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Paul, mein grosser Bruder

Paul, mein grosser Bruder

Titel: Paul, mein grosser Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Lindquist
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in ein Café unten am Norstrand gehen«, schlug Petr vor, als sie aus dem Bus stiegen. »Hast du Lust ?«
    »Klar .«
    Paul fühlte sich immer noch wirr. Er konnte nicht fassen, dass er hier neben Petr herging. Er versuchte, mit Petr Schritt zu halten. Ab und zu schielte er zu dem anderen hinüber. Was für unglaubliche Augen, dachte er.
    Petr spürte seinen Blick und drehte sich zu ihm. Er lächelte.
     
    Sie setzten sich an einen Fenstertisch mit Aussicht über den Hafen. Petr zeigte auf einen der großen Kräne.
    »Dort arbeitet mein Papa«, erzählte er. »In dem grünen Kran dort.«
     
    »Bist du schon mal da oben gewesen ?«
     
    »Nein, das ist abscheulich hoch. Ich habe mich nicht getraut«, sagte Petr und lachte. »Traust du dich, da hochzuklettern ?«
    »Ja, ich glaube schon. Das wäre lustig .« Dann schwiegen sie.
    »Wie war deine Zeichnung von mir ?« , fragte Petr.
    Paul lächelte geniert und schaute aus dem Fenster. »Naja, ich weiß nicht. Aber Magister Håkansson sagte, dass er sie zu schön fände .«
    Petr lachte. »Zu schön? Was meinte er damit ?«
    »Na, er sagte es nicht genauso. Aber ungefähr. Ich weiß nicht genau, was der meinte .«
    »Findest du denn, dass sie zu schön war ?«
    Paul zögerte. »Nein, sie sah dir überhaupt nicht ähnlich .«
    Petr lachte wieder, und er streckte seine Hand aus. Paul errötete bei der Berührung, er hatte Angst, dass es jemand sehen könnte.
    »Wovor hast du Angst ?«
    Paul zuckte mit den Schultern.
    »Es gibt nichts, wovor du Angst haben musst«, fuhr der andere fort. »Das Schlimmste, was passieren könnte, ist, dass die Leute, die nichts mit uns zu tun haben, anfangen, Scheiße zu reden. Aber weil sie nichts mit uns zu tun haben, brauchen wir uns darum nicht zu scheren. Oder?«
    Paul schwieg noch immer.
    Da beugte sich Petr über den Tisch und flüsterte ihm zu: »Du, ich habe dich sofort bemerkt, als du in den Zeichensaal kamst. Und es war, als ob ... als ob wir gleich wären. Als ob wir gleich sind. Und ich spürte, dass ich dich kennenlernen wollte. Ich glaube, wir könnten Kumpel werden. Freunde. Verstehst du ?«
    Paul nickte. Und dachte, dass sein Herzklopfen noch bis zu der Frau an der Kasse im anderen Raum zu hören sein würde.
    »Ich wäre gern dein Freund«, fuhr Petr fort. »Willst du das auch ?«
    »Ja, das will ich auch .«
     
    Sie gingen unten im Hafen umher. Petr erzählte von seinen Eltern; er erzählte, dass die am liebsten in die Tschechoslowakei zurückgehen wollten, aber dass das unmöglich sei - jetzt nach der sowjetischen Invasion.
    »Seid ihr aus der Tschechoslowakei geflohen ?«
    »Nein, wir sind umgezogen. Zuerst nach Deutschland. Dort bekam Papa Arbeit im Hamburger Hafen. In Hamburg hat er gelernt, einen Kran zu führen. Aber ein Jahr später sind wir hierher gezogen. Wir wollten ursprünglich nur ein Jahr bleiben, aber es wurden mehr. Und im letzten Herbst marschierte die Sowjetunion in die Tschechoslowakei ein, nun müssen wir bleiben .«
    »Warum könnt ihr nicht zurück ?«
    »Wir könnten natürlich, wenn wir wollten. Aber dort ist zu viel im Argen. Man weiß nie, was passieren wird. Es ist viel zu unruhig. Überall Soldaten und Polizei. Ich möchte nicht zurückziehen. Noch nicht jedenfalls. Und Mama und Papa wollen auch hier bleiben. Bis jetzt.«
    Sie setzten sich auf eine Bank am kleinen Fischmarkt.
    »Hier bin ich mal mit dem Fahrrad hingefallen «, erzählte Paul und zeigte auf die Eisenbahngleise. »Ich drehte mich um und schaute einem ... jemandem, den ich kannte, nach und sah das Gleis nicht. Da blieb ich mit dem Vorderrad im Gleis stecken und stürzte. Eine alte Dame kam und half mir. Und ich heulte. Nicht, weil es wehgetan hatte, sondern weil ich meine neue Jacke kaputt gemacht hatte.«
    Petr sah ihm ins Gesicht, während er sprach. Er schien nicht zuzuhören.
    »Jetzt weiß ich es wieder !« , brach es plötzlich aus ihm heraus.
    »Was ?« , fragte Paul.
     
    »Ich fand, dass du jemandem ähnelst. Gleich als ich dich sah, dachte ich daran. Ich kam nicht sofort drauf, wem du ähnlich siehst. Aber jetzt erinnere ich mich .«
    »Wem sehe ich ähnlich ?«
    »Du ähnelst einem Jungen, der in einem Bilderbuch vorkam, aus dem mir meine Großmutter immer vorgelesen hatte, als ich klein war und noch in Prag gewohnt habe. Es war ein Märchenbuch. Mit superschönen Bildern.«
    «Wovon handelte das Märchen ?«
    »O malém princi .«
    «Was hast du gesagt ?«
    »Es handelte von einem kleinen Prinzen«, sagte Petr und

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