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Paul, mein grosser Bruder

Paul, mein grosser Bruder

Titel: Paul, mein grosser Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Lindquist
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meinem Körper und meinen Bewegungen und Gesten in Verbindung bringen. Und deswegen meinen, wir seien uns so ähnlich .«
    »Ich meine nicht, dass du genau wie er aussiehst«, antwortete Daniel. »Du hast dein eigenes Aussehen, deine eigene Art und Weise. Und du unterscheidest dich in Vielem von Paul. Trotzdem ... Du hast ja auch nur einige Momentaufnahmen von ihm gesehen. Da ist es für dich vielleicht schwieriger, die Ähnlichkeiten zu entdecken. Du hast ihn ja nie gesehen, wie er sich bewegte, seine Gestik. Du hast ja niemals seine Stimme gehört .«
    »Das weiß ich doch«, sagte ich. »Aber ich habe sehr viel über ihn nachgedacht. Und ich habe sehr viel über ihn gehört. Und in meinen Träumen habe ich ihn sich bewegen sehen. Allerdings habe ich nie seine Stimme gehört. Ich habe mich schon oft darüber gewundert. Paul redet in meinen Träumen nie mit mir. Es ist mehr so, dass ich fühle, was er zu mir sagt. Ungefähr wie Telepathie. Aber du hast ihn doch sprechen gehört. Du hast doch seine Stimme gehört. Wie klang sie eigentlich. Wie klang seine Stimme ?«
    »Wie deine«, antwortete Daniel.
    »Ich habe auch ein paar Bilder, die ich dir zeigen will« sagte ich.
    »Ach ja? Was für Bilder?«
    Zuerst gab ich ihm die beiden Bilder von dem anderen Jungen.
    »Wer ist das ?«
    »Ich glaube, das ist dieser andere Junge. Der aus der Tschechoslowakei. Der irgendwas mit M hieß .«
    Daniel brummte irgendeine Antwort.
    »Ich bin mir fast sicher, dass er das ist«, fuhr ich fort. »Schau! Auf der Rückseite. Ich glaube, das ist Tschechisch .«
    »Mému malému Princi «, las Daniel. »Ja, hört sich so an .«
    «Erkennst du ihn wieder ?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube nicht. Sicher, es ist ein altes Bild, aber ich kann mich nicht erinnern, wie er mal ausgesehen hat.«
    Dann gab ich ihm das Bild von Paul vor dem Schreibtisch.
    Daniel lächelte. »Ihn erkenne ich mit Sicherheit. Allerdings habe ich dieses Bild noch nie gesehen. Wo hast du es gefunden ?«
    »Auf dem Dachboden.«
    »Soso.«
    »Ist das das Tagebuch, das er in der Hand hält ?«
    Daniel hielt das Foto näher an sein Gesicht.
    »Na, ich weiß nicht. Ich kann mich nicht erinnern, wie sein Tagebuch ausgesehen hat. Im Übrigen muss er wohl mehrere gehabt haben .«
    Zuletzt gab ich ihm das Bild von Paul auf dem Weg aus dem Badezimmer.
    »Er sieht fast aus wie ein kleiner Junge«, sagte
    Daniel und lächelte. »Wenn nicht ... «
    »Ich weiß .«
    »Aber wo ist das aufgenommen worden? Das ist doch nicht bei euch zu Hause .«
    »Nein. Ich nehme an, das ist bei dem anderen Jungen zu Hause. Zu Hause bei M. Ich glaube, er hat das Bild aufgenommen .«
     
    Als ich nach Hause kam, blickte Mama von ihrem Buch auf und stellte fest: »Du warst lange weg .«
    »Ja, ich habe auf dem Rückweg bei Daniel vorbeigeschaut .«
    Sie sah mich an und runzelte die Stirn.
    »Komm, lass mich mal fühlen«, sagte sie. »Ich finde, du siehst immer noch ein wenig blass aus .«
    Sie legte ihre Hand auf meine Stirn. »Ja, Jonas, du bist immer noch ein bisschen heiß«, murmelte sie. »Ich glaube, das Beste ist, du legst dich hin. Du siehst nicht gesund aus. Es war sicherlich keine so gute Idee, so lange rauszugehen. Es ist wohl besser, dass du morgen zu Hause bleibst, statt in die Schule zu gehen. Meinst du nicht auch ?«
    »Sicher«, antwortete ich. »Das ist wohl besser .«
    Ich glaube, ich lächelte noch immer, als ich einschlief.

ELF
    Die Haustür fiel ins Schloss . Mama war gegangen.
    Ich setzte mich auf den Boden vor die Kleiderschränke. Eine ganze Weile saß ich nur da und betrachtete die weiß lackierten Sockelleisten. Noch wagte ich es nicht, sie zu berühren. Was, wenn ich falsch lag?
    Der linke Kleiderschrank stand in der Ecke zum Dielengang. Das machte es schwer, die Verblendung des Sockels zu greifen. Ich griff um den rechten Sockel. Er saß fest, bewegte sich nicht im Geringsten. Ich klopfte darauf. Ja, der musste genauso hohl sein wie die Sockel in der Diele, dachte ich bei mir.
    Ich beugte mich vor und besah mir die Kurzseite des Sockels; da war ein ziemlich schmaler Spalt zwischen der Verblendung und dem eigentlichen Sockel. Ich holte ein Messer.
    Vorsichtig schob ich die Messerspitze in den Spalt. Einen Millimeter, zwei, drei. Dann schlug ich vorsichtig mit der Hand auf den Griff. Die Verblendung bewegte sich einige Millimeter.
    Ich presste mehr als die Hälfte des Messers in den geweiteten Spalt und zog es einige Male vor und zurück. Dann schlug ich ein

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