Paula Kussmaul laesst nicht locker
Müller her, der an diesem Tag Aufsicht hatte. Nach dem Unterricht rannte er dann gleich nach Hause. Das ging so schnell, dass niemand ihm folgen konnte.
Ein anderes Mal gab es auf dem Weg vom Pausenhof in die Klassenzimmer ein furchtbares Gedrängel. Dabei schubsten einige Jungen Enno besonders. Zornig drehte er sich um – und dann trat er Kevin so heftig vors Schienbein, dass dessen Eltern mit ihm zum Arzt gehen mussten und sich danach beim Rektor über Enno beschwerten.
Das reichte Kevin aber noch nicht. Aus Rache versteckte er Ennos Schultasche. Enno fand sie erst auf dem Schülerklo wieder. Kevin hatte sie in eines der Klobecken gestopft.
Und so ging es weiter. Mal spielten Sascha, Kevin und Dennis Enno einen Streich, mal zeigte Enno allen, dass er sie nicht mochte. Mal rächten sich die drei an Enno, mal rächte er sich an ihnen. Es war ein richtiger Krieg, den sie gegeneinander führten – mit dem großen Unterschied, dass die Klasse immer auf Saschas, Kevins und Dennis' Seite stand. Für Enno war niemand.
Das ging so, bis eines Tages etwas Schlimmes passierte. Es begann mal wieder auf dem Weg vom Pausenhof zum Klassenzimmer. Da drängte Sascha sich plötzlich von hinten an Enno heran und sprayte ihm mit einer Spraydose grüne Farbe ins Haar. »Da, Dschungelmann«, sagte er. »Jetzt kannst du dich noch besser verstecken.«
Paula hatte das Ganze beobachtet und musste sich sehr zusammennehmen, um sich nicht sofort auf Sascha zu stürzen. Aber dann hätten alle nur wieder »Mama Paula« gesagt oder ihre »P liebt E«-Witze gerissen.
Enno war daraufhin gleich nach Hause gelaufen. In der Klasse aber wurde gelacht. Das Wort von Saschas »Haarspray« machte die Runde. Und Sascha genoss seine Heldentat, stolzierte herum wie ein Pfau und drohte allen, sie auch grün zu sprayen, falls sie nicht brav beiseite gingen. Als Frau Stein kam und fragte, wo Enno denn sei, sagte Kevin, er sei schon nach Hause gegangen. Und Dimi rief: »Ich glaube, ihm ist schlecht geworden.«
Darüber mussten alle lachen, und das »Steinchen« schimpfte, sie sollten nicht so gehässig sein, schließlich könne jedem einmal schlecht werden.
Damit aber hatte alles nur angefangen, denn Saschas »Haarspray« war keine gewöhnliche Farbe gewesen. Es war eine Farbe, mit der man Autos lackieren oder Bilder auf Häuserwände sprayen konnte. Vom Waschen allein ging die nicht raus. Enno musste sich beim Friseur fast eine Glatze schneiden lassen, damit kein Grünschimmer mehr zu sehen war. Seine Eltern kamen in die Schule, Sascha wurde befragt und gestand, die Spraydose von seinem großen Bruder zu haben. Er hatte sie sich heimlich ausgeliehen und nicht gewusst, welche Sorte Farbe da drin war. Er wurde getadelt und verwarnt und versprach, so etwas nicht wieder zu tun.
Damit, so sagten Ennos Eltern, sei die Sache für sie erledigt.
Für Enno war sie nicht erledigt. Er wartete nur auf eine günstige Gelegenheit zur Rache. Zwei Tage später war es so weit. Als Sascha, Dennis und Kevin, Hennie, Connie und Chrissie, Tayfun, Dimi und noch ein paar andere Jungen und Mädchen mal wieder durch die Klasse tobten und Sascha gerade Tayfun nachstürzte, streckte Enno, der ganz still hinter seinem Tisch saß, plötzlich ein Bein vor. Sascha stürzte hin, sein Kopf schlug an eine Tischkante und er blieb liegen.
Erst waren alle ganz erschrocken stehen geblieben, dann liefen Hennie und Chrissie los, um einen Lehrer oder eine Lehrerin zu holen. »Ich kann nichts dafür«, verteidigte sich Enno, der vor Schreck ganz bleich geworden war. »Er ist gestolpert.« Aber mehrere Jungen und Mädchen hatten gesehen, wie er das Bein vorgestreckt hatte, und sagten ihm das auch.
Frau Stein, Herr Müller und Herr Krempelmann kamen angelaufen und Sascha wurde hochgehoben und ins Sanitätszimmer getragen. Gleich darauf kam ein Notarztwagen und brachte ihn ins Krankenhaus.
In der Klasse herrschte eine unheilvolle Stille. Alle starrten noch immer nur Enno an. Der wusste nicht, was er tun oder sagen sollte. »Er ist gestolpert«, verteidigte er sich immer wieder unter Tränen. Als aber Frau Stein wiederkam und wissen wollte, wie es zu dem Unfall gekommen war, sagten Lisa, Marie, Markus und Chrissie, was sie gesehen hatten. Und da wagte Enno nicht mehr, sich zu verteidigen, und die Empörung in der Klasse wuchs immer mehr an. Nur Paula schwieg. War Enno denn wirklich ganz allein an allem schuld?
Frau Stein dachte ähnlich. »So geht es nicht weiter«, sagte sie. »Es muss etwas
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