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Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Titel: Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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mal ansehen«, sagte Schumi. »Der Schluss ist besonders gut. Als sich der ganze Spaß aufklärt und herauskommt, dass . . .«
    Weiter kam er nicht. Paul nahm ein weiteres Knarren des Fahrzeugrahmens wahr. Dann ertönte ein ohrenbetäubendes Zischen. Innerhalb des Bruchteils einer Sekunde senkte sich einer der Zylinder der Hebeanlage ab. Unmittelbar danach gaben auch die anderen drei Hebestempel nach.
    Ihm blieb keine Zeit, Schumi zu warnen. Mit einer reflexartigen Bewegung schmiss sich Paul zur Seite. Er versuchte, so schnell wie möglich unter dem Fahrzeugrumpf hervorzukriechen. Mit der einen Hand drückte er sich vom Boden ab, mit der anderen wollte er den Kopf schützen.
    Sein Oberkörper war bereits aus der Gefahrenzone heraus. Dann spürte er, wie sich der Fahrzeugrahmen schwer auf sein Bein senkte. Er nahm einen dumpfen Schmerz wahr. Im selben Moment sackte die Hebeanlage ein weiteres Stück ab. Paul hörte ein grausames Splittern. Es war das Splittern von Knochen, abgedämpft nur durch die Muskeln, das Fleisch und die Haut. Paul war außerstande zu sagen, ob dieses Geräusch seinem eigenen Körper entsprang oder dem seines Schicksalsgenossen Schumi. Paul wollte sich nach ihm umsehen.
    Dann traf ihn die nächste Schmerzwelle. Er verlor das Bewusstsein.
    34
    Das Schlimmste war der schlechte Geschmack im Mund. Schal und seltsam modrig.
    Dagegen war kaum etwas zu machen. Paul hatte sich schon so oft mühsam vorgebeugt, um an den Becher auf dem Nachttisch zu kommen und den Mund mit Wasser auszuspülen, aber der fahle Geschmack blieb.
    Schon besser stand es um die Schmerzen. Sie drangen kaum noch bis in seinen Kopf vor. Das lag wohl an dem Medikamentencocktail, der durch einen Tropf in seine Unterarmvene geleitet wurde.
    Paul dämmerte mit halb geschlossenen Augen vor sich hin, während er darüber nachsann, wie lange er bereits auf der Unfallstation des Nordklinikums lag. Waren es zwei Tage? Nein, wohl doch erst einer. Nach wie vor fühlte er sich benommen, darunter litt auch sein Zeitgefühl.
    Jemand räusperte sich, wodurch Paul aus seinem Halbschlaf erwachte. Das grelle Tageslicht, das ins Krankenhauszimmer strömte, blendete ihn. Er musste blinzeln, bevor er klar genug sehen konnte, um zu erkennen, dass er Besuch hatte.
    Sein Gast – ein weiblicher Gast – lächelte ihn fürsorglich an. Die Frau hatte einen Strauß Rosen in unterschiedlichen Rottönen in einer Vase auf die Fensterbank gestellt und sich dann rittlings auf einen Stuhl direkt neben dem Kopfende seines Krankenbettes gesetzt. Das Sonnenlicht, das durch die hohen Fenster des Zimmers fiel, ließ die Farbe ihrer Haare noch kräftiger wirken. Feuerrot.
    »Im Vergleich zu dem armen Kerl im Nachbarbett bist du glimpflich davongekommen«, flüsterte Jasmin, wobei sie ganz und gar nicht ironisch klang.
    Paul warf dem anderen Patienten, einem alten Herrn mit schwerem Prostataleiden, einen prüfenden Blick zu. Dann setzte er zu einer Antwort an, sprach sie aber nicht aus. Jasmin musste doch selbst erkennen, wie schwer es ihn getroffen hatte.
    Als habe sie seine Gedanken gelesen, nahm sie sich das Krankenblatt vom Klemmbrett am Fußende von Pauls Bett und las auszugsweise vor: »Quetschungen, Schürfwunden, ein verstauchter Knöchel.« Dann sah sie ihn an. »Stationär behandelt wirst du aber eigentlich nur wegen deiner vorübergehenden Bewusstlosigkeit. Du bist zur Beobachtung hier, aber bald kannst du wieder hüpfen wie ein junger Gott.«
    »Das glaube ich kaum«, sagte Paul und klang leidend. Er deutete auf sein bandagiertes Bein: »Das ist nicht einfach nur eine Verstauchung.«
    »Nein?«, fragte Jasmin nun doch etwas spitz.
    »Es ist eine schwere Verstauchung« stellte Paul richtig. »Das bedeutet, dass ich bis auf Weiteres auf Krücken gehen muss.«
    »Du Ärmster«, sagte Jasmin. »Wenn ich dich irgendwo hinfahren oder Einkäufe für dich erledigen soll – ruf mich einfach an.« Sie zwinkerte ihm vieldeutig zu.
    Paul fand es nicht besonders witzig, wie Jasmin mit seinem Leiden umging. Immerhin hätte der Tourenwagen ihn auch weit schwerer verletzen können – Paul hatte wahnsinniges Glück gehabt. Das Ganze war jedenfalls nichts, worüber man Späße machen sollte, fand er.
    Glück gehabt. . . das konnte man von Schumi nicht behaupten. Dem Wenigen zufolge, was Paul über das Schicksal des Mechanikers nach seiner Einlieferung in die Unfallstation des Nordklinikums erfahren hatte, war Schumi unter dem Wagen buchstäblich begraben worden.
    Jasmin

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