Pausenbrot und Pradatasche: Roman (German Edition)
sei ich nicht ganz richtig im Kopf. » Liest du denn nicht die Zeitung, Susie?« Er stöhnte auf. » Überall im Land müssen die Leute auf den Krankenhausfluren liegen, weil keine Betten frei sind. Und zwar Leute, die wirklich krank sind.«
Habe den Verdacht, Joe glaubt, dass ich nur simuliere. Wahrscheinlich denkt er auch, ich sei nicht über die aktuelle Lage informiert. Zugegeben, normalerweise lese ich nur den Mode- und den Haushaltsteil der Zeitung. Aber wenigstens weiß ich, was eine Chartreuse ist. Außerdem könnte meine geheimnisvolle Krankheit sich ausgezeichnet als Thema für Talk mit Dee und Fran eignen– insbesondere, wenn ich einen frühen Tod sterbe. Dann wäre es womöglich eine Nachrichtenmeldung wert.
19. März
Elaine ist aus dem Krankenstand zurück. Sie ist zwar bereit, weiter mit mir zusammenzuarbeiten, allerdings nur, bis sie einen besseren Posten bekommt. Außerdem hat sie mir die strikte Anweisung erteilt, sie unter gar keinen Umständen anzusprechen– nicht einmal, um sie zu warnen, falls Brad Pitt hereinspazieren sollte, damit sie rechtzeitig die Zahnschiene herausnimmt.
Als ich nach Hause kam, verkündete Katie, sie wolle Vegetarierin werden.
» Brandon isst kein Fleisch mehr«, fügte sie im Brustton der Überzeugung hinzu. » Er sagt, er will sich auf die Kohlenhydrate konzentrieren, um schneller zu schwimmen.«
» Aber Katie, du gehst doch gar nicht mehr schwimmen«, wandte ich ein. Mich dabei gefragt, wovon ich sie ernähren soll, wenn ich ihr keine Würstchen mehr geben kann.
» Das macht nichts, Mummy.« Sie schmollte. » Ich will Kohlenhydrate wie Brandon.«
Bin entsetzt. War mindestens fünfundzwanzig, bis ich wusste, was ein Kohlenhydrat ist.
20. März
Joe auf der Suche nach seinem Markenzeichen.
» Was meinst du damit?«, erkundigte ich mich. Dachte, er wolle vielleicht eine neue Marke entwickeln, um uns aus unserer finanziellen Misere zu retten. Der, von der er noch nichts ahnt.
» Du stellst vielleicht Fragen«, seufzte er. » Natürlich ein Gericht, das ich selbst erfunden habe und das das gewisse Etwas hat.«
» Ach so«, meinte ich. Das Interesse verloren. » Tja, Eiscreme von Häagen Dazs hat das gewisse Etwas. Vielleicht kannst du ja damit etwas anfangen.«
» Susie«, tadelte er, » Eiscreme kommt überhaupt nicht in Frage. Ich bin schließlich nicht mehr fünf.«
Bin stinksauer. Wollte doch nur helfen. Habe manchmal den Eindruck, Joes neue Berufung ist schuld daran, dass er sich allmählich wie ein herrschsüchtiger Küchenchef gebärdet.
PS: Katies neuer Lieblingssatz lautet, sie werde nichts essen, was ein Gesicht hat. Zum Glück konnten wir uns darauf einigen, dass Kartoffelgesichter aus der Tiefkühltruhe weiterhin zum Verzehr geeignet sind.
PPS: Jack ist verdächtig still. Außerdem hat er seit mindestens drei Tagen nicht versucht, seine Zahnbürste im Klo runterzuspülen. Irgendetwas ist da eindeutig im Busch. Hoffentlich fühlt er sich nicht benachteiligt, weil ich für seinen morgigen Geburtstag keine supertolle Feier eingeplant habe.
21. März: Jacks Geburtstag
Jacks Kindergärtnerin rief mich im Büro an und wollte mich dringend sprechen. Habe Elaine mitgeteilt, dass ich unerwartet wegmüsse und die Zeit nacharbeiten würde.
» Sie fehlen so oft, Susie.« Elaine grinste hinterhältig. » Hoffentlich bekommen Sie keinen Ärger mit der Chefetage. Aber so ist es eben mit berufstätigen Müttern«, rief sie laut, während ich nach meiner Handtasche suchte. » Sie zeigen einfach zu wenig Engagement, wenn Sie verstehen, was ich meine.« Mit diesen Worten fuhr sie fort, ihre Bebo-Seite zu aktualisieren.
Als ich den Kindergarten betrat, machte Jacks Erzieherin ein finsteres Gesicht.
» Ich fürchte, Mrs Hunt«, begann sie mit düsterer Miene, » dass wir Jack auffordern müssen, unseren Kindergarten zu verlassen, falls sich sein Sozialverhalten nicht bessert.«
» Warum?«, entsetzte ich mich. War erschrocken, dass man mit dem Gedanken spielte, meinen Sohn an die Luft zu setzen und ihm damit für immer die Schullaufbahn zu verbauen. » Was ist denn passiert?«
» Er benimmt sich von Tag zu Tag schlechter«, entgegnete sie eisig. » Er weigert sich stillzusitzen. Er hält sich beim Ausmalen nicht an die Linien. Er kann sich schlecht konzentrieren. Soll ich fortfahren?«
» Heute ist doch sein Geburtstag«, flehte ich. Konnte nicht fassen, dass es inzwischen als Verbrechen gilt, sich beim Ausmalen nicht an die Linien zu halten.
» Mag sein«,
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