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Paxson, Diana L.

Titel: Paxson, Diana L. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Zauber von Erin
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und konnte es kaum erwarten wegzukommen, während meine Hände sich ungeschickt anstellten und ein dumpfes Pochen in meinen Schläfen Kopfweh ankündete. Wäre ich mißtrauisch gewesen, hätte ich die Prinzessin beschuldigt, ihre Schmerzen auf mich übertragen zu haben, doch ihre Mutter hatte ihr diesen Zauber noch nicht beigebracht. Viel wahrscheinlicher war, daß ich sie aufgenommen hatte, während ich neben ihr schlief, so wie Milch Zwiebeln die Schärfe nimmt, wenn sie neben ihr aufbewahrt werden.
    Ich hatte wohl fester als üblich gezogen, denn Esseilte schrie auf, wirbelte herum und entriß mir den Zopf.
    »Branwen, paß doch auf – schließlich krempelst du keine Wolle!« Ihre Stimme bebte, und mir wurde plötzlich bewußt, daß ihre Träume ihr, selbst wenn sie sich nicht daran erinnerte, den hellen Morgen verdüsterten.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte ich mich sanfter, als ich beabsichtigt hatte. »Ich glaube, meine Finger schlafen noch.«
    Die Frauen von Mumu verließen die Grianan wie eine Schar Dohlen. Das erleichterte Schweigen, das darauf folgte, löste ein wenig die Spannung in dem großen Raum. Durch die offene Tür hörte ich Platschen und Männerlachen. Die Krieger versuchten offenbar mit dem eisigen Wasser in den Pferdetrögen die letzten Metdämpfe aus ihren Köpfen zu vertreiben. Ich schüttelte mich, denn fast spürte ich die Kälte selbst.
    »Branwen, ich verstehe ja«, versicherte mir Esseilte. »Aber beeile dich trotzdem. Wenn Eithne vor uns die Tribüne erreicht, wird sie mit ihren Freundinnen die besten Plätze belegen, und ich kann nichts dagegen tun, denn Mutter wird sagen, daß ihnen das als Gästen zusteht.«
    Ich nickte und griff nach den restlichen Strängen blonden Haares und flocht sie rasch, bis der vierte Zopf bei den anderen in Hüfthöhe hing. Die Goldäpfel an ihren Spitzen schlugen mit sanftem Klingeln aneinander. Mein eigenes Haar hatte ich zu nur einem Zopf geflochten, der locker über meinen Rücken fiel. Das war zwar nicht modisch, machte jedoch wenig Mühe. Schließlich würde ohnehin niemand auf mich blicken.
    Esseilte warf sich den Umhang über das Gewand aus feinem karierten Stoff, und hielt ihn mit einer Brosche zusammen, denn Schwaden von Morgennebel wanden sich auf den Hängen, und zweifellos war der Boden noch feucht vom Tau. Rasch griff ich nach meinem eigenen Umgang und folgte ihr durch die Tür.
    ***
    Als wir den Fuß des Berges erreichten, löste der erste Nebel sich bereits auf. Ich holte tief Luft und atmete den beißenden, würzigen Rauch des Torffeuers ein, der sich mit den Nebelresten zu blauem Dunst vermischte und allmählich schwand. Die Luft pochte, als stünden wir in einer Riesentrommel. Es war nicht wirklich ein Laut – eher ein Druck auf die Haut –, die pulsierende Aufregung vieler Menschen.
    Der Markt war wie eine große Stadt der Tuatha Dé Danann, ehe sie nach Erin kamen, oder vielleicht wie dieses Rom, über das die Priester soviel Lobendes zu sagen wußten, oder des Briten Artus' Caer Leon. Die Anordnung stand bereits seit Jahrhunderten fest, jedes Handwerk hatte sein eigenes Viertel mit Straßen und mit Pferchen für das Vieh. Der Wind wechselte kurz die Richtung, und so konnte ich flüchtig das Muhen der Rinder hören. Beim Lugnasadmarkt in Tailtin wurden hauptsächlich Pferde gehandelt, während beim Samhainmarkt Rinder den Vorrang hatten, denn dies war der Zusammentrieb vor der Herbstschlachtung.
    Ich fragte mich, ob wir sie uns vielleicht ansehen konnten, sobald das Rennen vorüber war; denn zwar rührt der Anblick eines edlen, schnellen Pferdes das Herz, doch die sanften feuchten Augen und stolzen Flanken einer Kuh mit geschwollenem Euter haben ihre eigene Schönheit. Wie die Erde ist die Kuh eine freigiebige Spenderin und deshalb heilig. Als ich daran dachte, stellte ich mir ein solches Tier vor, mit glattem, kupferfarben schimmerndem Fell, wie das der Kuh, welche die heilige Brigid als Kleinkind gesäugt hatte.
    Mein Fuß glitt unter mir davon, die Welt drehte sich, und schon schlossen sich Esseiltes Finger fest um meinen Arm.
    »Heilige Mutter! Branwen, wo bist du mit deinen Gedanken? Komm schon! Wir sind bereits spät dran!«
    Als Esseilte mich vorwärts zerrte, blickte ich zurück. Ich sah das Braun des zertretenen Kuhfladens, der mich fast zu Fall gebracht hätte, und mußte unwillkürlich lachen. Waren die Fladen einer heiligen Kuh etwa auch heilig? Die Vorstellung, daß ein Priester so etwas in einem vergoldeten

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