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Pausensnack

Pausensnack

Titel: Pausensnack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsty McKay
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konnte sich keine Gefühlsausbrüche leisten. Nicht jetzt.
    Am Freitag dann tat sich weiter unten in der Straße etwas. Es gibt hier kaum Durchgangsverkehr; es hat nur ab und zu irgendein abgehärteter Nachbar seinen Wagen freigeschaufelt und versucht in dem meterhohen Schnee irgendwohin zu fahren – um zumeist kurz darauf entmutigt wieder zurückzukehren. Doch am Freitag tauchte frühmorgens ein Schneepflug auf. Lucy kniete hinter dem Vorhang und sah zu, wie der gelbe Räumpflug sich daranmachte, die obere Hälfte der Straße frei zu räumen. Es machte sie nervös; irgendwie hatte sie sich in der eingeschneiten Straße deutlich sicherer gefühlt. Der erste Straßenabschnitt war im Nu geräumt und dann passierte etwas Merkwürdiges: Der Schneepflug fuhr davon.
    Lucy runzelte die Stirn. Hatte er aufgegeben? Oder wollte er den Rest der Straße vom anderen Ende aus räumen? Sie sah nach links, aber er blieb verschwunden. Lucy gab ihren Beobachtungsposten auf und bereitete sich ein Frühstück aus altbackenem Brot und Marmelade. Bald würde sie irgendwo Lebensmittel auftreiben müssen.
    Eine Stunde später leuchtete ihr das mit dem Pflug plötzlich ein. Vor der Nummer 12 hielt ein Umzugswagen, ein Transporter. Männer in Overalls stiegen hinten aus und verschwanden im Haus. Im Ernst? Jemand wollte bei diesem Wetter umziehen? Lucy bekam ein ungutes Gefühl. Die Männer hatten nicht geklingelt und gewartet, dass jemand öffnete, sondern waren einfach hineingegangen. War das normal? Außerdem hatten sie zwar ein paar große Kartons ins Haus getragen, waren aber nicht wieder herausgekommen. Was machten sie dort drin?
    Lucy hielt den ganzen Tag und den Großteil des Abends Ausschau, bis das Bett rief. Der Transporter stand immer noch da, aber es rührte sich nichts. Auch am Samstagmorgen war er noch da. Sie bezog wieder ihren Posten am Fenster und lenkte sich zeitweise mit Radiohören ab. Am frühen Nachmittag wurde ihre Geduld belohnt. Die Männer in den Overalls tauchten wieder auf, anscheinend mit denselben Kartons, die sie am Vortag hineingetragen hatten. Aber dann gingen sie erneut ins Haus und holten noch mehr Sachen – weiße Kästen, die nach Computern aussahen, Festplatten oder so, an denen manchmal noch die Kabel hingen. Merkwürdig.
    Sonntagnacht gegen zwei Uhr ereignete sich dann die Explosion. Lucy lag im Bett unter dem Teppich und träumte gerade, dass sie an einer riesigen Klippe baumelte und unten eine Menschenmenge die Hände nach ihr ausstreckte. Sie rutschte langsam ab, sah nach oben und erblickte die Hand, die ihr Vater nach ihr ausstreckte, um sie vor ihrem Sturz zu bewahren. Dann wackelte das ganze Haus und sie wachte auf.
    Sie wusste sofort, dass es die Nummer 12 gewesen war. Sie stolperte ins Wohnzimmer und sah die Straße hinauf. Flammen und Rauch drangen aus dem Erdgeschoss. Aus der Nummer 14 lief ein Mann auf die Straße und rutschte fast aus in seinen Gummistiefeln. Mehr Leute kamen hinzu; auf einmal hatte Lucy einen guten Blick auf ihre Nachbarn. Jemand hatte die Feuerwehr gerufen, aber es dauerte eine gute halbe Stunde, bis sie eintraf. Inzwischen hatte sich das Feuer im gesamten Haus ausgebreitet, das Dach stürzte ein und die Fenster zerbarsten.
    Die ganzen frühen Morgenstunden lang hat Lucy beim Fenster gesessen und Radio gehört, dessen Batterien allmählich nachlassen. Sie versucht es immer wieder mit den Lokalnachrichten, aber über die Explosion in der Jontis Avenue wird nicht berichtet. Dafür gibt es wieder seltsame Neuigkeiten aus Schottland. Weitflächige Stromausfälle und Zusammenbrüche der Kommunikationsnetze. Die Regierung hat den Notstand ausgerufen und Militär dorthin entsandt.
    Lucy hört sich das alles an und sieht währenddessen zu, wie man den Anwohnern der Jontis Avenue in Wagen mit dunklen Scheiben hilft und sie mit ein paar hastig zusammengepackten Habseligkeiten fortbringt. Und als die Radiobatterien endgültig ihren Geist aufgeben, bricht die Dämmerung an und Lucy weiß, was sie machen muss.
    Sofort abhauen. Nach Norden fahren. Rein nach Schottland. Dort spielt sich alles ab, dort muss Xanthro sein. Lucy weiß genug über die Operationen oben im Norden, um einen Anhaltspunkt für ihre Suche zu haben. Sie braucht nur ein Fahrzeug und einigermaßen starke Nerven. Sie wird die Verantwortlichen ausfindig machen und ihnen ein Angebot unterbreiten. Ihr Leben gegen die Festplatte, die ihr Vater ihr gegeben hat.
    Entweder das oder sie wendet sich an die Presse. Aber

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