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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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Strand« die Rede gewesen) tat sich die Promenade vor uns auf. Auf
     der anderen Seite ging es zum Strand hinunter. Ich lehnte mich gegen das hüfthohe Mäuerchen und sah in beide Richtungen. Der
     Strand war wirklich gewaltig groß; nach rechts verlor er sich, schien aber noch lange nicht aufzuhören. Hier und da standen
     Buden sowie einige Hotels, die das Wort »Bausünde« als den Euphemismus enttarnten, der es war, und auf dem Sand lagen Tausende
     Menschen. Im Wasser waren nicht sehr viele. Der Atlantik hatte um diese Zeit erst knapp fünfzehn Grad, trotz Golfstrom. Hier
     und da surfte jemand, am Horizont zogen zwei Frachtschiffe vorbei. Nina stöhnte.
    »Es gibt einsame Badebuchten«, sagte Birgit. »Aber nicht sehr viele. Und nicht auf dieser Seite der Insel.«
    Jens wollte ein Eis, und ich fand die Idee auch gut. Wir kletterten die steile, lange und baufällige Treppe hinab, er übernahm
     die Führung. Zielsicher trabte der Langzeitgedenker einer Bude entgegen, an der eine Fahne mit Langnese-Logo wehte. Offenbar
     hatte die schon ein paar Jährchen auf dem Buckel. Während Jens und ich unsere Magnums schleckten, diskutierten Birgit und
     Nina das weitere Programm. Sie entschieden sich für eine Inselumrundung.
     
    |60| Zwei Stunden später war ich deprimiert. Für einen Landschaftsfotografen, der auf vulkanische Formationen aus war, gab Canaria
     sicher einiges her, aber ich empfand es als überwiegend trostlos. Und beim Versuch, etwas anderes zu denken, wanderten meine
     Gedanken immer wieder zu Silke, was mich vollends fertigmachte. Gegen Mittag hielten wir in einem hässlichen Ort im Nordwesten,
     der gleichzeitig Fährhafen war. An einer Uferstraße versammelten sich mehrere Restaurants, vor denen Schlepper auf Touristenfang
     waren, aber es gab weniger Touristen als Restaurants. Wir setzten uns auf eine Terrasse, die mit Resopaltischen und klapprigen
     Metallstühlen vollgestellt war, es roch nach Fisch, Möwenkot und Schiffsabfällen. Ein Kellner schmiss aus drei Metern Abstand
     laminierte Speisekarten auf den Tisch und verzog sich sofort wieder. Die Karten waren in Kindergartendeutsch verfasst, also
     offenbar aus dem Spanischen ins Englische und von dort ins Deutsche übersetzt worden, und zwar von einem Menschen, der keine
     der drei Sprachen auch nur annähernd beherrschte. Wir amüsierten uns fünf Minuten lang über »Huchentucke«, was, wie wir vermuteten,
     von Kannibalen zubereitete, verängstigte Schwule sein mussten, bis Jens auf die Idee kam, dass damit nur »Hühn chenstücke « gemeint sein konnten, also Chicken Wings oder Frikassee. Da keiner von uns den Mut hatte, dieses Rätsel im Selbstversuch
     zu lösen, bestellten wir Fisch, was nach einhelliger Einschätzung auf einer Insel, die über eine gewisse Fischereitradition
     verfügen musste, das geringste Risiko zu sein schien. Doch weit gefehlt. Es war unterirdisch. Erstmals hatte ich eine Ahnung
     von Verständnis dafür, warum Leute Tausende Kilometer weit flogen und dann zu McDonald’s rannten.
    Die Krönung der Tour war die Anfahrt auf die Hauptstadt Las Palmas. Wir hielten auf einen etwas höheren Hügel zu, der wie
     ein fauliger Zahn aussah. Bis auf zwei Drittel seiner Höhe war er dicht bebaut, und das graustaubige obere Drittel wurde gerade
     planiert oder für Baumaßnahmen vorbereitet. Auf dem Mond musste es |61| schöner sein, dachte ich – selbst auf seiner erdabgewandten Seite. Wir ersparten uns die Stadtbesichtigung, weil es auf den
     späten Nachmittag zuging und wir alle müde und verschwitzt waren, zudem war der Gestank im offenen Wagen kaum noch auszuhalten.
     Am Hotel trennten wir uns wortlos, aber Birgit kam noch einmal zurück.
    »Wir sollten noch einen Versuch starten«, sagte sie etwas kläglich. »Es gibt wirklich schöne Flecken auf Gran Canaria.«
    »Das ist widersprüchlich«, sagte Nina leise.
    »Vielleicht sehen wir uns am Abend an der Bar«, schlug ich vor. »Und reden dann darüber.« Die beiden Frauen nickten, Nina
     allerdings ziemlich angepisst, und dann trottete Birgit davon, zu Jens, der am Hoteleingang stand und einen fünf Jahre alten
     Sportwagen betrachtete, als wäre es ein brandneues Modell.
    »Ich gehe schwimmen«, sagte ich und ließ Nina neben dem verbeulten Zweihundertsiebzig-Euro-pro-Tag-Jeep und einem hechelnden,
     völlig fertigen Bimbo zurück.

|62| 4.
    »Zwischenbilanz«, befahl Nina mehr, als dass sie es sagte.
    Ich nahm einen Schluck von meinem Drink und nickte.
    Wir hatten

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