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Paul, mein grosser Bruder

Paul, mein grosser Bruder

Titel: Paul, mein grosser Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Lindquist
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wir so etwas haben. Warte eben, dann werde ich nachsehen .«
    Sie blätterte in der Kartei.
    »Nein, ein Tschechisch-Schwedisches Wörterbuch haben wir nicht. Aber es müsste ein Tschechisch-Englisches Wörterbuch in der Präsenzbibliothek geben. Kannst du vielleicht damit etwas anfangen ?«
    »Ja, das geht schon«, sagte ich und lächelte.
    »Aber du kannst es nicht ausleihen«, erklärte sie. »Präsenzbücher verleihen wir nicht .«
    »Das macht nichts. Ich möchte nur ein paar Wörter nachschlagen .« Ich fing an zu blättern.
    Látka, Ihá ř , lump, matematika, mimo ř adný ...
    »Hier muss es sein .«
    Ich durchforstete die Reihen mit Worten. Und dort - mitten auf der Seite - entdeckte ich es.
     
    milenec mi-le-nets m . lover
     
    »Lover!« Ich lachte. Milenec war gar kein Name. Milenec war das Wort, das mein Bruder für seinen Freund benutzte.
    »Geliebter«, flüsterte ich unhörbar. »Der Prinz und sein Geliebter!«

ZWÖLF
    Ich musste mich zwingen, Pauls Tagebuch nicht vor Freitagabend zu öffnen. Mama und Papa wollten sich einen Film im Fernsehen anschauen. Eine Weile saß ich mit ihnen im Wohnzimmer.
    »Ich möchte den Film nicht sehen«, sagte ich und stand auf. »Ich leg mich ins Bett und lese noch etwas. Gute Nacht!«
    Sie sahen mich verwundert an.
    »Es ist doch gerade mal halb zehn !« , sagte Papa.
    »Dir geht es doch wohl nicht wieder schlechter ?« , fragte Mama.
    »Nein, es geht mir gut. Fühle mich nur ein bisschen müde. Gute Nacht!«
     
    Ich stapelte die Kissen gegen die Wand, zog mich aus und kroch unter die Decke, mit deinem Tagebuch in der Hand.
     
    Dienstag, den 24. Dezember 1968
    Es ist fast ein Uhr nachts, eigentlich schon Mittwoch. Wir waren heute bei Großmutter und Großvater. Ich schenkte ihnen einen Kerzenleuchter, den ich im Werkunterricht selbst gemacht hatte. Ich bekam einen Pullover von Großmutter und ein Buch von Großvater. Wir haben Kaffee getrunken. Dann fuhren wir nach Hause. Daniel kam am Nachmittag her. Wir aßen zu Abend und Papa wollte zum Kiosk gehen. Obwohl ich ihm sagte, dass ich keinen Weihnachtsmann mehr bräuchte. Schließlich bin ich 15. Mama und Daniel lachten nur. Aber Papa sah etwas betrübt aus. Er durfte zumindest die Weihnachtsgeschenke verteilen. Bekam dieses Tagebuch von Papa und eine LP mit dem Musical Hair. Mama hatte ein Paar Jeans gekauft, aber die muss ich umtauschen. Zu groß. Daniel versucht mich davon zu überzeugen, Jazz zu mögen. Er hat eine LP von Dave Brubeck gekauft. Sie ist sogar ziemlich gut. Kommt mir ein bisschen komisch vor, Weihnachten zu feiern. Es war lustiger, als ich klein war. Jetzt ist es eher anstrengend.
     
    Freitag, den 27. Dezember 1968
    Bin mit Papa am Vormittag in die Stadt gefahren. Ich habe die Jeans umgetauscht gegen ein Paar andere, die viel schicker sind. Dann waren wir zum Kaffee bei Nilssons, bevor wir uns trennten. Habe Elisabeth und Carina auf dem Marktplatz getroffen. Sie wollten, dass ich mit ihnen an Silvester zu einem Fest bei Anders gehe. Aber habe gesagt, ich sei beschäftigt. Ich habe keine Lust, Göran oder Janne zu begegnen - nach dem, was an Lucia passiert ist. Heute Abend war ich kurz bei Daniel. Er zeigte mir seine neue Kamera. Nikon. Wir sprachen darüber, uns bald gegenseitig zu fotografieren. Ich wollte mit ihm darüber reden, es wurde aber nichts draus. Ich glaube, er ist so wie ich. Nicht nur, weil er mit keinem Mädchen zusammen ist. Es ist noch irgendwas anderes. Mehr so ein Gefühl. Und obwohl er doch um einiges älter ist als ich, ist er für mich ein Freund. Wie ein großer Bruder, fast.
     
    Manchmal schrieb Paul über Ereignisse, die ich schon von Mama gehört hatte. Meistens waren es Kleinigkeiten. Ziemlich oft erwähnte er Daniel.
    Daniel irrte sich im Wochentag, an dem sie sich gegenseitig fotografierten. Es war Freitag, der 17. Januar 1969. Und Pauls Beschreibung der Ereignisse unterschied sich etwas von Daniels Erzählung.
     
    Dann sagte Daniel, dass er mich schön findet. Dass er meine Augen mag. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Er sagte, dass er mich gerne fotografieren wollte, aber nicht nur das Gesicht. Ich fragte ihn, was er meinte, und schließlich sagte er, dass er Nacktbilder von mir machen wollte. Zuerst war ich total baff, aber dann dachte ich mir, das wird bestimmt lustig. Allerdings war ich scheißnervös. Zog mich aus, als er auf dem Klo war. Er schien auch nervös. Aber er schaffte es nur, ein Bild zu machen, dann klingelte das Telefon.
     
    Ich las weiter.

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