Pausenbrot und Pradatasche: Roman (German Edition)

Schokokeks in seinen Kaffee mit Bailey’s und lutschte aufreizend daran.
    Fand, dass der Einwand etwas für sich hatte. Bin jedoch nicht sicher, ob Joe seine Ansicht teilt. Habe ihn nämlich dabei ertappt, wie er Max mindestens sechsmal finstere Blicke zuwarf. Wahrscheinlich ärgert er sich, weil er dieses Jahr wieder auf ein richtiges Weihnachtsessen verzichten musste. Vielleicht sollte er ja auch seine weibliche Seite besser kennenlernen. Werde ihm im Schlussverkauf im Januar die Gesamtausgabe von Queer Eye for the Straight Guy kaufen. Glaube fest daran, dass ihn das feinfühliger machen wird.

28. Dezember
    Bin in großer Sorge, dass das Konzert von Westlife jetzt ohne uns stattfinden könnte. Wünsche mir wirklich sehnlichst, eine durchtrainierte, sonnengebräunte und hinreißende Boygroup mit eigenen Augen und aus der Nähe zu sehen. Deshalb Mrs H. angerufen, um festzustellen, ob wir nun, nachdem sie ihren Zweitsohn samt Liebhaber verstoßen hat, noch immer willkommen sind.
    » Ich lege die Karten unter die Fußmatte«, erwiderte sie. » Nach allem, was ich durchgemacht habe, könnte ich den Anblick nicht ertragen.«
    » Aber du magst Westlife«, protestierte ich. » Vielleicht sollten wir den dummen Streit vergessen und alle gemeinsam hingehen.«
    » Du hast recht, Susie«, antwortete sie. » Ich mag Westlife, und vielleicht wäre es die letzte Gelegenheit gewesen, die Gruppe vor meinem jederzeit möglichen Tod zu sehen. Doch wenn David diesen Menschen mitbringt, kommt es nicht in Frage.«
    Erschöpft aufgelegt. Kein Wunder, dass Dr. Phil in letzter Zeit ein wenig müde wirkt. Ständig als emotionale Krücke für andere Leute herhalten zu müssen, saugt einen aus.
    David um Mitternacht eingetroffen. Max und ich sahen uns gerade einen Film mit Shirley Temple an und tranken dazu Cappuccino, während Joe, in ein dickes Kreuzworträtselbuch vertieft, in der Ecke saß. (Ein weiteres wundervolles Geschenk, das ich in letzter Minute im Einkaufszentrum erstanden habe.)
    » Wie bist du hergekommen?«, fragte Max. Musste feststellen, dass er offenbar nicht sehr erfreut über Davids Ankunft war.
    » Ich habe ein nettes kleines Cabrio gemietet und bin gefahren.« David zog die Nase hoch. » Oh, Maxie, Mum sagt, wir dürften nie wieder einen Fuß über ihre Schwelle setzen«, fügte er bedrückt hinzu. Max streichelte seinen Arm und verzog niedlich und besorgt das Gesicht (obwohl es ihn vermutlich ein bisschen ärgerte, dass er jetzt Shirleys reizenden Stepptanz verpasste. Habe ihn nämlich dabei ertappt, dass er über Davids Kopf hinweg heimlich die Augen verdrehte).
    » Das kannst du ihr wohl kaum zum Vorwurf machen«, höhnte Joe. » Es gibt verschiedene Wege, seiner Mutter beizubringen, dass man schwul ist. Es mit deinem Freund in ihrem Wohnzimmer zu treiben, war anscheinend nicht die richtige Methode.«
    Sofort begann David laut zu schluchzen. Habe ihm daraufhin erzählt, dass wir zu einem Konzert von Westlife gehen, was ihn sichtlich aufmunterte. » Glaubst du, sie singen ›Mandy‹?«, schniefte er.
    » Bestimmt, David, bestimmt«, sagte ich.
    Gehört, wie Max ein Prusten unterdrückte, als ich David in die Arme nahm, und er, leise weinend, den Kopf an meine Schulter lehnte.

29. Dezember
    Das Konzert von Westlife war ein Traum. Die Jungen sahen in ihren makellos weißen Anzügen und den silbernen Schuhen so männlich aus (vielleicht kann ich Joe ja zu diesem Stil überreden– ist wirklich sehr sexy). Bin sicher, dass Shane mir genau in die Augen geschaut hat, als er » Flying Without Wings« sang. Sein Welpenblick ist wirklich tiefsinnig. Zwischen uns bestand eindeutig eine besondere Verbindung. Habe allerdings den Verdacht, dass David genauso empfand. Beobachtet, wie er bei » Mandy« versunken hin und her schwankte, während ihm die Tränen übers Gesicht liefen. Es war wirklich rührend, obwohl einige Zuschauerinnen sich unmanierlich gebärdeten und ihre Höschen auf die Bühne warfen. Zum Glück ließen die Jungen das an sich abperlen und achteten nicht auf die durch die Luft fliegenden Wäschestücke, was ich sehr stilvoll von ihnen fand.
    Hatte ein leicht schlechtes Gewissen, weil Mrs H. den Spaß verpasst hat. Mir aber Mühe gegeben, nicht darauf zu achten. Bin schließlich nicht verantwortlich für ihre Gefühle. Wahrscheinlich wäre sie sowieso schockiert wegen der Höschen gewesen.

30. Dezember
    David hat den Vormittag damit verbracht, Katie eine französische Maniküre zu verabreichen, und dann für