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Paula geht

Paula geht

Titel: Paula geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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besuchte.
    Doch inzwischen hatten sich die Menschen an ihn gewöhnt. Er wurde sogar langsam integriert. Vor einigen Tagen hatte ihn der Bürgermeister gefragt, ob er sich eine Kandidatur im Gemeinderat vorstellen konnte. Leider hatte er ablehnen müssen, da er das zeitlich nicht auch noch stemmen konnte. Aber er hatte sich gefreut. Nach dem zweiten Glas und eine Stunde später innerlich und äußerlich gewärmt sah die Welt schon wieder besser aus.
    Er tastete sich die Treppe hoch in sein Schlafzimmer. Das war schon fertiggestellt – nur für alle Fälle. Er warf seine Klamotten in die Wäsche und stellte sich lange unter die Dusche. Dann kroch er zwischen die Flanell-Bettwäsche und griff nach einem Krimi. Die Schafskrimis von Leonie Swann hatten es ihm angetan, warum wohl? Doch nach den ersten Seiten nickte er weg. Mitten in der Nacht wachte er noch einmal auf. Er fühlte sich so wohl wie schon lange nicht mehr und hatte von der Frau geträumt. Sie hieß Emma und war auch auf Männersuche. Sie hatten zusammen geangelt, es war Sommer und er konnte sich noch erinnern, wie sie auf der Picknickdecke lagen und gemeinsam die Wolken anschauten, als er ihre Hand auf seiner spürte. Er machte das Licht aus und versuchte wieder in den Traum zu finden, was nicht gelang.
     
    Paula summte vor sich hin und löste mit der Spachtel Fetzen der alten Tapetenschichten in der Küche. Sie hatte beschlossen, dass die Küche der erste wohnliche Ort werden sollte, dann das Schlafzimmer und so weiter. Schritt für Schritt eben wie bei Beppo, dem Straßenkehrer, der auch nie aufblickte, um sich nicht von der Länge der Straße aus dem Rhythmus bringen zu lassen.
    Seit gestern hatte sie einen Hausgenossen. Jacek war ein gemütlicher Handwerker um die fünfzig mit einem buschigen Schnauzer, der seinen Mund fast vollständig verdeckte. Er kam morgens pfeifend und ging abends pfeifend. Im Schlepptau hatte er eine Mauerfräse, die einen Höllenlärm machte. Mit Händen und Füßen und Zahlen auf einem Stück Papier hatten sie den Preis von dreitausendsechshundert Euro ausgehandelt. Damit schmolzen Paulas Ersparnisse viel schneller dahin als gedacht. Aber natürlich wollte sie auch sicher leben. Alles hatte wohl seinen Preis. Da würde sie beruflich eben schneller in die Gänge kommen müssen.
    Jacek hatte drei Brötchen mit Fleischwurst und Senf in der Frühstückspause verdrückt und machte sich wieder an die Arbeit. Gelegentlich versuchten sie, sich mit ihm zu unterhalten.
    „Jacek, wie lange wirst du brauchen?“
    „Für Arbeit hier?“
    „Ja.“
    „Vielleicht drei, vielleicht vier Tagen, werde sehen.“
    „Super, das ist schnell.“
    Er grinste stolz.
    „Was kannst du noch?“
    „Jacek kann alles.“
    „Kannst du fliesen und das Bad renovieren?“
    „Natürlich.“
    „Kannst du Parkett legen?“
    „Natürlich.“
    „Kannst du Mauern bauen?“
    „Jacek kann alles.“
    Paula lachte. Also, mit Jacek war sie auf der sicheren Seite, was auch immer ihr hier passieren würde – wenn sie das nötige Kleingeld auftreiben konnte.
    „Wie lange bist du schon in Deutschland?“
    „Elf Jahre, wohnen halbe Jahr hier, halbe Jahr Polen.“
    „Aber jetzt bist du hier und im Sommer bauen die Leute mehr, oder?“
    „Ja, schlechte Geschäft diese Jahr, deswegen auch Winter hier.“
    Paula nickte verständnisvoll. „Kennst du dich auch mit Ziegen aus?“
    „Ziege, was ist?“
    Paula machte mäh und zeigte in den Garten. Jaceks Augen leuchteten auf. „Ah, koza. Ja, kenn mich aus.“
    „Können sie über Winter in dem Stall bleiben, der ist ja halb offen?“
    „Ja, frieren nicht tot.“
    „Bekommen sie ein Winterfell?“ Paula zupfte an ihrem dicken Pulli.
    Jacek nickte. „Alles gut, koza kein Problem.“ Jacek schraubte den Schalter in der Küche an und machte sich auf den Weg ins Obergeschoss. Ob er die Schlitze auch zuspachteln würde? War das im Preis mit inbegriffen?
    Paula dachte an ihre erste Begegnung mit den Ziegen und ihrer Behausung. Herr Matussek hatte die Ziegen immerhin gefüttert, aber der Stall war schon seit Ewigkeiten nicht mehr sauber gemacht worden und stank trotz der Kälte widerlich. Paula musterte den kleinen Kompost. Sie würde eben daneben einen riesigen Misthaufen anlegen müssen. Eine Mistgabel und eine Schubkarre mit Platten hatte sie immerhin schon entdeckt. Aber sie hatte keine Zeit, das Stallsaubermachen würde mindestens einen halben Tag in Anspruch nehmen und sie wollte dringend innen weitermachen. Dann

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