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Paul, mein grosser Bruder

Paul, mein grosser Bruder

Titel: Paul, mein grosser Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Lindquist
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lächelte.
     
    Einige Tage später saß Paul auf dem Zaun vom Parkplatz am Markt und wartete auf Petr. Er hatte einen Brief bekommen, in dem stand, dass Petr ihn treffen wollte. Pauls Mama hatte gelacht, als er ihn gelesen hatte. »Hast du ein Mädchen getroffen ?« , hatte sie gefragt. »Du wirkst so fröhlich .« Aber er hatte nur gelacht.
    Er sah auf die Uhr. Petr hatte elf Uhr gesagt, und jetzt war es bereits zehn nach. Was, wenn er nicht käme?
    Er sah hinüber zur Bushaltestelle, sobald ein Bus ankam. Aber er wusste nicht genau, wo Petr wohnte, und deshalb auch nicht, mit welchem Bus er kommen würde.
    Plötzlich spürte er einen warmen Luftzug im Nacken. Und bevor er es schaffte sich umzudrehen, hörte er eine Stimme, die sagte: »Ich glaube, ich bin ein bisschen verliebt in dich .«
    Paul wurde es warm.
    »Was hast du gesagt ?« , fragte er lächelnd, als Petr über den Zaun sprang.
    »Du hast es doch gehört«, sagte dieser.
    »Ich dachte nur, ich sage es dir sofort, bevor du mich siehst. Sonst hätte ich mich vielleicht nie getraut .«
    Paullachte und sprang vom Zaun.
    »Natürlich habe ich gehört, was du gesagt hast .«
    »Und ?« , fragte Petr. »Willst du nichts sagen ?«
    »Ich? Warum?«
    Petr holte mit den Armen aus. »In der Regel machen sie das immer so in Filmen«, sagte er.
    Paul lachte und zog einen Zettel aus der Brusttasche.
    »Dann tue ich so, als wäre das hier ein Stummfilm «, sagte er und mimte ein stummes »Bitte schön !« .
    Petr faltete den Zettel auseinander.
     
    Ich bin der andere
    Ich bin der, der lange gewartet hat
    Auf etwas, wovon ich nie glaubte, es würde geschehen
    Ich bin der andere
    Der - der auf dich gewartet hat
    Ich glaube wir sind
    Freunde
     
    Petr hob den Blick und sah ihn an. Dann beugte er sich zu Paul und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
    »Keine Angst, Paul«, flüsterte er. »Sieh dich um. Die Leute sind viel zu beschäftigt. Niemand kümmert sich darum, was wir tun. Und wenn uns jemand sehen sollte, spielt das auch keine Rolle. Und wenn wir so lange gewartet haben, können wir uns doch nicht selbst daran hindern zu tun, worauf wir gewartet haben. Oder?«
    »Nein, natürlich nicht«, antwortete Paul. »Aber, ich bin noch ein bisschen unsicher. Nicht dir gegenüber vielleicht, aber allen anderen gegenüber. Ich will ... ich will in Frieden gelassen werden mit dir. Nur du und ich, meine ich. Nur wir allein.«
    Petr nickte.
    »Das will ich auch«, sagte er. »Wir können ja später zu mir nach Hause fahren. Mama und Papa wollten heute Nachmittag einen Bekannten besuchen. Sie werden erst spät nach Hause kommen. Dann sind wir allein .«
     
    Petr schloss die Haustür auf und rannte hinein. »Ich muss aufs Klo! Sofort!«
    Paul ging in die Küche und setzte sich an den Tisch. Er hörte die Toilettenspülung. Dann eine Tür, die geöffnet wurde.
    »Wo bist du ?« , rief Petr.
    »In der Küche. Hier liegt ein Zettel auf dem Tisch .«
    »Was steht drauf ?« , fragte Petr von der Diele aus.
    »Das steht, Petr. Jdes ... jdes mi na ner ... nervy. Ach, ich kann das nicht Iesen .«
    Petr lachte und nahm den Zettel.
    »Was steht da ?« , wollte Paul wissen.
    »Das ist von Mama. Sie ist ein bisschen verärgert, dass ich vergessen habe, das Essen nach dem Frühstück abzuräumen. Normalerweise vergesse ich das nicht, aber ich war so in Gedanken, als ich losging, um dich zu treffen .«
    »Ist sie jetzt böse ?«
    »Nein. Überhaupt nicht. Nur ein bisschen. Sie findet, ich gehe ihr nur auf die Nerven .« Er setzte sich Paul gegenüber.
    »Möchtest du etwas? Kaffee? Tee?«
    Paul schüttelte den Kopf.
    »Nichts?«
    »Nein.«
    »Bist du sicher ?«
    Paul lachte. »Ja, ich bin sicher. Was du quasselst. Willst du mir jetzt auch auf die Nerven gehen ?«
    »Nein, ich habe nur gefragt, was du willst .«
    »Was sollte das sein ?«
    »Mich !« sagte Petr und lächelte.
    »Komm, ich zeige dir, wie ich wohne .«
     
    Pauls Blick wurde von einem eingerahmten Foto angezogen, das im Wohnzimmer hing. Es war das Porträt eines jungen Mannes mit dunklen Augen. Sein Lächeln erinnerte an Petrs.
    »Ist das ein Verwandter von dir ?«
    »Nein«, antwortete Petr. »Das ist Jan Palach. Der sich vor einigen Monaten verbrannt hat .«
    »Was? Was meinst du ?«
    »Er verbrannte sich Mitte Januar. Aus Protest gegen das neue Regime in der Tschechoslowakei.«
    Paul starrte das Foto an. »Wo ist das passiert ?«
    »In Prag. Auf dem Václavské námestĺ, Das ist ein großer Platz. Es war direkt vor

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