Pauschaltourist
meinem Auktionsfund.
»Wow, was für Spastis. Wie kann man sich so blöd anstellen?«
»Spasti sagt man nicht mehr.«
»Zu wem?«
Oliver von Papenings Dankbarkeit reichte weiter als nur bis zum Nobelfranzosen im mallorcinischen Wald. Er hatte Nina über
die Hotelrezeption mitteilen lassen, dass ein Mietwagen zwei Tage zu unserer freien Verfügung stünde. Und zwar nicht irgendeiner.
Nina drängte mich, die Badesachen zu packen. Es war kurz nach zehn, und ich hatte immer noch keinen Kaffee gehabt.
»Den holen wir uns unterwegs. Komm, dieses Geschoss musst du sehen.«
Es war ein Cabrio, eines, das markentechnisch zu Ninas Brille passte. Ein silberner Porsche Neunundsoweiter. Selbst ich verspürte
jetzt den Wunsch, Auto zu fahren.
»Wir sind beide als Fahrer eingetragen, keine Ahnung, wie er das ohne unsere Dokumente geschafft hat«, grinste sie. »Aber
ich zuerst.«
Und wieder hatten wir die volle Aufmerksamkeit der Clubbesatzung, als wir vom Hof dröhnten. In Nullkommanochweniger fuhren
wir mit hundertdreißig die staubige Nebenstraße entlang, und als ich mich umdrehte, war die Welt hinter uns im Staub verschwunden.
»Gemach«, brüllte ich.
»Scheiß drauf!«, schrie Nina. »Wo geht’s hier zur Autobahn?«
»Nee«, protestierte ich und schluckte staubigen Speichel. »Erst mal was, wo’s Kaffee gibt.
Bitte. «
Wir fanden ein lausiges Café an der Landstraße, wo es Koffeingetränke |226| gab, die sogar meine Ansprüche erfüllten. Ich gönnte mir drei große Tassen, während Nina Landkarten studierte.
»Von Palma führt eine sechsspurige Autobahn bis nach Port d’Alcudia im Nordosten«, erklärte sie, während ich der Wirkung des
Kaffees auf meinen Körper nachlauschte. »Das sollten wir tun.«
»Gibt’s Geschwindigkeitsbegrenzungen?«, fragte ich und sah durch das verschmierte Fenster auf den silbernen Sportwagen, der
wie eine schussbereite Waffe im Sonnenschein lauerte.
»Möglich«, grinste Nina. »Aber interessiert uns das?«
Nö, natürlich nicht. Wir brachten den Weg bis nach Palma hinter uns, indem wir praktisch ständig auf der Gegenfahrbahn fuhren
und nur ausnahmsweise auf die Spur der Autos zurückkehrten, die wir überholten, und dann führte uns das Navi der Edelschüssel
auf den Highway. Hundertzwanzig zeigten die Schilder. Maximal.
»Wie lächerlich«, sagte Nina und trat aufs Gas.
Bei zweihundertfünfzig spürte ich meine Kopfhaut nicht mehr. Das war tatsächlich eine Geschwindigkeit, bei der es kein Entkommen
gab, wenn etwas Unvorhergesehenes geschah, aber ich musste Nina recht geben. Es war einfach geil. Nach nur zwanzig Minuten
erreichten wir das nordöstliche Ende der Autobahn. Als meine Fahrerin die Geschwindigkeit drosselte, klappte ich den Schminkspiegel
aus. Meine Frisur entsprach derjenigen von Stan Laurel. Was mir einen Stich versetzte, denn ich musste an die Kater denken.
Wir stolperten durch den hübschen Ort, staunten über die netten Bauten und die viele Natur der Umgebung, aßen etwas und kachelten
dann weiter über die Insel, kreuz und quer. Währenddessen fürchtete ich abwechselnd um mein Leben und das Wohlergehen des
Autos. Ich hatte keine genaue Ahnung, was so eine Schleuder kostete, nahm aber an, dass es mein Jahresgehalt bei weitem übertraf
– selbst wenn ein Gehaltsjahr aus fünf normalen bestehen würde.
»Jetzt du, Tiger«, sagte Nina, als wir in Port d’Andratx wieder an Bord gingen. Vorher waren wir inmitten uniformierter Tourimassen |227| im Vier-S-Outfit durch den Nobelort marschiert, in dem Urlaub zu machen sich keiner von denen leisten konnte. Einige von ihnen
umstanden den Porsche, und einer lehnte sogar lässig an der Fahrertür, während seine weibliche Begleitung ein Foto schoss.
Vermutlich hatten während unserer Besichtigungstour sogar Leute im Auto
gesessen
. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich es genoss, mich an diesen Menschen vorbeizudrängen und auf dem Fahrersitz
Platz zu nehmen. Ich ließ den Motor unnötig laut aufheulen, und dann würgte ich die Karre beim Ausparken ab.
»Das ist mit Tiptronic eigentlich unmöglich«, lachte Nina.
Beim zweiten Versuch klappte es besser, und dann fuhr ich etwa eine Million Mal zaghafter als Nina erst eine kurvenreiche
Landstraße und dann ein Stück Autobahn entlang. Sie nörgelte pausenlos, dass das Gaspedal unten rechts wäre und dass man es
treten
müsse, um auf Speed zu kommen, aber ich fühlte mich wie ein Kellner, der die Hauptgänge von
Weitere Kostenlose Bücher