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Paxson, Diana L.

Titel: Paxson, Diana L. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Zauber von Erin
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»Denn der Preis allein für die Verkrüppelung eines Prinzen von Connachta ist Euer Patrimonium. Und für die Verletzung meines Gesetzes ist die Strafe – Verbannung aus dem Lande Erin!«
    Die Wölfe um den König zogen sich, für den Augenblick befriedigt, zurück. Aus den Massen erklang ein auf bewundernde Weise entsetztes Raunen. Das Gesicht der Königin erinnerte an den Tod, und ich war mir nicht sicher, ob das nur am schwindenden Licht lag. Was wäre geschehen, wenn der König den Morholt zum Tode verurteilt hätte? Hätte sie Diarmait verlassen? Oder vielleicht vergiftet? Sie hatte das Wissen und den Willen dazu. Selbst jetzt befand der König sich möglicherweise noch in Gefahr; denn war es nicht eine noch größere Strafe für einen Sohn Erins, nie wieder ihren Boden betreten zu dürfen?
    Derart das Flüstern, das durch die Menge zog. Doch da war etwas an der Haltung des Morholts, was mir zu denken gab, als wäre sein Haupt nicht in Ergebenheit gesenkt, sondern um den Ausdruck seiner Augen zu verbergen.
    »Ich habe gehört, mein König, und ich werde gehorchen«, sagte er da. »Wie lange habe ich für meine Vorbereitungen?«
    »Den Rest dieses Tages und die kommende Nacht«, antwortete der König. »Wenn die Sonne morgen den Mittag erreicht, müßt Ihr Erin verlassen haben.«
    ***
    Esseilte und ich fröstelten in der kalten Dunkelheit, als wir im Schatten des Kräuterhauses der Königin auf den Morholt warteten. Königin Mairenn hatte während der Rückkehr zum Berg nicht ein Wort gesprochen, und nach ihrer Ankunft in der Burg hatte sie sich sogleich ihrer festlichen Kleinodien entledigt, sich in einen dunklen Umhang gehüllt und war hierhergeeilt. Niemand hatte gewagt, ihr Fragen zu stellen, oder gar, sie aufzuhalten, und außer uns niemand, ihr zu folgen. Vielleicht war das Kräuterhaus tatsächlich nur ein Raum, in dem Kräuter getrocknet und Arzneien hergestellt wurden, doch man munkelte, daß es auch dunkleren Zwecken diente. Niemand wußte es mit Sicherheit; denn was immer die Königin hier machte, sie tat es allein.
    »Esseilte, der Morholt ist damit beschäftigt, seine Freunde zu sammeln und seine Ausrüstung. Er wird keine Zeit haben hierherzukommen, und wenn deine Mutter merkt, daß wir hier sind, verwandelt sie uns in Kröten!« Ich faßte nach Esseiltes Arm, doch sie entzog ihn mir und schüttelte den Kopf.
    »Er wird kommen!« flüsterte sie heiser. »Er wird sie nicht ohne Lebewohl verlassen, und er weiß so gut wie sie, daß sie nur hier allein sein können!«
    »Nun gut, dann wird er kommen, doch gewiß wird sie es wissen, wenn du versuchst, mit ihm zu sprechen.« Wolken verbargen Mond und Sterne. Durch die Laden aus Rohrgeflecht der anderen Häuser von Temair glühte Licht, doch hier in der Dunkelheit neben dem kleinen Kräuterhaus war das wenig Trost, wenn wir nichts anderes tun konnten, als zu warten und uns zu fragen, mit welcher Art von Hexerei die Königin sich im Innern beschäftigte.
    »Ich warte, bis er geht, und nicht einmal sie wird mir verbieten, ihm Lebewohl zu sagen! Sei jetzt still, sonst hört sie uns und schickt uns weg, ehe er kommt!«
    Ich schüttelte den Kopf. Esseilte konnte es nicht sehen, doch das war egal, denn es hätte sie nicht gerührt. In mancherlei Hinsicht waren sie und ihre Mutter sich sehr ähnlich. Ich ging in die Hocke, lehnte mich an die windgeschützte Seite der Wand und versuchte mich ganz mit meinem Schultertuch zuzudecken. Trotzdem war mir noch kalt, und ich vermochte nicht zu unterscheiden, ob das Flüstern, das ich hörte, von den stehenden Steinen nahe dem Haus kam oder von der Zauberin im Innern.
    Und dann, als mir schon war, als würde ich selbst zu Stein, spürte ich, wie Esseilte neben mir erstarrte, und vernahm schwere Schritte auf den Steinen des Pfades. Einen Augenblick lang hätte die näherkommende Gestalt alles mögliche sein können, doch schließlich erkannte ich an der hochmütigen Haltung meinen Vater. Ich hätte seinen Umhang berühren können, als er an mir vorüber schritt. Durch die Türöffnung fiel Licht auf die Steine, und in dem Moment, als er eintrat, vermochte ich sein grimmiges Gesicht zu sehen.
    Esseilte umklammerte meine Schulter. »Der Laden des hinteren Fensters schließt nicht richtig. Wir können dort lauschen und vielleicht sogar etwas sehen.«
    »Ich dachte, du wolltest nur Lebewohl sagen…«, flüsterte ich, aber ich folgte ihr um das Kräuterhaus herum zu einem schmalen Lichtstreifen. Zu sehen vermochten wir

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