Pausenbrot und Pradatasche: Roman (German Edition)
gefordert, wie sie bloß auf den Gedanken gekommen ist, ich könnte ein Transvestit sein.
» Sie haben selber TV gesagt«, greinte sie. » So habe ich es mir notiert.«
» Mit TV meinte ich Fernsehen.« Hätte ihr am liebsten den Hals umgedreht.
» Oh, tut mir leid. Ich bin neu, und in der Arbeitsanweisung, die die Abteilungsleiterin mir gegeben hat, heißt es, dass ›TV‹ für Transvestit steht. Also dachte ich, ich schreibe es besser aus.«
» Wie können Sie mir unterstellen, dass ich als Transvestit arbeite?«, empörte ich mich. » Ich wohne in einem Vorort, verdammt. Und jetzt will ich Ihre Abteilungsleiterin sprechen.«
» Oh, bitte, verraten Sie ihr nichts.« Sie brach in Tränen aus. » Ich habe ohnehin schon genügend Ärger am Hals.«
» Warum? Was haben Sie denn angestellt?«, fragte ich, plötzlich neugierig.
» Bei uns rufen alle möglichen komischen Leute an«, erwiderte sie. » Letzte Woche hatte ich einen Amerikaner am Apparat, der eine Suchanzeige für Damenschuhe Größe 46 aufgeben wollte. Als ich ihn gefragt habe, ob er noch richtig tickt, ist er ausgeflippt. Noch eine Abmahnung, und ich fliege raus.«
Mit dem Mädchen langes Gespräch über den Ami und seine geheime Leidenschaft geführt, die Unterwäsche seiner Frau zu tragen. » Sagen Sie mir, wo er wohnt«, flehte ich. » Vielleicht kenne ich ihn ja.«
» Verzeihung, aber das darf ich nicht«, entgegnete sie. » Dann verliere ich meinen Job. Doch wenn Sie mich Ende der Woche anrufen, erzähle ich Ihnen, ob noch etwas Lustiges passiert ist.«
Beruhigt aufgelegt. Wenigstens habe ich durch die Verwechslung von einem wundervollen Skandal erfahren. Bin außerdem sicher, dass der Fehler niemandem auffällt. Wer liest schon dieses Schmierenblatt?
PS: Sollte vielleicht Angelica um Rat bitten. Wenn jemand sich in Sachen Kinderbetreuung auskennt, dann ja wohl sie. Gerüchten zufolge hat sie in diesem Jahr bereits drei Kindermädchen verschlissen.
PPS: Habe schon fünf anzügliche Nachrichten auf dem Mobiltelefon. In keiner davon geht es um seriöse Kinderbetreuung. Bin schockiert über das Treiben vermeintlicher Normalbürger in den Vororten. Wer weiß, was die alte Mrs Kenny von nebenan so anstellt?
31. Januar
Den Nachmittag damit verbracht, mich im Internet bei einer Au-pair-Agentur anzumelden. Laut Webseite werde ich so im Handumdrehen zu einem jungen Mädchen kommen, das sich voller Tatendrang um Katie und Jack kümmert, leichte Hausarbeiten erledigt, kocht und fast nichts kostet. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie den Kindern beim Abendessen ihre Muttersprache beibringen kann. Schließlich ist allgemein bekannt, dass Kinder manchmal sogar dreisprachig werden, wenn man nur früh genug damit anfängt. Weiß nicht, warum mir das nicht schon eher eingefallen ist. Allerdings ging der Online-Fragebogen grässlich ins Detail. Habe deshalb beschlossen, ein bisschen zu schummeln, um mich von der Masse abzuheben. Da das übliche Praxis ist, gibt es daran nichts auszusetzen. Außerdem wird wohl kein Au-pair-Mädchen ernsthaft an eine Villa mit eigenem Dienstbotentrakt glauben. Nicht in einem Vorort von Dublin.
1. Februar
Auf meine Online-Bewerbung fünf Antworten erhalten. Klangen alle sehr interessant, weshalb ich mich nicht entscheiden kann. Habe nach ewigem Brüten die Auswahl auf drei Kandidatinnen begrenzt. Die anderen beiden fielen wegen ihrer seltsamen Hobbys aus dem Rennen.
Tanzen an der Stange mag unter Promis der letzte Schrei sein. Bin aber nicht sicher, ob ich möchte, dass mein Au-pair-Mädchen es Tag und Nacht und unter meinem Dach betreibt. Außerdem ist die Installation einer Stange sicher sündhaft teuer– vom ruinierten Parkett ganz zu schweigen.
Moriskentanz ist einfach nur schräg.
Louise angerufen, um ihr die gute Nachricht zu überbringen.
» Sei bloß vorsichtig«, warnte sie. » Viele dieser Mädchen hatten noch nie mit Kindern zu tun. Sie lügen in ihren Bewerbungen, was ich wirklich eine Gemeinheit finde.«
» Du hast recht«, stimmte ich ihr ernst zu. » Es sollte verboten werden, in einem Formular falsche Angaben zu machen. Aber welche der Kandidatinnen soll ich nehmen? Sie klingen alle reizend.«
Louise lachte. » Pass nur auf, dass sie nicht zu reizend ist, Susie. Vergiss nicht, dass du sie Tag für Tag sehen wirst… und Joe ebenfalls.«
» Du hast doch jede Menge Erfahrung im Personalbereich, oder?« Hatte plötzlich zündende Idee.
» Nun ja, in der Technologiebranche«, antwortete sie.
» Weißt du,
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