Pausenbrot und Pradatasche: Roman (German Edition)
woran ich eine Verrückte erkennen kann?«, fragte ich.
» Da bin ich nicht so sicher.« Sie kicherte. » Manchmal lässt sich nur schwer feststellen, ob jemand spinnt– insbesondere beim ersten Treffen.«
» Komm schon, Lou, hilf mir«, flehte ich. » Ich traue deinem Urteil.« (Den letzten Satz hinzugefügt, um ihr zu schmeicheln, obwohl ich wegen der Wahl ihres Kindsvaters insgeheim meine Zweifel habe.)
» Also gut«, seufzte sie. » Aber wir müssen es richtig angehen. Ich mache keine halben Sachen. Zuerst wirst du eine Wunschliste deiner Anforderungen an die Kandidatin aufstellen. Dann meldest du dich wieder bei mir.«
Bin schrecklich erleichtert, weil es mir gelungen ist, sie zu überreden, mich bei der Auswahl des besten, zuverlässigsten und am wenigsten psychotischen Mädchens, das Katie und Jack während meiner Abwesenheit betreut, zu unterstützen. Mache mir dennoch ein wenig Sorgen, da sie darauf beharrt, dass frei erfundene Angaben in einem offiziellen Formular den Straftatbestand des Betrugs erfüllen und mit bis zu zehn Jahren Gefängnis geahndet werden. Das kann doch nicht stimmen. Promis, die gegen ihre Bewährungsauflagen verstoßen, kriegen dafür nur ein paar Tage Knast– und anschließend jede Menge lukrativer Fernsehverträge.
2. Februar
Habe, wie von Louise empfohlen, eine ausführliche Liste der Anforderungen an die Kandidatin aufgestellt.
Erwünschte Eigenschaften der Person, die sich bei mir als Kindermädchen bewirbt:
Bewerberin muss einen festen Händedruck haben und während des ganzen Gesprächs den Blickkontakt halten (darf mich allerdings nicht unheimlich und übertrieben eindringlich anstarren, bis ich schreiend die Flucht ergreife).
Bewerberin muss gepflegt und vorzeigbar, soll jedoch weder nuttig noch zu stark geschminkt sein. (Merke: Abgekaute Nägel könnten darauf hinweisen, dass die Bewerberin schwache Nerven hat und möglicherweise überfordert ist, wenn man von ihr verlangt, je nach Laune abends drei verschiedene Gerichte zu kochen.)
Bewerberin muss auch schwierigen Fragen standhalten. (Schweißperlen auf der Stirn könnten ein Indiz dafür sein, dass die Bewerberin schlecht mit Stresssituationen zurechtkommt und vermutlich Probleme damit haben dürfte, Jack mindestens dreimal täglich vom Tisch zu locken.)
Bewerberin muss Beweise dafür vorlegen, dass sie im Rahmen einer früheren Tätigkeit bereits mit ähnlichen Pflichten betraut war. (Merke: Das Verkaufen von Hamburgern bei einer Fastfood-Kette zählt nicht als Kinderbetreuung.)
Bewerberin muss Sinn für Humor haben. Berufserfahrung als Komikerin, Jongleurin oder Zirkusartistin bringt Pluspunkte.
Habe versucht, mit Katie das Bewerbungsgespräch zu üben. Doch sie verweigerte die Mitarbeit und vollführte stattdessen komplizierte Tanzschritte im Wohnzimmer, während Jack um sie herumwirbelte und sich am Spagat versuchte.
3. Februar
Louise erschien um halb zehn, bewaffnet mit einem Klemmbrett und Dargan in einem BabyBjörn vor die Brust geschnallt.
» Ich wollte heute Morgen einen Probelauf veranstalten«, erwiderte sie mit ernster, professioneller Miene, als ich ihr mitteilte, sie sei einen Tag zu früh dran. » Wo soll das Bewerbungsgespräch denn stattfinden, Susie?«
» Äh, am Küchentisch?« Mich gefragt, ob ich eine ausrollbare Leinwand hätte anschaffen sollen, um eine PowerPoint-Präsentation zu halten.
» Vielleicht sollten wir es mit dem Wohnzimmer versuchen«, entgegnete sie und musterte mich zweifelnd. » Ich glaube, in der Küche stimmt die Atmosphäre nicht.«
» Aber dort verbringen wir die meiste Zeit«, protestierte ich.
» Genau, und das sieht man ihr auch an«, ermahnte sie mich. » Schließlich wollen wir das richtige Bild vermitteln, und ein Haufen schmutziges Geschirr und Kritzeleien eignen sich dafür ganz und gar nicht, wenn du verstehst, was ich meine.«
Als sie ins Wohnzimmer marschierte, trottete ich hinterher. War erleichtert, dass ich vorhin noch rasch aufgeräumt und die Haufen niveauloser Klatschzeitschriften hinters Sofa geschoben hatte.
» Das wird wohl genügen müssen«, verkündete Louise, setzte sich und nahm einen braunen Umschlag aus der Tasche.
» Was ist das?«, fragte ich.
» Ein Dossier der Bewerberinnen«, antwortete sie. » Ich habe sie gegoogelt, um mich zu vergewissern, dass sie nicht vorbestraft sind.«
» Vorbestraft?«, stammelte ich.
» Aber ja. Sie scheinen alle sauber zu sein. Doch wir wollen uns Notizen machen, ihre Referenzen überprüfen und
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