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Paul, mein grosser Bruder

Paul, mein grosser Bruder

Titel: Paul, mein grosser Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Lindquist
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einem Nachbarn ausgeliehen.
    Paul pfiff, als er kam. Ich hörte ihn bereits die Treppe heraufkommen. Er war aufgedreht und glücklich und wollte gleich loslegen. Allerdings erzählte er zunächst, was für Bilder er machen wollte .«
    »Was für Bilder wollte er denn machen ?« , fragte ich.
    »Er wollte einige Porträts von mir machen. Er wollte, dass ich mir das Hemd auszöge. Er sagte, Kleider würden nur stören. Und dann fingen wir an zu fotografieren. Er machte jede Menge Bilder von mir; auf einem Teil davon konnte man deutlich sehen, dass ich es war. Aber auf den anderen sah man nur Teile eines Körpers; einen Hals, eine Schulter. Manchmal war es nur eine Linie, eine Form.
    Später wirkte er zufrieden. Er hatte alle Bilder gemacht, die er wollte. »Jetzt bist du dran, Daniel-, sagte er. Und er zog sich den Pullover aus. Er hatte einen sehr schönen Körper. Ich kann ihn vor mir sehen, alle Konturen. Alle weichen Linien.
    Ich begann, ihn zu fotografieren. Aber ich fühlte mich wie ein Verräter, als ich ihn durch den Sucher sah. Es war, als würde ich ihn ausnutzen. Auch wenn es seine Idee war. Aber er wusste ja nicht, was ich fühlte. Ich hatte jedenfalls nichts gesagt. Und ich war völlig verwirrt wegen dieses halbnackten Jungen vor mir. Ich fotografierte sein Gesicht, seine Brust, seine Schulter. Ich machte dieselbe Art von Bildern, wie er es von mir gemacht hatte. Nicht dass ich irgendwelche Vorstellungen von künstlerischem Schaffen hatte. Nein, ich wollte nur seinen Körper sehen.
    Und dann ... und dann sagte Paul plötzlich, dass er sich ganz ausziehen könnte, dass ich Nacktbilder von ihm machen könnte, wenn ich wollte .«
    Daniel verstummte, und ich wollte ihn nicht stören.
    »Ich sollte das vielleicht nicht erzählen«, fuhr er nach einer Weile fort. »Aber es scheint, dass ich schon zu viel gesagt habe. Es spielt jetzt auch keine Rolle mehr, was ich erzähle. Ich kann nur Folgendes sagen: Ich weiß nicht, ob ich tatsächlich in Paul verliebt war. Aber ich habe ihn geliebt. Wenn ich an die Zeit zurückdenke, bin ich meistens verwirrt. Ich erinnere mich nicht daran, was ich wirklich gefühlt habe. Ich erinnere mich daran, was ich wollte. Aber ich habe deinen Bruder wirklich geliebt. Das tat ich. Und ich schäme mich nicht zuzugeben, dass ich mich zu ihm hingezogen fühlte; zu seinem Körper, meine ich, aber nicht nur zu dem. Sein ganzes Wesen zog mich an. Er hatte irgendetwas Sinnliches; schwer, fast betäubend. Und es war fast zu viel für mich, als er sagte, ich könnte Nacktbilder von ihm machen. Er war ja trotz allem noch ein Junge. Ein Kind. Auch wenn dieses Kind mir mehr bedeutete, als irgendein Erwachsener es jemals getan hatte. Er saß mit nacktem Oberkörper auf dem Boden. Mit seinen dunklen, schönen Augen. Und sagte, ich könnte Nacktfotos von ihm machen. Wenn ich wollte. Ich murmelte irgendetwas Diffuses als Antwort. Und Paul sagte, er würde gern Nacktbilder von mir machen .« Daniel schüttelte den Kopf.
    »Da konnte ich es nicht mehr aushalten. Ich ging und -versteckte mich-im Badezimmer. Ich musste für eine Weile weg von ihm. Ich, ich hatte Angst, dass er sehen könnte, dass ich dass ich erregt war. Wer weiß, was dann passiert wäre ?«
    »Er ... er hätte vielleicht gar nichts dagegen gehabt«, sagte ich.
    Daniel brummte leise. »Vielleicht nicht. Aber ich hatte viel zu große Angst, dass es unsere Freundschaft zerstören könnte. Er war doch noch ein Junge. Stell dir vor ... stell dir vor, wir hätten miteinander ... wenn ich ihn vergrault hätte ... Nein, ich wagte nicht, unsere Freundschaft aufs Spiel zu setzen .«
    »Was hast du denn gemacht ?«
    »Ich blieb eine Weile im Badezimmer. Dann ging ich zu ihm rein. Er hatte sich ganz ausgezogen. Er saß - nackt - auf meinem Sofa und wartete auf mich. Er lächelte. Hielt ein Glas Saft in der Hand. Und irgendwie wirkte gerade das wie eine weitere Bestätigung, dass er tatsächlich noch ein Kind war. -Wie willst du, dass ich sitzen soll ?« , fragte er mich. Und ich stammelte irgendetwas. Ich erinnere mich nicht, was. Und Paul stellte sich vor die aufgespannten Laken. Ich selbst versteckte mich hinter der Kamera. Sah auf seinen Körper durch den Sucher. Und ich wollte ihn so gern berühren ... «
    Er sah zur geöffneten Balkontür hinaus. Die Schallplatte war zu Ende, und ich konnte das Ticken der Küchenuhr hören.
    »Hast du irgendein Bild gemacht ?« , fragte ich schließlich.
    »Ja, das habe ich. Allerdings nur ein

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