Paul Flemming 07 - Die Paten vom Knoblauchsland
zu Mord?
Aber nein! Paul lachte über seine eigenen einfältigen Gedanken. Aus welchem Grund sollte Deuerlein ein solches Wagnis eingehen, musste er doch damit rechnen, erwischt zu werden und alles zu verlieren: sein Leben in Freiheit, sein Ansehen und all seine großen Gewächshäuser. Nein, nein, diese Dummheit traute Paul dem Großbauern nicht zu. Zumal er sich nicht sicher hätte sein können, durch Friedas Tod den Willen des alten Bruns wirklich zu brechen: Zur Einschüchterung hätte es sicher gereicht, aber eine Garantie auf Erfolg hätte er damit nicht bekommen.
Ein Hupkonzert, das hinter Paul einsetzte, weil die Ampel längst grünes Licht zeigte, riss ihn aus seinen Überlegungen. Er legte den Gang ein, fuhr über die Kreuzung und bog auf den Parkplatz des Metro-Großhandelsmarktes ab. Dort stellte er den Motor ab, kurbelte den Sitz zurück und setzte seine Grübeleien fort. Denn egal, welche Rolle Deuerlein spielte und was Vater und Sohn Bruns noch alles an Überraschungen aufzubieten hatten, es existierte höchstwahrscheinlich ein Zusammenhang zwischen den Landspekulationen und Friedas Aktivitäten in ihren letzten Lebenswochen.
Dies war ein Faktor, den Paul nicht für sich behalten wollte. Er wühlte im Handschuhfach nach seinem Handy und gab Katinkas Nummer ein. Sie meldete sich erst nach dem fünften Tuten und klang kurz angebunden. Paul wollte sein Anliegen Vorbringen, ohne zu weit auszuholen.
Doch seine Frau unterbrach ihn schon nach den ersten Worten: »Später mehr, Paul. Ich habe keine Zeit. Bei mir brennt’s unterm Dach.«
»Aber Kati, meine Informationen könnten wichtig sein für deinen Fall.«
»Genau wegen dieses Falls kann ich jetzt nicht mit dir sprechen. Wir stehen kurz vor der Lösung. Später mehr.«
»Katinka, hör mir bitte zu. Ich habe...« Paul hörte auf zu reden, als er merkte, dass Katinka aufgelegt hatte.
Wäre er dem ersten Impuls gefolgt, hätte er das Handy in den Fußraum geschmissen und wäre vielleicht sogar kräftig draufgetreten. Doch Paul wusste sehr wohl, dass Katinka es nicht gern hatte, wenn sie im Büro durch Privatgespräche gestört wurde. Noch dazu, wenn sie im Stress war.
Sein kurzzeitig aufgeflammter Zorn wich schnell der Neugierde: Zu gern hätte er gewusst, welchen entscheidenden Schritt Katinka im Fall Frieda vorangekommen war. »Wir stehen kurz vor der Lösung«, hatte sie gesagt. Wie mochte diese Lösung aussehen?
Um seinen eigenen neuen Verdacht doch noch mit jemandem teilen zu können und mit etwas Glück gleichzeitig etwas über die Fortschritte bei den Ermittlungen herauszufinden, wählte er als nächstes Jasmin Stahls Nummer.
»Ja?«, meldete sich die Kommissarin und wirkte nicht gesprächiger als seine Frau. »Was gibt’s, Paul? Mach’s kurz, ich bin in Eile.«
»Schon gut, schon gut«, sagte er, »ich bin es ja gewohnt, dass man mich abspeist und auf später vertröstet. Aber verrat mir wenigstens, was es denn so Tolles gibt, das euch alle auf Trab hält.«
»Euch alle?« Argwohn schwang in Jasmins Stimme mit. »Ach, du hast wohl schon mit deiner Kati gesprochen. Na ja, dann kennst du ja das Dilemma. Es ist unbegreiflich, dass die Metzger das übersehen konnten.«
»Metzger?« Paul konnte ihr nicht folgen.
»Du weißt schon: die Pathologen. Als sie das Mädchen auf den Tisch bekommen haben, waren sie nur darauf fixiert, nach der Todesursache zu forschen.«
»Das ist ja wohl auch das Wichtigste, oder?«
»Klar. Aber das sollte sie nicht blind für andere entscheidende Kleinigkeiten machen.«
»Was meinst du mit Kleinigkeiten?« Paul schwante etwas.
»Eine Kleinigkeit, die ein Leben verändert - und ein Mordmotiv liefern könnte.«
»Frieda erwartete ein Baby?«, platzte es aus Paul heraus.
»Korrekt. Das Mädel war schwanger. Ungefähr in der 14. Woche. Für eine Abtreibung wäre es reichlich spät gewesen. Nun verstehst du vielleicht meine Wut: Ausgerechnet das haben die Metzger verpennt! Auf meine Beschwerde hin redeten sie sich damit heraus, dass sie es zwar zunächst tatsächlich übersehen, aber schon bei der ersten Nachuntersuchung festgestellt hätten. Die Info wäre dann wohl unterwegs hängengeblieben. Ich hielt das zunächst für eine fadenscheinige Ausrede, doch es stimmte tatsächlich. Kaum zu glauben, aber wahr: Der Befund schlummerte ungelesen und unbeachtet auf dem Schreibtisch meines Chefs, des werten Herrn Hauptkommissar Schnelleisen. Was meinst du, was deine Frau dem für ein Höllenfeuer unter seinem breiten
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