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Paula Kussmaul laesst nicht locker

Paula Kussmaul laesst nicht locker

Titel: Paula Kussmaul laesst nicht locker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kordon
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jede Mauer und in jeden Strauch kuckte sie. Enno konnte ja überall sein. Sie stellte sich vor, wie er irgendwo nass und frierend herumhockte, und gleich suchte sie noch eifriger.
    Traf sie unterwegs ein bekanntes Gesicht, fragte sie nach Enno. Doch wen sie auch traf – Herrn und Frau Rölle aus dem Vorderhaus, Frau Hirschfeld, Lisa und Markus aus ihrer Klasse, Herrn Steputat, den Drogeriebesitzer, Marko Braun, der mit Jenny in eine Klasse ging – niemand hatte Enno gesehen. Da bekam sie langsam Angst. Was, wenn sie Enno nicht fanden? In der Zeitung stand oft etwas über vermisste Kinder. Meistens gingen solche Suchaktionen nicht gut aus.
    Durch alle Straßen rechts von der Rathausstraße und alle Straßen links von der Rathausstraße lief Paula. Und das, obwohl der Regen nun immer heftiger auf das Straßenpflaster pladderte. Sie spähte hierhin und dorthin und ließ nicht einmal die Müllcontainer aus, in denen Enno sich ja auch versteckt haben konnte, wie sie dank Linus wusste. Doch nichts! Kein Enno in den Containern, kein Enno hinter den Containern, kein Enno weit und breit. Zum Schluss lief sie auch noch zur Schule. Vielleicht hing Enno ja hier irgendwo herum.
    Doch wieder nichts. Die Schule, in der um diese Zeit ja längst kein Unterricht mehr stattfand, lag wie ausgestorben zwischen den Häuserblocks. Auf dem pfützenübersäten Schulhof keine Menschenseele.
    Und wenn Enno nun zum Krankenhaus gelaufen war, um zu fragen, wie es Sascha ging? Oder um sich bei ihm zu entschuldigen? Und vielleicht noch immer bei ihm saß? Er hatte ja ganz bestimmt nicht gewollt, dass Sascha etwas Schlimmes passierte.
    Immer größere Wasserblasen zerplatzten zwischen Paulas Füßen, aber nun lief sie auch noch zum Krankenhaus. Doch dort im Torbogen stand kein Junge herum, der sich nicht hineintraute, wie sie gehofft hatte. Und wusste sie denn überhaupt, ob Sascha noch im Krankenhaus war? Vielleicht war er ja schon längst wieder zu Hause, weil alles gar nicht so schlimm war?
    Nur eine Sekunde zögerte Paula, dann klopfte sie an Herrn Mikoleits Pförtnerscheibe. Sie kannte den dicken jungen Mann mit der Halbglatze von der Zeit her, als der Vater hier gearbeitet hatte. Damals hatte sie manchmal in Herrn Mikoleits Pförtnerstube auf den Vater gewartet. Herr Mikoleit war ein großer Kinogänger. Fast jeden Film hatte er gesehen. Sogar die meisten Kinderfilme kannte er. Oft hatte er sie gefragt, ob sie diesen oder jenen Film auch gesehen hatte. Sagte sie nein, erzählte er ihr davon, sagte sie ja, wollte er wissen, wie er ihr gefallen hatte.
    »Paula?«, rief Herr Mikoleit erstaunt. »Was machst du denn hier? Dein Vater arbeitet doch gar nicht mehr bei uns.«
    »Ein Junge aus unserer Klasse ...«, stotterte Paula. »Er ist heute hier eingeliefert worden. Ich ... ich möchte nur wissen, ob er vielleicht Besuch hat.«
    Eine komische Bitte. Paula schämte sich dafür. Sie hätte doch erst mal fragen müssen, wie es Sascha geht.
    Herr Mikoleit kuckte auch gleich ganz verdutzt. »Wie heißt der Junge denn?«
    »Sascha. Sascha Vogt.«
    Herr Mikoleit setzte sich an seinen Computer und tippte »Sascha Vogt« ein. Schon nach wenigen Sekunden nickte er zufrieden. »Da haben wir ihn schon. Station 7 B. Aber Besuch hat er nicht.«
    »Woher wissen Sie denn das?« Konnte Herr Mikoleit das in seinem Computer etwa auch sehen?
    Herr Mikoleit lachte. »Ich weiß das, weil hier steht, dass dein Freund noch keinen Besuch bekommen darf. Anordnung vom Chefarzt.«
    »Und ... und ...«, stotterte Paula, »einen anderen Jungen, der ihn vielleicht trotzdem besuchen wollte, den haben Sie nicht gesehen?«
    »Na, weißt du!« Herrn Mikoleits rundes Vollmondgesicht wurde immer breiter. »Du hast mir doch oft genug Gesellschaft geleistet, da müsstest du eigentlich noch wissen, dass ich nicht jeden Besucher unseres Hauses kontrollieren kann. Manche Leute sehe ich überhaupt nicht. Sie müssen sich bei mir ja nicht vorstellen. Jungen in deinem Alter waren heute sicher einige da, aber so genau angeschaut habe ich mir keinen.«
    Paula nickte. Da hatte sie wirklich eine sehr dumme Frage gestellt. »Und Sascha? Warum darf ihn denn keiner besuchen? Geht's ihm so schlecht?«
    »Das weiß ich nicht. Vielleicht soll er sich ja nur erholen. Frag doch mal seine Eltern. Die haben ganz bestimmt schon Auskunft bekommen.«
    Da bedankte Paula sich und lief weiter durch den Regen. Saschas Eltern konnte sie heute nicht mehr besuchen. Dazu war es schon zu spät. Außerdem ging es ja

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