Pausensnack
und sie haben genauso viel Schiss wie wir. Jedes Mal, wenn das Licht ausgeht, kreischen sie los. Die totalen Arschlöcher.«
Er sieht nach links, dann wieder in die Kamera.
»Megan ist nicht wieder zu sich gekommen. Die haben sie in einen Nebenraum gepackt, damit sie sie nicht sehen müssen. Weil sie denken, dass sie stirbt oder so.«
Er sieht noch einmal nach links.
»Ich glaube, da kommt jemand. Muss los. Später mehr.«
Der Bildschirm wird dunkel.
***
Der Bildschirm wird wieder hell.
Man sieht Bewegungen. Schläge, Tritte. Leute brüllen, schreien. Die Kamera wackelt sehr; man kann zunächst kaum erkennen, was passiert.
[Dougie, von hinter der Kamera]
»Lasst sie in Ruhe! Hände weg von ihr!«
Die Kamera kommt zur Ruhe. Wir sehen Todd auf dem Boden, bewusstlos. Dann weiter rechts zwei große Jugendliche, die ein jüngeres Mädchen zwischen sich festhalten, auf Armeslänge. Es ist Megan. Sie schnappt mit den Zähnen, Speichel fliegt, sie versucht sich loszureißen. Die Kamera zoomt zurück und wir sehen Lorna, die kreischt und von einem älteren Mädchen zurückgehalten wird.
[Dougie]
»Hört auf! Lasst sie los!«
Megan entwindet sich dem einen Jugendlichen und stürzt sich auf den anderen, gräbt ihre Zähne in seine Nase und reißt schüttelnd daran wie ein Hund. Er schreit schmerzerfüllt auf und versucht sie wegzustoßen, aber sie wirft ihn um.
Von außerhalb des Bildes kommt ein weiterer Jugendlicher angesprungen. Metall blitzt auf und Megan bekommt ein Messer in den Rücken gestoßen.
Dougie schreit, die Kamera wackelt. Lornas Kreischen aus dem Off steigert sich noch.
Megan zuckt nicht einmal. Der Jugendliche zögert, zieht das Messer wieder heraus und stößt es ihr zwischen die Schultern. Diesmal zieht sie sich von dem ersten Jugendlichen zurück und nimmt seine Nase und das halbe Gesicht dabei mit; baumelnde, tropfende Fleischfetzen in ihrem Maul. Der mit dem Messer zielt jetzt auf ihren Hals und sie fällt gurgelnd zu Boden. Alle drei jungen Männer stürzen sich auf sie und stechen immer wieder zu, keuchend. Das Licht geht aus, aber die Schreie sind weiterhin zu hören.
[Dougie, schluchzend]
»Scheiße, Scheiße, Scheiße.«
Die Kamera wird ausgeschaltet. Schwärze.
Sonntag. Blutsonntag
Sunday, Bloody Sunday, U2
Das Licht im Pentland Hills National Park kann wunderschön sein. Es ist ein herrlicher Sonntagmorgen. Es hat endlich aufgehört zu schneien. Diesen Winter wird es nicht noch einmal schneien, jedenfalls nicht mehr so viel. Es wird weiterhin Frost geben, aber dann wird es tauen; man muss nur noch ein paar Wochen durchhalten.
Heute früh könnte man fast glauben, dass es jetzt leichter wird. Die Wolken haben sich verzogen und die Sonne ist ein knallroter Ball, der vorsichtig hinter dem Horizont hervorlugt und langsam höher steigt; ein wanderndes Blutgerinnsel.
Der Bus ist verschwunden, nichts deutet mehr auf den Unfall im Wald hin. Dafür haben die Schneestürme gesorgt und die Leute, die hierhergekommen sind und aufgeräumt haben. Wie man erwarten sollte, haben sie gute Arbeit geleistet.
Die verlorenen Seelen, die sich von dem Gelände entfernt haben, sind eingefangen worden. Die meisten jedenfalls. Damit wir uns nicht falsch verstehen – einige sind entkommen, sind ins Freie gestolpert, ob nun lebendig oder untot, und sie setzen ihre Reise fort.
Bei der Burg ist alles ruhig. Der Cheery Chomper hat seinen letzten Burger gebraten, sein letztes Spiegelei. Die Tankstelle – schon von der Explosion fast dem Erdboden gleichgemacht, ihr erinnert euch – ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Das Säuberungsteam war gründlich. Wer zufällig durch dieses Gebiet kommt, wäre völlig ahnungslos.
***
Lucy ist nicht ahnungslos; sie ist sich zum Beispiel absolut darüber im Klaren, dass sie nicht ewig in der Jontis Avenue 19 bleiben kann. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis man sich bei Xanthro denken kann, wo sie sich versteckt hält.
Es kommt ihr zwar nicht so vor, aber wenn sie an Dienstag denkt – der schon einige Tage zurückliegt –, dann hat sie wirklich Glück gehabt. Sie hat das Zeug in der Belüftungsanlage überlebt, sie hat die Abriegelung und die Männer in Schwarz mit den Gasmasken überstanden, sie ist über das Parkdeck geschlittert, die Pumps ihrer Schwester in der Hand, hat das Auto gefunden und ist davongebraust, bevor die sie wieder einfangen konnten.
Das war alles Glück. Aber die Zukunft wird davon abhängen, dass sie Köpfchen beweist.
Mit
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