payback: thriller (German Edition)
fünfzehn Kilometer fuhren sie wieder schweigend dahin. Francisco saß angespannt in einem Burberry und in Budapestern da und verströmte einen leichten Minzduft. An der Kreuzung nach Atlantis sagte er: »Das ist ziemlich weit außerhalb. Wie kam dieses Arschloch auf die Idee hierherzukommen?«
»Das erzählt er alles auf dem Band«, erwiderte Mace.
»Lassen Sie mich sein Wimmern hören?«
»Wenn Sie wollen. Ich kann eine Kopie machen und sie Ihnen bringen. Allerdings ist einiges davon ziemlich heftig.«
Francisco erwiderte nichts. Er zuckte nur mit den Achseln.
Das düstere Licht ließ die Dünen noch weißer als sonst erstrahlen. Sie rollten in einer Nebelbank ins Unendliche aus. Mace wurde langsamer. Er vermutete, dass das Gatter direkt vor ihnen lag, fuhr aber trotzdem daran vorbei, so dass er umdrehen und auf dem kiesigen Seitenstreifen zurückfahren musste.
Das Gatter war mit einem Schloss versperrt. Der Weg durch die Dünen stand größtenteils unter Wasser. Einziger Lichtblick: Es hatte zu regnen aufgehört.
»Ist es das?«, fragte Francisco.
Mace wies auf den Weg und die Dünen hinunter. »Etwa zweihundert Meter von hier.«
Francisco holte eine Kamera aus seinem Trenchcoat, machte ein paar Aufnahmen des Gatters, des Weges und der dahinterliegenden Dünen.
»Sind Sie öfter hier gewesen?«, fragte er.
Mace nickte. Er testete die Zaundrähte und kletterte dann hinüber. »Im Sommer. Seitdem nicht mehr.«
Sie standen einander gegenüber, das Gatter zwischen ihnen.
»Sie und Isabella hatten eine Beziehung, nicht wahr?«
»Früher einmal. Wir haben uns seit vielen Jahren gekannt.«
»Dachte ich mir. Sie selbst hat ja nie darüber gesprochen. Über ihre Gefühle. Nur hier und da fiel der Name Mace Bishop.«
Mace streckte ihm eine Hand entgegen. »Ich nehme die Kamera, während Sie rüberklettern.«
Francisco reichte sie ihm. »Ich will Sie nicht ausfragen, Mace. Ich will Ihnen das nur sagen.« Er stellte einen Fuß auf den mittleren Draht und rüttelte daran. »Ich habe Isabella nie ganz verstanden. Wie sie diesen Kretin heiraten konnte. Und dass es mit Ihnen nie eindeutig romantisch wurde. Das ist mir alles unverständlich. Ich vermute, Bella hatte noch andere Geschichten. Eine Frau wie sie muss das gehabt haben. Aber an diesem Abschaum hält sie fest – bis er sie umbringt.« Er kletterte über das Gatter. Mace hielt ihn am Arm fest, doch er kam trotzdem ins Taumeln und stürzte auf der anderen Seite auf ein Knie und eine Hand. Die Ärmelstulpe seines Mantels wurde triefend nass, ebenso der untere Teil seines Hosenbeins. »Mist. Mann, muss das sein? Jetzt schauen Sie sich das an.« Er stand auf. »Das hat mir gerade noch gefehlt.« Er klopfte den Ärmel aus und starrte auf seine Schuhe. »Was ich wirklich nicht abkann, sind nasse Socken.« Er schüttelte den Kopf. »Okay, das ist jetzt eben meine Safari. Ich muss das machen. Also gehen wir.«
Mace reichte ihm die Kamera, und er nahm sie, wobei er auch Maces Hand erfasste.
»Was ich Sie fragen wollte, Mace: Hat sie Ihnen etwas bedeutet? Hier drinnen …«, er schlug sich auf die Brust, »… tief in Ihrem Herzen?«
Mace antwortete nicht. Er erwiderte Franciscos Blick, bis dieser seine Hand losließ und sagte: »Ja, hatte ich mir fast gedacht.«
Sie gingen schweigend den Pfad entlang und wateten durch Vlei-Schwämme, die Wasser in ihre Schuhe fließen ließen. Nach etwa hundert Metern zweigte der Weg links in die Dünen ab, wo ihnen das Laufen auf dem harten Sand leichter fiel. Das Dünengras wurde dichter, und sie erreichten die Kuhle, wo man Isabella erschossen hatte. Allerdings stand diese Kuhle inzwischen unter Wasser.
Francisco hielt neben Mace an. Er atmete hörbar. »Hier?«
»Im Sommer liegt das alles trocken«, erklärte Mace. »Auch wenn man das jetzt kaum glauben kann.«
»Und wo ist der genaue Ort? Unter Wasser?«
Mace nickte.
»Bei allen Heiligen«, sagte Francisco und holte eine kleine gerahmte Fotografie von Isabella aus seiner Manteltasche. »Ich wollte das hier hinlegen.« Er schleuderte das Bild in die Mitte des Tümpels, und sie sahen zu, wie es langsam sank. »War das in etwa die richtige Stelle?«
Mace nickte. Zehn Minuten lang standen sie nur da, bis Francisco fragte: »Beten Sie, Mace?«
Mace verneinte.
Francisco zupfte an einem Dünengras und warf die Ähre ins Wasser. »In dem Sinn, wie ich es meine, bete ich auch nicht. Obwohl ich Gottesdienste besuche. Und ich will, dass ein Priester da ist, wenn ich sterbe.
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