Paul Flemming 07 - Die Paten vom Knoblauchsland
Frage, Herr Deuerlein. Mir geht da tatsächlich ein gewisser Verdacht durch den Kopf. Aber es ist zu früh, um darüber zu sprechen. Wenn ich mehr weiß, werden Sie einer der Ersten sein, der es erfahrt.«
15
Während Paul am folgenden Tag - zaghaft - damit begann, die ersten Umzugskisten zu packen, hatte er abermals viel Zeit zum Nachdenken. Mehr, als ihm lieb war, denn seine Gedanken drehten sich dermaßen schnell im Kreis, dass er den Eindruck hatte, die Dynamik müsse bald für die Entwicklung eines Hurrikans ausreichen. Ein Wirbelsturm in seinem Kopf - das hätte ihm gerade noch gefehlt.
Auweia, dachte er, ein solches Gefühlschaos nur wegen eines Umzugs? Und wieder fragte er sich: War es denn nicht das Normalste von der Welt, wenn man mit seiner eigenen Frau in einer gemeinsamen Wohnung lebte? Das musste doch ein Zustand sein, den es anzustreben galt. Darauf sollte er sich freuen und sich mit Eifer ans Werk machen. Stattdessen schaffte er es in einer Stunde nicht einmal, einen einzigen Umzugskarton vollzupacken, und plagte sich mit Zweifeln und Bedenken. Dass er am Tag zuvor nur knapp einem Anschlag auf sein Leben entkommen war, trug ganz bestimmt zu seiner allgemeinen Konfusion bei. Aber er konnte diesen Schock nicht heranziehen, um damit seine schon länger bestehende Umzugsphobie zu erklären. Paul stampfte zweimal kräftig auf den Boden. Er wurde wütend auf sich selbst, als er merkte, wie sehr er sich bei seiner Zukunftsgestaltung selbst im Wege stand.
Gott sei Dank klingelte es an der Wohnungstür. Egal, wer es war, Paul sollte jede Ablenkung recht sein. Er öffnete schwungvoll die Tür.
»Morgen!«, sagte Katinka, gab ihm einen flüchtigen Kuss und drückte ihm eine Brötchentüte und die Zeitung in die Hand. »Was guckst du denn so erstaunt? Es ist Samstag, ich habe heute frei.«
Paul bat sie herein und machte sich sogleich daran, den Frühstückstisch zu decken. »Tja, als eingefleischter Junggeselle habe ich jahrelang einfach so in den Tag hineingelebt. Aber wenn wir erst zusammenwohnen, wird es mir nicht mehr passieren, dass ich ein Wochenende vergesse.«
Katinka sah sich in dem nahezu unveränderten Atelier um, klappte den Karton auf, der einsam und allein auf dem Parkett stand, und fragte: »Willst du das denn wirklich?«
»Was?«, fragte Paul zurück, obwohl er genau wusste, worum es ging.
»Dein Loft aufgeben und mit mir zusammenziehen?«
Paul spürte, dass er jetzt nichts falsch machen durfte. Er stellte Honigglas und Butterschale ab, ging auf Katinka zu und nahm sie fest in den Arm: »Ja, Kati, ich will mit dir Zusammenleben. Ich bin fest entschlossen. Es ist nur so, dass es nicht leicht ist, mit alten und liebgewonnenen Gewohnheiten zu brechen.«
Daraufhin lächelte ihn Katinka erleichtert und glücklich an. Während sie sich aufs Sofa vor den Tisch setzte und sich ein Butterhörnchen nahm, goss Paul in der Küchenzeile den Kaffee auf. »Seid ihr eigentlich wegen des Brandanschlags schon weitergekommen?«, erkundigte er sich.
»Ich will ja nicht überheblich klingen, aber Feuerlegen ist unter dem Niveau einer Oberstaatsanwältin.«
»Ja, ja, aber ich habe dir doch gestern Abend am Telefon gesagt, dass ich einen Verdacht habe. Und dass es einen Zusammenhang geben könnte mit...«
»... mit dem Sonnenblumenmädchen. Ja, Paul, das hast du.«
»Eben! Es ist an der Zeit, endlich etwas zu unternehmen! Oder hast du meinen Sturz in die Güllegrube schon vergessen? Auch da war ein Motorrad in der Nähe, ich habe es deutlich gehört.« Paul stellte Zucker und Milch auf ein Tablett und wartete darauf, dass das Kaffeewasser durch den Filter lief. »Was gedenkst du also zu tun?«
»Nichts. Denn du hast dich auf den Falschen eingeschossen, wenn du meinst, dass dein Kollege Bär dahintersteckt. Laut Augenzeugenberichten handelte es sich bei dem Motorrad vom Hauptmarkt um eine Enduro, also eine Geländemaschine. Es reichte ein Anruf bei der Kfz-Zulassungsstelle, um herauszufinden, dass Axel Bär einen ganz anderen Typ fährt: eine Honda Silver Wing, einen gemächlichen Chopper.«
Paul sah sie über die blubbernde Kaffeemaschine hinweg an. »Bist du sicher? Ich meine: Waren sich diese anderen Zeugen sicher? In meinen Augen hätte das nämlich durchaus auch eine größere Honda sein können. Es ging ja alles ganz schnell.«
»Eben, Paul. Es ging alles ganz schnell. Zu schnell, als dass du dir sicher sein kannst. Ich an deiner Stelle würde mich auf keine zu detaillierte Aussage festnageln
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