Paul Flemming 07 - Die Paten vom Knoblauchsland
letzte kleine Flammennester aus geringer Distanz.
Paul sah noch immer gebannt zu: Akribisch suchten die Feuerwehrmänner nach verborgener Glut, kühlten gleichzeitig das Wrack und die traurigen Reste der benachbarten Stände. Löschwasser rann von verbogenen Blechen, tropfte auf die schwarz verkohlte Ware und verdampfte. Über allem lagen nebelartige Schleier, doch der Brand war besiegt. Es wurde zum Rückzug geblasen.
Paul war dermaßen ergriffen von der Dramatik des Geschehens, dass er eine Weile brauchte, um das eben Erlebte zu begreifen. Mit Blick auf das dampfende Leichtmetallskelett von Deuerleins Marktwagen wurde er gewahr, was er soeben - das erste Mal in seinem Leben! - gesehen hatte: den Einsatz eines klassischen Molotowcocktails!
»Gütiger Gott«, murmelte Deuerlein, der in eine Decke gehüllt auf dem Trittbrett eines Sanitätsfahrzeugs kauerte. »Ein Anschlag auf mich und mein Eigentum. Am helllichten Tag mitten auf dem Hauptmarkt. Mafiamethoden!«
Paul, der sich neben ihm an den Wagen lehnte, pflichtete ihm bei. In seiner Lunge stach es, wohl die Nachwirkung des eingeatmeten Rauchs, sodass er sich räuspern musste, bevor er antworten konnte: »Dieser Überfall hätte wirklich besser nach Palermo gepasst als nach Nürnberg. Da wollte Ihnen jemand einen Denkzettel verpassen. Oder werden Sie etwa erpresst?«
Deuerlein sah grimmig zu ihm auf: »Soll das ein Scherz sein, junger Mann? Darüber kann ich nicht lachen. Von mir verlangt niemand ein Schutzgeld, wenn Sie das meinen. Wäre ja noch schöner!«
»Entschuldigen Sie, ich wollte Ihnen ganz gewiss nichts in dieser Richtung unterstellen. Aber ein Brandanschlag - das gibt einem eben zu denken. Bin gespannt, was die Polizei dazu sagt.«
Die Polizei, die in Gestalt etlicher Uniformierter längst vor Ort war, wurde in diesem Moment von einer durch und durch humorlosen Frau um die fünfzig verstärkt, die sich als Kripobeamtin auswies, einen Spiralblock nebst Stift aus ihrer Jacke zog und sie mit einer Reihe von Fragen traktierte.
Deuerlein gab seine persönlichen Daten zu Protokoll und erklärte, dass er vom Ablauf des Anschlags so gut wie gar nichts mitbekommen habe, da er lediglich um das Wohl seiner Mitarbeiterinnen besorgt gewesen sei und daher keine Augen für anderes gehabt habe.
»Und Sie? Was haben Sie gesehen?«, wandte sich die ruppige Ermittlerin an Paul.
Er nannte ebenfalls seinen Namen, Beruf und Adresse und schilderte seine Wahrnehmungen von dem Moment an, als er das Motorrad bei der IHK um die Ecke hatte biegen sehen.
»Beschreibung des Fahrers, Nummer des Kennzeichens?« Die Kripofrau sah ihn streng an.
»Das Nummernschild kenne ich nicht. Das ist bei Motorrädern ja hinten drauf, und als die Maschine wegfuhr, brannte der Wagen schon, sodass ich nicht mehr auf das Motorrad geachtet habe.« Paul zuckte die Schultern. »Ja, und der Fahrer ...« Erst jetzt dachte er darüber nach, wie der Fahrer ausgesehen hatte und ob es eine Chance gab, ihn zu identifizieren. »Schwarze Kombi, schwarzer Helm«, gab er nachdenklich zu Protokoll.
»Die Statur? Klein, groß, dick, dünn?«
»Er war ...« Paul stockte mitten im Satz, als ihm klar wurde, dass es sich abermals um seinen Erzrivalen Axel Bär gehandelt haben könnte. Bär, der ihm den Fotoauftrag im Knoblauchsland streitig machen wollte, ihn wahrscheinlich in die Jauchegrube auf dem Bruns’schen Hof gestoßen hatte und nun mit Brandbeschleunigern um sich warf. Paul bekam trotz der sommerlichen Temperaturen eine Gänsehaut bei diesem Gedanken, denn wenn er mit seiner Vermutung richtig lag, hatte der Brandanschlag gar nicht Deuerlein, sondern ihm selbst gegolten! Eine erschreckende Vorstellung. Nie im Leben hätte Paul damit gerechnet, dass Bär soweit gehen würde.
»Fahren Sie bitte mit der Personenbeschreibung fort«, forderte ihn die Polizistin auf.
Paul zog kurz in Erwägung, Bär an den Pranger zu liefern, entschied sich aber anders. Denn erst einmal wollte er sich selbst vergewissern. Also wich er aus: »Es ging alles so schnell. Eine genaue Beschreibung ist unmöglich. Wie Herr Deuerlein ganz richtig sagte: Wir hatten genug damit zu tun, uns und die Leute hier in Sicherheit zu bringen.«
Als sich die Kripofrau zurückzog, stieß Deuerlein ihn an und raunte ihm zu: »Sie halten doch mit etwas hinterm Berg, Herr Flemming. Ich habe es gemerkt und diese Polizistin auch. Gibt es etwas, das ich wissen müsste?«
Paul hob die Schultern, um sie gleich darauf wieder zu senken. »Gute
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