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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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hundert Gästen auf einem Arm trägt.
     Schließlich überließ ich ihr wieder das Steuer.
    »Warum bist du heute so gut drauf?«, fragte ich, als wir einen Trecker an unübersichtlicher Stelle – Höchstgeschwindigkeit
     40 km/h – mit etwa hundertsechzig Sachen überholten.
    Sie drehte sich kurz zu mir, während das Mörderauto auf eine Hügelkuppe zuhielt, auf der linken Spur, wandte ihre Aufmerksamkeit
     aber sofort wieder der Straße zu.
    »Ich hatte heute Morgen ein längeres Gespräch«, grinste sie. Und dann, nach einer kurzen Pause: »Alles wird gut.«
     
    »Das war ein schöner Tag«, sagte Nina, als wir uns kurz vor Mitternacht trennten. Sie hauchte mir sogar einen Kuss auf die
     Wange.
Möglich
, dachte ich. Aber Porscheausflüge gehörten eigentlich nicht zu unserem Programm. Und was immer ihr Heino Sitz am Morgen erzählt
     hatte –
ich
glaubte kein Wort, ohne auch nur eines näher zu kennen.

|228| 7.
    Am nächsten Vormittag fuhren wir mit der Silberwaffe in die andere Richtung, um eine Badebucht, eine »Calla« zu finden. Das
     gelang uns auch, weil das High-End-Navi wusste, wo man hinzufahren hatte.
    Eine schmale Schlucht zog sich bis zum Wasser hin. Kurz vor dem Strand stand ein sandfarbenes, sechsstöckiges Hotel aus den
     Sechzigern, das auf irgendwie
rockige
Art hierher passte. Über rostenden Balkongittern hingen Hunderte Handtücher. Die grünen Hänge hatte man für spanische Verhältnisse
     unspektakulär und zurückhaltend bebaut. Es war nett hier, von den etwa zweitausend Urlaubern abgesehen, die auf die gleiche
     Idee gekommen waren. Die Strandsichel war mit Sonnenschirmen, Luftmatratzen und Badetüchern geradewegs gepflastert. Vom Wasser
     drang Geschrei zu uns, als wir einen Drei-Quadratmeter-Flecken in Beschlag nahmen. Im seichteren Bereich spielten pubertierende
     Mädchen, denen die McDonald’s-Bäuche über die Bikinihosensäume hingen, eine Art Tennis mit Holzschlägern, die Frühstücksbrettchen
     ähnelten.
    Ich ging ins blauklare, relativ laue Wasser, schwamm zwischen Gruppen hindurch und stieß mit einem Schnorchler zusammen. Der
     Wind wehte kräftig in diese Bucht, weshalb wir in den wenigen Minuten, die wir vor Ort waren, einem halben Dutzend Sonnenschirmen
     beim Davontrudeln zugesehen hatten. Die Urlauber ordneten ihre Aufbauten stoisch neu, und dann kam der nächste Windstoß. Steine
     zur Befestigung waren rege nachgefragte Mangelware.
    Nach etwa zwanzig Metern begegneten mir die ersten Abfälle. Erst Klarsichtverpackungen von Zigarettenschachteln, dann Schokoriegelpapier, |229| schließlich zwei Tampons, ein grünschillerndes Plastikirgendwas, wieder Mars-Papier undsoweiter. Je weiter ich hinausschwamm,
     desto dichter wurde die Müllphalanx.
    »Das liegt am Wind«, sagte eine hübsche Frau, die zwei Meter neben mir kraulte und offenbar bemerkt hatte, wie ich jeden Gegenstand
     einer Prüfung unterzog.
    »Das liegt an den Leuten«, widersprach ich. »Der Wind hat das Zeug nicht ins Wasser geworfen.«
    Sie nickte lächelnd und tauchte dann unter.
    An der Stelle, an der die Bucht ins Meer überging, bildeten die Zeichen der Zivilisation eine geschlossene Linie. Ich tauchte
     darunter durch und schwamm noch ein-, zweihundert Meter hinaus. Das Wasser wurde drastisch kälter. Als ich zum Strand zurückkehrte,
     fror ich.
     
    Nach einem späten Mittagessen im Restaurant des Rockhotels fuhren wir zum Club zurück. Nina brachte die Autoschlüssel zur
     Rezeption, für danach verabredeten wir uns am Pool.
    Es hatte durchaus was, wie Marejke Medsger im silbernen, knapp geschnittenen Einteiler neben Oliver von Papening thronte,
     der an ihrer Seite mit seiner Spielzeugbrille wie ein Irrenhaus-Ausbrecher wirkte. Medsger trank Perlwein aus einem filigranen
     Kristallglas, das man vermutlich extra für sie eingeflogen hatte. Mir jedenfalls war in diesem Laden bisher nur Einfachstgeschirr
     präsentiert worden. Neben ihrer Liege stand ein glänzender Champagner-Kühler, aus dem der Kopf einer solchen Flasche ragte,
     sauber umwickelt mit einem strahlendweißen Damasttuch. MM saß auf einem riesigen, sehr kuschelig aussehenden Badetuch mit
     dezentem Gucci-Logo. Selbst im Sitzen war die Liege kaum lang genug für ihre endlosen braunen Beine. Neben ihr auf dem Fußboden
     stand ein Prada-Täschchen, auf dem ein diamantgeschmücktes Mobiltelefon thronte. Der Wert des gesamten Arrangements ließ sich
     kaum in natürlichen Zahlen ausdrücken.
    |230| Die Besatzungen der Nachbarliegen

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