Paxson, Diana L.
plötzlich steif, zog sich zusammen und entwand sich ihm. Er landete in halber Kauerstellung, aus der er seinen langsameren Gegner ansprang. Der Morholt gewann sein Gleichgewicht rechtzeitig zurück, ihn abzufangen. Er faßte den Prinzen vorne an der hellen Tunika, um ihn hochzuschwingen, dabei stieß er den linken Fuß so nach vorn, daß Curnans Beine vom Boden abhoben. Doch in dem Moment hakte Curnan das rechte Bein um des Morholts und preßte es ruckhaft zusammen, dann streckte er das Knie, so daß der Morholt unter ihm war, als er fiel.
Nur einen Herzschlag lagen beide atemlos. Dann schlang sich des Morholts Arm um Curnans Hals und drückte ihn nach unten. Der Prinz versuchte mit beiden Händen ihn zu lösen, ehe er ihm die Luft ganz abschnürte.
Einen Augenblick herrschte wieder Stille, als hätte ein Zauber die beiden zu Stein verwandelt. Der Morholt drehte den Kopf, um seinem Feind zuzuflüstern. Curnan antwortete mit einem schwachen Kopfschütteln und einem verzweifelten Sichwinden, wodurch er sich im eisernen Griff des Älteren drehte und fast freigekommen wäre.
Noch einmal rollten die beiden sich auf dem Boden herum. Haut und Kleidung waren bereits von gleichmäßigem Braun des Schlammes, den die Hufe aufgewühlt hatten. Nun brachte sein größeres Gewicht dem Morholt den Vorteil. Seine kräftigen Arme schlangen sich um den Jüngeren und drückten ihn nieder. Dann schob er einen Arm hinter ihm hoch, während der andere sich um seinen Kopf schloß. Die Männer des Königs hasteten durch die Menge zur Schranke.
Und dann war – erschreckend laut – das Bersten von Knochen zu hören.
Diarmaits Männer kletterten über die Schranke, rannten zum Morholt, glitten dabei im Schlamm aus und ergriffen ihn. Er wehrte sich nicht, und als sie ihn hochgezogen hatten, stand er schlammbesudelt, mit wogender Brust, und starrte hinunter auf den Jüngling, der reglos im Morast lag. Ein Wispern erhob sich um mich. Ich sah, wie Esseilte aufsprang; ihre Augen funkelten. Das Gesicht der Königin war steinern. Ein kalter Wind strich über meinen Nacken, und ich zog den Umhang enger um mich – Gewitterwolken ballten sich im Osten und verdüsterten den sonnigen Tag.
»Richtet ihn! Richtet ihn!« Der Schrei hallte wie Donner – die instinktive Reaktion der erschrockenen Massen. Inzwischen hatte einer von des Königs Heilern den Reglosen erreicht. Er beugte sich über ihn und richtete behutsam die verdrehten Gliedmaßen ein.
»Tod dem Morholt! Er hat das Gesetz des Großen Festes gebrochen!«
»Ihr verlangt Gerechtigkeit…« Des Königs Stimme klang wie ein Peitschenknall über den Lärm hinweg. »Ihr werdet sie bekommen – und jetzt seid still!«
Der Blick der Menge wandte sich vom Morholt erregt und fragend Diarmait zu, wie ein Rudel Wölfe auf seinen Führer blicken mochte, wenn es seine Kraft und Geschicklichkeit abschätzt. Es fröstelte mich plötzlich, denn ich wußte, daß mehr als des Morholts Los auf dem Spiel stand. Die Gesichter der ihm untergebenen Häuptlinge verrieten keine Regung, doch ihre Augen glommen.
Wie zerbrechlich, dachte ich da, wie dünn sind doch die Bande, mit denen der Hochkönig diese kriegerischen Mächte zusammenhält. Das Chaos leckte nach den Fugen ihrer Einheit.
Der Morholt stand mit verschränkten Armen, den Kopf stolz erhoben, als wäre ihm das Wort Gefahr fremd. Der König aber wirkte plötzlich älter. Mir war nie bewußt gewesen, wieviel Silber seinen rotbraunen Bart durchzog. Doch auch er stand stolz und zwang die anderen zu warten, bis der verkrümmte Mann im Schlamm ächzte, sich rührte, wieder zurücksank, doch keuchte und lebte!
Der Atem, den wir offenbar alle angehalten hatte, entquoll in einem gewaltigen Seufzen.
Der König beugte sich nach vorn und stieß eine Verwünschung aus, daß selbst der Morholt zusammenzuckte.
»Bei allen Göttern und Heiligen im Himmel, wenn Ihr ihn getötet hättet, wäre es Euer Tod gewesen. Da hätte Euch auch unsere Verwandtschaft nicht geschützt!«
»Es ist nur ein gerechter Ausgleich für das, was er mir angetan hat!« entgegnete der Morholt.
»Was das betrifft, werden wir die Wahrheit erfahren, sobald die Beobachter zurück sind, aber das tut jetzt nichts zur Sache«, erklärte der König. Er wandte sich dem Heiler zu. »Wie steht es mit dem Jungmann?«
»Ein gebrochener Arm, mein König«, antwortete der Greis. »Nichts, was nicht zu heilen vermag.«
»Und das ist gut für Euch, wenn dem so ist«, sagte Diarmait zu dem Morholt.
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