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Paul Flemming 03 - Hausers Bruder

Titel: Paul Flemming 03 - Hausers Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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Teller, Kaffeetassen und Besteck auf den Tisch. »Ihre große Liebe«, sagte sie leichthin.
    Paul drückte auf die Taste für zwei Tassen. »Seit wann scherst du dich um mein Liebesieben?«
    Hannah ließ nicht die geringste Spur eines Lächelns erkennen, als sie antwortete: »Seit ich davon selbst betroffen bin.« Ehe Paul Gelegenheit hatte, die falschen Schlüsse zu ziehen, ergänzte sie: »Es geht um Mama.«
    Paul setzte sich zu ihr. Er senkte den Kopf und schaute sie von unten her an. »Stimmt irgend etwas nicht bei Katinka?« Er war äußerst misstrauisch, denn es war ja keine zwölf Stunden her, dass er einen äußerst harmonischen Abend mit ihr verbracht hatte. »Also?«, fragte er.
    »Das hängt ganz von Ihrer Reaktion ab.«
    »Meiner Reaktion worauf?«
    »Sie brauchen gar nicht Ihren berühmten George Clooney-Dackelblick aufzusetzen«, sagte Hannah und griff zum Messer. Sie teilte mit groben Bewegungen ein Brötchen. »Ich spreche von Ihrer Reaktion auf die Neuigkeit, dass meine Mutter ein Angebot für einen neuen Job hat.«
    Paul dachte im ersten Moment an einen Scherz, zog dann aber zwangsläufig in Erwägung, dass Hannah die Wahrheit sagte. Diese traf Paul völlig unerwartet: »Katinka?«, fragte er perplex. »Ein neuer Job?«
    »Ja.« Hannah schlürfte am Kaffee. »Sie hat die Möglichkeit, ins Justizministerium nach Berlin zu wechseln.«
    Paul überraschte die Nachricht so sehr, dass er seine Gefühle darauf kaum deuten konnte. Die Verblüffung schlug zunächst in Enttäuschung um, dann in Wut: »Warum hat sie mir davon nichts erzählt? Es muss Vorgespräche gegeben haben. So ein Wechsel kommt ja nicht von ungefähr.«
    »Ich nehme an, Mama wollte Sie nicht mit ungelegten Eiern behelligen. – Vielleicht hat sie aber auch einfach Angst davor, welche Konsequenzen Sie aus der Sache ziehen.«
    »Welche Konsequenzen sollte ich denn schon ziehen?«, brauste Paul auf. »Ich werde ihr alles Gute wünschen und sie bitten, mir ab und zu eine Postkarte zu schreiben.«
    »Sehen Sie!«, sagte Hannah. »Genau vor so einer Antwort fürchtet sie sich.«
    Paul rieb sich aufgebracht das Kinn. Gerade jetzt, da sich seine Beziehung mit Katinka nach vielen Anlaufschwierigkeiten so vielversprechend entwickelte und er sich ernsthaft Hoffnungen auf etwas Festes machte, zauberte sie ihre Berlin-Pläne aus dem Hut und durchkreuzte damit alles. Paul mochte Katinka – vielleicht liebte er sie. Er wollte sich dieses tiefe Gefühl zwar noch nicht eingestehen, war aber kurz davor.
    Schließlich fragte er: »Was glaubst du denn, was für eine Antwort sie von mir hören möchte?«
    »Zum Beispiel, dass Sie sie nicht allein gehen lassen werden.«
    »Ich kann ja wohl kaum verlangen, dass sie mir zuliebe in Nürnberg bleibt.«
    »Nein, das habe ich auch nicht gemeint. Aber Sie könnten meine Mutter ja fragen, ob Sie sie nach Berlin begleiten dürfen.«
    Paul war baff. Was schlug Hannah da vor? Er sollte mit nach Berlin? Alles stehen und liegen lassen? Seine Zelte in Nürnberg abbrechen?
    Hannah schien seine Gedanken zu erahnen: »Ihr Fotostudio dürfte in Berlin nicht besser oder schlechter laufen als in Nürnberg. Und ein Käseblatt wie das von Blohfeld werden Sie in der Hauptstadt allemal finden. Ich wüsste also nicht, was dagegen spricht. – Es sei denn, Sie vertreten die machohafte Ansicht, dass sich die Frau beruflich nach dem Mann zu richten hat und nicht umgekehrt.«
    »Danke, dass du so bereitwillig meine Lebensplanung übernimmst, aber vielleicht habe ich da ein Wörtchen mitzureden.« Paul sah sich in seinem Atelier um, blickte aus dem Fenster hinaus auf die kaminrote Dachlandschaft des Weinmarktes, seines vertrauten Quartiers.
    Er war nicht bereit dazu, auf Hannahs Vorschlag so spontan und unüberlegt einzugehen. »Nein, nein.« Er schüttelte den Kopf. »Ein Umzug kommt nicht in Frage.«
    »Sie sind ein Feigling«, sagte Hannah scharf.
    Paul fuhr herum: »Bei aller Freundschaft: Sei vorsichtig mit dem, was du sagst. – Mir fällt das alles auch nicht so leicht, wie es vielleicht wirkt.«
    »Sorry, aber ich werde keinen Rückzieher machen.« Hannahs Augen schienen Funken zu sprühen: »Sie sind zu feige, endlich einmal Verantwortung zu übernehmen.«
    »Ich übernehme jeden Tag Verantwortung: für mich und für mein Leben.«
    »Was ist mit den anderen Menschen in Ihrem Leben? Sie können nicht immer nur für sich denken und handeln.«
    Paul beschloss, in die Offensive zu gehen: »Warum denn nicht?«, fragte er provokativ.

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