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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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und die Menschen im Pool mussten sich offensichtlich zwingen, nicht pausenlos den prominenten
     Gast anzustarren, was ihnen vollständig misslang. Es war wie seinerzeit beim Sitz-Empfang: Den Männern standen ihre Phantasien
     im Gesicht geschrieben, und die Frauen wünschten sich auf einen anderen Planeten oder wenigstens vorteilhaftere Badekleidung.
     Die schwarzhaarige Rädelsführerin des Pädophilen-Ausmach-Kommandos lag fünf Plätze weiter. Der Kontrast hätte größer kaum
     sein können. Aber sie war auch die Einzige, die Blicke in unsere Richtung unterließ.
    »Irgendwie nett hier«, strahlte das Exmodel, als ich eintraf, und dabei zwinkerte sie mir zu. »Vielleicht etwas bizarr. Aber
     nett.
Interessant

    »Tach«, sagte ich nur und warf mich auf die Liege neben von Papening, der dadurch zwischen mir und der Medsger saß. Der Stapel
     auf dem Beutetisch war anderthalb Meter hoch, meine Eroberung brachte ihn beinahe zum Einstürzen. Auf der uns gegenüberliegenden
     Pool-Seite gab es sogar noch freie Liegen, bemerkte ich staunend. Und das zur Rush-Hour.
    Und dann kam Nina. Wie angewurzelt blieb sie stehen und kniff kurz die Augen zusammen. Natürlich hielt sie einem direkten
     Körpervergleich nicht wirklich stand, aber auch Souveränität verleiht Schönheit, stellte ich fest. Der Reiz, den beide Frauen
     auf ihre je eigene Art ausübten, wurde jetzt sehr deutlich. Erstmals bekam ich eine Ahnung davon, was meinen Chef zur Hölle
     ritt.
    Nina nickte der Rivalin zu, gab dann Oliver die Hand und belegte den Platz neben mir. Sekunden später lag sie mit geschlossenen
     Augen und gleichmäßig atmend da. Entweder sie beherrschte sich bis zur Grenze der Selbstfolter, oder sie wusste wirklich mehr
     als alle Anwesenden.
    Ich rätselte beim vorletzten
Interpol -Album
, was Frau Sitz damit bezweckte, unter uns Pauschalisten zu verweilen wie seinerzeit Lady Di in afrikanischen Krisengebieten.
     Klar, da war noch |231| diese offene Sache zwischen uns, aber ich ahnte, dass ich mich an dieser Stelle überschätzte. Ich war bestenfalls ein Appetithappen
     für zwischendurch, ein Snack gegen den kleinen Hunger, über den man sich anschließend ärgerte, weil er die Zähne verklebte.
     Ein
Jüngelchen
. Ich spürte, wie sich meine Stirn in Falten legte.
    Der Edelmatratze wurde, wie nicht anders zu erwarten war, schnell langweilig. Plötzlich stand sie vor mir und streckte mir
     eine Hand entgegen, dabei sagte sie etwas, das ich nicht verstand, weil gerade »Evil« lief. Paul Banks sang in diesem Moment:
    It’s the smiling on the package, it’s the faces in the sand, it’s the thought that holds you upwards, embracing me with two
     hands.
    Ich zog die Ohrhörer raus.
    »Zeigen Sie mir die Anlage?«, trillerte die ehemalige V-Jayne.
    Ich sah zur Seite, Nina schlief. Von Papening verzichtete zwar inzwischen auf seine Yoga-Kinder-Anschau-Übung, aber sein melancholischer
     Blick war auf das Treiben im Pool gerichtet. Er schien dabei zu meditieren.
    »Warum nicht?«, fragte ich lahm zurück, innerlich hin und her gerissen, und griff nach der Hand. Die Neidwelle, die von den
     mit Männern besetzten Nachbarliegen herüberschwappte, hatte fast Tsunamistärke.
    Sie ließ meine Hand nicht los, als wir über das Gelände schlenderten. Ich versuchte zwar, mich ihr zu entziehen, aber sie
     intensivierte ihrerseits den Druck. Trotz des Altersunterschieds kam ich mir kleiner, jünger als sie vor. Ich hätte Gott weiß
     was dafür gegeben, wenn jemand ein Foto von uns gemacht hätte, das ich mir später würde anschauen können. Was nicht heißt,
     dass keine Fotos geschossen wurden. Als wir den Badebereich umkreisten, gruben Dutzende Touristen hektisch nach ihren Digitalkameras
     und Fototelefonen.
    »Was tust du hier?«, fragte ich, als das Poolgeschnatter nicht mehr zu hören war. Wir passierten die Tenniscourts, auf denen
     Menschen schwitzend durch den roten Staub hechelten, bei fast |232| dreißig Grad im Schatten und einer erbarmungslos herabknallenden Sonne.
    Medsger lächelte. »Ich bin Heino nachgeflogen. Sogar er unterschätzt mich.« Dabei verzog sie das Gesicht, das aber nichts
     von seinem Glanz verlor. »Als er plötzlich angekündigt hat, kurzfristig nach Mallorca zu müssen, geschäftlich, war mir sofort
     klar, was er tatsächlich hier wollte. Leider habe ich erst einen Flug für den nächsten Tag bekommen.« Sie blieb stehen und
     stellte sich mir in den Weg. »Kann es sein, dass er deine

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