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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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gerade das Abendessen hinter uns gebracht. Am Eingang zum Saal hatte man uns nach einiger Wartezeit in der Sitzplatzzuweisungsschlange
     darauf hingewiesen, eine Stunde zu früh zu sein, weil wir, wie auch aus den beim Check-in übergebenen Unterlagen hervorginge,
     in Gruppe
zwei
für das Abendessen eingeteilt waren, die heute erst um halb neun an der Reihe wäre, dafür morgen um halb acht. Alles Gezeter
     von Nina hatte nicht geholfen, obwohl es im Vergleich zum Mietwagengebrüll sogar noch etwas lauter geworden war. Wir kehrten
     nach einer Dreiviertelstunde zurück und saßen insgesamt anderthalb Stunden später an einem Acht-Personen-Tisch mit lauter
     Geronten. Das Durchschnittsalter sank durch unser Platznehmen auf ganz knapp unter siebzig. Die alten Damen – es waren ausschließlich
     Damen – grinsten unentwegt, eine von ihnen spielte dabei mit ihrem wackelnden Oberkiefergebiss. »Wenn sie nicht damit aufhört,
     kotze ich auf den Tisch«, flüsterte mir Nina ins Ohr. Ich ignorierte die Gänsehaut, die mir das verursachte, und fragte: »Wie
     gefällt es Ihnen hier?« in die Runde. Die Antwort war einhellig-positives Durcheinandergeschnatter ohne erkennbare oder verständliche
     Botschaft, aber es war deutlich, dass sich die Ladys anschließend damit überschlagen würden, uns ihre liebsten Gran-Canaria-Geschichten
     zum Besten zu geben; eine flog sogar schon seit dreißig Jahren auf diesen Schutthaufen. Wir entschuldigten uns und tingelten
     zum Buffet, das nicht viel liebevoller zurechtgemacht war als das vom Frühstück. Ich schnappte mir etwas, das Rindfleisch-Ähnlichkeit
     ausstrahlte, außerdem braunfleckige Fritten sowie ziemlich viel Salat, |63| der sogar recht frisch aussah. Nina beschränkte sich auf Obst und Fleischbällchen; regionale Küche schien es nicht zu geben.
     Ich ließ die Hälfte des Fraßes stehen und widmete mich dem Dessert. Pudding gab es nicht, aber wenigstens das Eis war ziemlich
     lecker – allerdings waren meine Lieblingssorten unerreichbar, weil sich Dutzende Blagen vor Vanille und Schoko drängten, um
     unglaubliche Mengen davon auf ihre Teller zu türmen. Zitrone und Erdbeere waren da auch in Ordnung. Die Rentnerinnen erzählten
     Reisegeschichten, wobei ihnen egal zu sein schien, ob wir zuhörten oder nicht. »Ich brauche eine Zigarette und einen Drink«,
     flüsterte Nina, und dann wechselten wir zur Bar. Chico hatte Dienst.
    »Die Hotel-Ausstattung ist in Ordnung«, begann ich meine Zwischenbilanz. »Die Zimmer sind okay und sauber. Das Essen ist ein
     Witz, diese faschistische Speisehalle kann einem alles verleiden, das ganze Ding ist vier Nummern zu groß, um sich hier wohlzufühlen.
     Die Angestellten sind irgendwie zauselig, sprechen aber alle Deutsch, all inclusive funktioniert nur mit Tricks, die Poolanlage
     ist groß, aber irritierend, und wenn man nicht sehr früh aufsteht, hat man offenbar nichts davon, was eigentlich keine Rolle
     spielt, da gleich nebenan eine Großbaustelle zu sein scheint. Übrigens findet in fünf Minuten eine Show im Veranstaltungssaal
     statt.«
    Nina, die ein ziemlich schickes Sommerkleid trug, schlürfte den Rest ihrer Pina Colada durch den Strohhalm und zwinkerte einem
     älteren Herrn zu, den das röchelnde Geräusch zu verwirren schien– vielleicht glaubte er, selbst der Verursacher zu sein. »Show«,
     sagte Nina, als sie mit beidem fertig war. »Sehen wir uns die Show an.« Sie drehte sich zum Tresen um, was Chico dazu veranlasste,
     sofort vom anderen Ende herangesaust zu kommen und Männchen zu machen. »Noch mal dasselbe zum Mitnehmen«, befahl sie grinsend.
    Da es sich nicht um ein Clubhotel handelte, also kein Animationsteam existierte, bestand die Hoffnung, wenigstens halbwegs |64| professionelle Darbietungen zu sehen. Auf der Bühne des Theatersaals, der gewisse Ähnlichkeit mit dem Speiseraum hatte, stand
     das Set für eine Musikkapelle. Zuerst aber trat ein Zauberer auf. Der Saal war nur zur Hälfte gefüllt. Er leerte sich um ein
     weiteres Viertel noch während seines Auftritts. Selbst die Gebissträger schienen das quälend langweilige Herumgehampel von
     Señor Fantastico und seine billigen Hobbytricks nicht zu würdigen. Die, die blieben, warteten vermutlich nur auf ihre Pfleger.
    Wir spielten eine Runde Tischtennis, die ich zu meinem Erstaunen ziemlich hoch verlor, und kehrten in den Saal zurück, wo
     gerade die Kapelle begann. Ich warf einen kurzen Blick auf die Bühne, während Nina einen Zweiertisch für

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