Paul Flemming 07 - Die Paten vom Knoblauchsland
grünen Gesocks!«
Ein einzelnes »Buh!« ertönte aus der Menge der Umstehenden, die anderen verharrten in stiller Neugierde. Rode griff die Reaktion des Buh-Rufers auf und sagte noch immer sehr gefasst: »Herr Deuerlein, für alle, die die Hintergründe nicht kennen - und das werden die meisten hier sein - sollten wir kurz die Fakten benennen: Sie sind ein erfolgreicher Landwirt und eine bekannte Größe in der Region. Was Ihre Familie hier geleistet hat, kann gar nicht hoch genug geschätzt werden. Nun aber sind Sie dabei, das Knoblauchsland in ein zweites Holland zu verwandeln. Sie überziehen Acker um Acker mit Gewächshäusern, die in ihren Dimensionen alles je Dagewesene in den Schatten stellen. Das, mein Lieber, ist bei allem Verständnis für wirtschaftliches Denken, Eifer und kaufmännischem Sinn nicht tolerierbar.«
»Würden die Grünen nicht so viele Wählerstimmen einheimsen, hätten Sie mir längst den bayerischen Innovationspreis verliehen!«, begehrte Deuerlein erneut auf. »Aber jetzt bin ich der Buhmann. Sie wollen mich opfern, um selbst besser dazustehen.«
Rode hielt an seinem Lächeln fest. »Diese Diskussion verliert an Sachlichkeit. Ich schlage vor, dass wir unser Gespräch fortsetzen, wenn die Gemüter weniger erhitzt sind.« Damit wandte sich der Staatssekretär ab, suchte und fand Pauls Kalendermodell wieder und ließ weitere Pressefotos von sich an der Seite der Bauerntochter machen, wobei sein sorgsam geschlossenes Jackett den Tomatenfleck verdeckte.
Paul musste Rode - auch wenn er ihn nicht besonders mochte - im Stillen zu seiner Professionalität gratulieren. Denn Rode hatte im Disput mit dem Gewächshausbauem argumentativ eindeutig die Nase vom gehabt und durch die Lässigkeit seines Auftretens Pluspunkte bei den Journalisten gesammelt. Deuerlein hingegen stand nun als cholerischer Altparteigänger und unverbesserlicher Strauß-Sympathisant da, der die Zeichen der Zeit nicht erkannt hatte.
Gerade das machte Paul auch neugierig und verdiente, wie er fand, genauere Betrachtung. Während die anderen sich einzig und allein auf den Staatssekretär konzentrierten, ging Paul auf den nun abseits stehenden Deuerlein zu.
»Schwer, gegen die Polit-Profis anzukommen, was?«, versuchte er einen Gesprächseinstieg.
Deuerlein sah ihn scheel an. »Wer sind Sie? Journalist? NN oder NZ?«
Paul, der wusste, dass die Nürnberger Zeitung im Gegensatz zu den Nürnberger Nachrichten als eher konservativ galt, war versucht, eine Lüge anzubringen und sich als NZ-Reporter auszugeben, blieb aber bei der Wahrheit: »Weder noch. Ich bin einfach nur neugierig. Warum sind Sie denn so sauer auf den Staatssekretär?«
Deuerlein, der von Nahem älter und verbrauchter aussah, als Paul angenommen hatte, strich sich mit der rechten Hand sein lichtes Haar glatt. Er musterte Paul aufmerksam, bevor er antwortete: »Eigentlich bin ich das Musterbeispiel des innovativen Mittelständlers, ein Vorzeigeuntemehmer von fränkisch-bayerischem Schlag«, sagte er dann mit kaum unterdrücktem Stolz. »In seinen frühen Jahren hat sich Rode mit Leuten wie mir geschmückt, doch seit er auf der Ökowelle schwimmt, ist plötzlich alles anders. Der lässt mich links liegen, redet mein Geschäft schlecht und schließt mich aus dem politischen Leben aus. Selbst für den CSU-Stammtisch auf der Ziegelsteiner Kärwa bekomme ich keine Einladung mehr - da steckt Rode dahinter, jede Wette!«
Paul betrachtete die in der Sonne glänzende Front der Gewächshäuser, die sich dem Ackerland anschloss, und merkte an: »Na ja, wenn ich Rode richtig verstanden habe, geht es ihm um einen umweltverträglichen Gemüseanbau, was ja an sich kein schlechter Ansatz ist.«
»Ha!«, lachte Deuerlein auf. »Was glauben Sie denn, was ich in meinen Treibhäusern veranstalte? Denken Sie, ich spritze dort mit Pestiziden nur so um mich? Rode will, dass die Leute so denken. Mit der Wahrheit hat das nichts zu tun. Meine Erzeugnisse sind so gesund wie die herkömmlich produzierten - mindestens!«
Paul neigte den Kopf. »Ich kenne mich damit nicht aus und kann mir kein Urteil erlauben.«
»Dann machen Sie sich schlau und schauen sich bei mir um!« Deuerlein zeigte auf die Kamera, die Paul umhängen hatte. »Sie sind Fotograf. Machen Sie mir einen Katalog, oder wie das neudeutsch heißt: ein Imageprospekt. Den werde ich verteilen, damit die Leute wissen, was wirklich in meinen Treibhäusern passiert. Sie können überall fotografieren, denn ich habe keine
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