher. Die Mokkabraune, der lebensgroße Abzug der nackten Schwarzen, begrüßte ihn wie immer vom anderen Ende des Flurs. Doch irgendetwas in ihrem Gesicht schien ihn zu warnen.
    Es war trotz der fortgeschrittenen Tageszeit hell in seinem Loft. Von draußen drangen Motorengeräusche und Stimmen durch die geöffneten Fenster bis in seine Wohnung hinauf. Paul versuchte sich zu beruhigen. Er stieß die Tür zum Atelier auf, wobei sich seine Körperhaltung unbewusst weiter verkrampfte: Seine Knie waren durchgedrückt, die Fäuste kampfbereit nach vorn gestreckt.
    Die Abendsonne schien durch das große, ovale Oberlicht und tauchte sein Atelier in mildes Licht. Alles war so, wie er es verlassen hatte. Die Kaffeetasse stand unberührt auf seinem Schreibtisch, daneben ein Teller mit einem liegen gebliebenen Brötchen vom Frühstück. Das schmutzige Geschirr türmte sich immer noch neben dem Spülbecken.
    Was nicht ins erwartete Bild passte und sich noch dazu laut schnarchend bemerkbar machte, fand er nach grober Orientierung recht schnell auf seinem Sofa: flach ausgestreckt, mit einer längst verglommenen Zigarre in der Hand, lag dort friedlich schlafend niemand anderes als Victor Blohfeld.
    Ungläubig trat Paul näher heran. Er beugte sich vorsichtig über ihn und hörte seinen rasselnden Atem. Dann stieß er ihn mit der Spitze seines rechten Fußes an.
    Augenblicklich kam Bewegung in den dürren Körper des Reporters.
    »Um Himmels willen, Blohfeld, was tun Sie hier?«, fragte Paul.
    Der Reporter richtete sich auf und strich sein strähniges graues Haar zurecht. »Entschuldigen Sie, dass ich Ihr Schloss zerstört habe. Aber ich bin nicht mehr so geübt in solchen Dingen.« Blohfeld grinste ihn gewinnend an, als erwarte er Beifall für sein Geständnis.
    »Verdammt, Blohfeld, was machen Sie hier?« Paul sah den Reporter entgeistert an. »Alle Welt sucht Sie.«
    Blohfeld setzte das unterwürfigste Lächeln auf, das Paul je bei ihm gesehen hatte. »Ich bitte um Asyl«, sagte der Reporter und blickte ihn beschwörend an.

25
    »Er kann hier nicht bleiben«, grummelte Paul, während er erneut sein lädiertes Türschloss beäugte und die Sicherheitskette anlegte.
    Wütend stapfte er zurück ins Wohnzimmer. Was, zum Teufel, bildete sich dieser Kerl eigentlich ein? Paul konnte es nicht ertragen, Blohfeld so selbstgefällig auf seinem Sofa sitzen und beim Biertrinken zusehen zu dürfen.
    »Sie können auf keinen Fall bleiben«, sagte er nun laut und deutlich. Doch natürlich war er neugierig auf das, was Blohfeld zu erzählen hatte. Und ein bisschen leid tat ihm der Reporter auch. Trotzdem war Pauls Toleranzgrenze durch den Einbruch in seine Wohnung schon überschritten, und er dachte nicht daran, Blohfeld mit offenen Armen bei sich aufzunehmen.
    Dieser schaute betrübt von seiner Bierflasche auf, die er sich ohne zu fragen aus Pauls Kühlschrank genommen hatte.
    »Kommen Sie, mein Lieber«, sagte Blohfeld und klopfte mit der Linken auf die freie Sitzfläche neben sich. »Wenn Sie ein Geständnis von mir hören wollen: sehr gern!«
    Paul atmete tief durch und setzte sich neben den Reporter.
    »Ich will kein Geständnis, denn ich bin weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft und schon gar nicht Ihr Beichtvater. Alles, was ich will, ist, nicht persönlich in diesen hässlichen Fall hineingezogen zu werden.«
    Blohfeld ignorierte Pauls Einwände und sah ihn über seine schlanke

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