payback: thriller (German Edition)
Um diese Ohrringe beneidete Christa sie immens. Die Kleine ließ keine Gelegenheit verstreichen, um Mace mitzuteilen, dass sie es kaum erwarten könne, auch Löcher gestochen zu bekommen.
»Ich bin höchstens eine Stunde weg«, sagte er. »Ein unerwartetes Treffen.«
Oumou warf ihm einen schrägen Blick zu. »Das soll dein Urlaub sein, no ?«
»Eigentlich schon.«
»Sei nicht zu lange fort«, sagte sie.
Draußen wollte Christa wissen: »Papa, kann ich mitkommen?«
Mace drehte sie mehrmals im Kreis. Wie auf einem Karussell. Bis ihm schwindlig wurde. »Das nächste Mal, C. Heute geht es um Geschäftliches.«
»Bitte, bitte, bitte, bitte«, bettelte sie. Ihr war ebenfalls ein wenig schwindlig. Als er den Kopf schüttelte, änderte sie ihre Taktik. »Kann Cupcake mitkommen?«
Cupcake begleitete Mace immer wieder auf Geschäftsreisen, um wichtige Kunden abzuholen. Er war bereits in Madrid, Mailand, München, Hamburg, Kopenhagen, London, New York, Los Angeles, Miami, Lusaka, im Chobe-Nationalpark und bei den Victoriafällen gewesen. Auch in zahlreichen Städten und auf Safari-Lodges im Inland. Noch nie zuvor hatte Mace ihn jedoch auf den Beifahrersitz seines Spider schnallen und mit ihm bei heruntergeklapptem Dach durch die Stadt fahren müssen.
Als er auf den Parkplatz der Harrington Street einbog, reichte ihm ein mürrischer Schwarzer ein schmales Stück Papier. Darauf stand ein Name, den Mace nicht entziffern konnte.
»Wo ist der Angolaner?«, fragte er. »Wo ist Cuito?«
Der Parkplatzwächter zuckte mit den Achseln und starrte ihn finster an.
Mace sah sich um. Nur Einheimische. Er vermutete, dass Cuito, falls er nicht schon tot war, knapp davorstand. Dachte an Dr. Roberto. Die Ortsansässigen hassten Ausländer, erst recht diejenigen mit Unternehmungsgeist.
Er zeigte auf seinen Passagier. »Der Bär heißt Cupcake«, sagte er. »Er kommt wieder mit mir nach Hause. Ebenso wie alles andere in diesem Wagen.«
Der Xhosa bemerkte nicht einmal, dass man mit ihm redete.
17
Matthew wartete in seinem Loch von einem Büro, rauchend, spielte ein Spiel auf seinem Handy. Er hatte sich ein smarteres Aussehen zugelegt: Lederjacke, schwarzes T-Shirt, klassisch geschnittene Jeans, High-Tech-Schuhe ohne Socken. Die Haare stachelig hochgegelt. Das Büro war unverändert, benutzt und doch nicht benutzt. Auch der Korridor hatte unverändert gewirkt. Jeder Raum war noch immer mit einer Sicherheitstür versehen. Benutzt und doch nicht benutzt.
Im Büro stank es nach Zigaretten. Asche und zwei ausgedrückte Kippen auf einem Unterteller auf dem Schreibtisch. Mace öffnete das Fenster. Es machte keinen Unterschied.
Matthew hielt den Blick auf sein Spiel gerichtet. »Der Ma-Ma-Macho mit seiner Knarre?«, meinte er.
Mace hatte eine kurzläufige Achtunddreißiger Smith & Wesson in der Tasche seiner Baumwollhose. Ein lose herabhängendes Hemd und eine Jeansjacke hatten sie eigentlich verbergen sollen. Er setzte sich auf den gleichen Platz wie zuvor. »Geh mir nicht auf die Nerven, Mattie-Boy. Keine gute Idee.«
Matthew schnipste etwas Asche auf den Unterteller. »Ne-Nennen Sie mich ni-nicht Ma-Mattie-Boy.«
Mace überlegte. »Wie wär’s dann, wenn du erst mal erwachsen wirst?«
Matthew legte sein Handy auf den Tisch, wobei er Mace immer noch nicht ansah. »Und wa-wa-was ist mit euch al-alten Ärschen? Ihr be-be-benehmt euch so, als hä-hättet ihr Pisse aus den Ti-Titten eurer Mütter gesaugt. Ma-mach dich locker, A-Alter.« Er wollte wieder nach seinem Handy greifen, aber Mace lehnte sich nach vorn und hielt ihn davon ab.
»Eine Sache, auf die du wirklich aufpassen solltest, Ma-Matthew«, sagte er und drückte fester zu, »ist deine Sprache.« Er presste so hart auf Matthews Daumenwurzel, dass dieser aufjaulte. »Du spielst jetzt bei den Großen mit, Ma-Matthew. Du hast bereits Tote auf dem Gewissen. Du brauchst Hilfe. Momentan bin ich diese Hilfe, obwohl ich das nicht sein will. Ich würde dich lieber Sheemina February überlassen. Aber dein Daddy hat an meine Vernunft appelliert. Ab heute schuldest du mir was. Kapiert?«
Diesmal hatten sie nicht gehört, wie Sheemina February die Treppe genommen und den Korridor entlanggelaufen war. Diesmal kam sie allein, und sie kam auf weichen, leisen Sohlen. Als sie aufblickten, stand sie unter der Tür.
»Jungs interessieren mich nicht, Mr. Berater«, sagte sie. »Ich bevorzuge Männer.« Sie trat ein und setzte sich Matthew gegenüber, wobei sie sich aber in Richtung Mace lehnte.
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