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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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du schon mal die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass Sitz einfach ein Idiot ist? Oder wenigstens einer, der dich verarscht?« |222| Ich versuchte ein aufmunterndes Lächeln, aber Nina hatte mich vermutlich kaum verstanden.
    »Du hast keine Ahnung«, nuschelte sie und schnappte sich die zweite Flasche.
    »Bitte um Verzeihung«, gab ich zurück. »Aber du auch nicht.«
    Sie nickte, dann wedelte sie mit der rechten Hand. »Lass mich bitte allein.«

|223| 6.
    Am nächsten Morgen ließ mich der Gedanke, dass MM hier auftauchen könnte, nicht mehr so kalt wie noch am Abend zuvor. Ich
     stellte mir das eher ziemlich unentspannt vor, vorsichtig ausgedrückt.
    Andererseits – ich war jetzt freier als frei, und Medsgers Attraktivität hatte während der letzten Monate höchstens geringfügig
     gelitten. Wenn sie mich unbedingt vögeln wollte – warum eigentlich nicht? Nicht jeder Mann bekam die Chance, eine solche –
     wie hatte Leitmann sie genannt? –
nymphomane Edelmatratze
zu pimpern.
    Warum also nicht? Nun, aus zwei Gründen. Der eine hieß Heino Sitz, und der andere machte sich gerade, wie an jedem Morgen
     seit ein paar Tagen, durch ein leichtes Kribbeln in meinem Schritt bemerkbar. Meine langsam nachwachsenden und dabei unbedingt
     juckenmüssenden Sackhaare waren ein deutliches Mahnmal dafür, wie wenig erfolgreich meine Nachbeziehungs-Affären bisher verlaufen
     waren. Eine hatte mich beklaut, die andere hatte mir Sackratten angehängt, und die dritte hatte sich direkt nach dem Sex umgehend
     einem anderen Stöpsler zugewandt.
    Außerdem gab es noch einen dritten Grund. Es war interessant und teilweise sogar schön, mal wieder Sex mit jemandem zu haben,
     den man noch nicht seit Jahren kannte. Auf der anderen Seite war es weit weniger spannend oder erfüllend, als ich mir das
     vorgestellt hatte. Zog man den Reiz des Neuen ab, blieben Leibesübungen, an deren Ende man schnaufend weißen Glibber in den
     Turnpartner beziehungsweise eine kleine Gummitüte absonderte. Ich lauschte in mich, dachte an Angela, Nadine und Janet. Nur
     von Letzterer gelang mir ein halbwegs scharfes Bild, ganz unzweideutig. |224| Das helle Haar und ihre feinen Hände. Beherrscht vom etwas beleidigten Gefühl des Verarschtwordenseins.
    Ich setzte mich in der milden Wärme der Morgensonne auf den Balkon und wühlte mich durch die Websites der Berliner Behörden.
     Mir war klar, dass ich die beiden Sachsen in Spanien hätte anzeigen müssen, damit die Polizei in dieser Sache aktiv werden
     würde. Immerhin aber war es noch Hehlerei, was sie gerade versuchten. Oder irgendwas in der Art jedenfalls.
    Da die Zeit ablief, hielt ich es für eine gute Idee, die Kripo auf den Beuteverkauf hinzuweisen, doch das gestaltete sich
     schwieriger als angenommen. Erst landete ich auf einer Wache, wo man nicht verstand, warum ich nicht entweder vorbeikäme,
     um Anzeige zu erstatten, oder irgendwo vor Ort auf einen Einsatzwagen warten wollte. Zwanzig Minuten und etwa genauso viele
     Beamte später hatte ich einen Hauptkommissar mit tiefer Kettenraucherstimme am Telefon, der mir mehrfach erklärte, was ich
     selbst längst wusste: dass ich den Diebstahl in Spanien hätte anzeigen müssen. Dann drang die Information zu ihm durch, dass
     die beiden ihren Raub im Internet versteigerten.
    »Da dürfte das BKA zuständig sein«, kehlkopfte er mir ins Ohr, dessen Körperanhängsel bis zu diesem Zeitpunkt noch
keinen einzigen
Kaffee zu sich genommen hatte. Der Beamte ließ sich trotzdem seelenruhig die Daten aller laufenden eBay-Auktionen nennen,
     um das dann weiterzuleiten. Ich versicherte, für den gestohlenen Laptop eine Rechnung mit Seriennummer zu besitzen, und hoffte,
     dass die nicht zu den Sachen gehörte, die Silke mitgenommen hatte. Als ich zum dritten Mal die Auktionsdaten mit ihm abglich,
     polterte es an der Tür. Mit dem Telefon am Ohr öffnete ich Nina, die in einem hellgrünen Strandkleid – das passte gut zu ihren
     goldbraunen, erstaunlich wachen Augen – vor der Tür stand und einen glitzernden Autoschlüssel um den rechten Zeigefinger kreisen
     ließ. Ich benutzte ebenfalls einen Zeigefinger, den meiner freien Hand, und bat sie um Ruhe. Hauptkommissar
Ernte 23
hatte es inzwischen |225| geschafft, ins Internet zu kommen, und las mir die Beschreibung meines Computers vor. Ich wies ihn auf die Fotos hin. Er brummte
     sinnfrei, notierte dann noch meine Telefonnummer und legte schließlich auf.
    »Kripo?«, staunte Nina.
    Ich erzählte ihr von

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