payback: thriller (German Edition)
Die einzigen grauen Farben auf dem Bild, die nicht grau schienen, waren das Schwarz ihrer Mäntel und Isabellas rote Stiefel, leuchtend im Schnee. Beide lachten in die Kamera.
West-Berlin im Januar 1989, erinnerte sich Mace. Nachdem er von einem Treffen mit einigen Kameraden zurückgekehrt war, die ungefähr zehntausend Kilometer entfernt auf der anderen Seite des Limpopo innerhalb von fünf Tagen AKs und Munition brauchten. AKs und Munition, die Mace noch nicht aufgetrieben hatte. Kein Problem, hatte er den Kameraden erklärt. War durch Checkpoint Charlie in die westliche Welt zurückgekommen und hatte Isabella im Café Adler gefragt, nachdem er fünf Anrufe von deren Münzsprecher getätigt hatte: »Wie soll ich das machen? Pylon ist im Kongo, und keiner hat was auf Vorrat. Ich stecke mit einem Fuß schon tief in der Scheiße.«
»Vielleicht kann ich helfen«, hatte sie gemeint. »Mal wieder.«
Dann war es an ihr gewesen, sich ans Münztelefon zu klemmen. Allerdings bedurfte es bei ihr nur eines einzigen Anrufs. Sie kehrte zu ihrem Tisch am Fenster zurück und erklärte: »Alles geregelt.«
»Was?«
»Alles, was du willst. In Francistown. Wie du es über den Fluss bekommst, ist deine Sache.«
»Auch Munition?«
»Alles.«
»Ich frag lieber nicht nach«, meinte er.
»Würd ich an deiner Stelle auch nicht«, sagte sie. »Denk einfach an das Geld.«
Deshalb hatten sie auf dem Bild auch so ausgelassen gelacht. Nun – nicht nur deshalb, wie Mace sich erinnerte. Der andere Grund war das Kempinski oder vielmehr ihre Suite gewesen, mit der Isabella wieder ihre Vorliebe für teure Hotels ausgelebt hatte.
»Das nächste Mal geht es ins Meurice«, hatte sie verkündet.
Die Suite im Kempinski war voller alter Möbel und Antiquitäten, im Badezimmer gab es eine Doppelmarmorwanne und goldene Armaturen, eine Dusche mit verstellbarem Kopf. Man konnte sie auf Massage einstellen, so dass das Wasser wie ein Nadelregen auf einen herunterprasselte.
Sie war einige Stunden vor ihm eingetroffen. Saß auf dem Bett in einen weichen Bademantel gehüllt und lackierte sich gerade die Zehennägel grün, als er hereinkam – kalt und hundemüde nach einer Reise in vier verschiedenen Flugzeugen aus Mogadischu. Sie hatte aufgeblickt, der Mantel nur lose gebunden und halb offen. Seine Augen waren von ihrem Gesicht zu ihren zum Teil entblößten Brüsten gewandert. Isabella war aufgestanden und auf ihn zugekommen – langgliedrig, umrahmt vom Bademantel, der Gürtel um ihren weichen Bauch spielend.
Soweit sich Mace erinnerte, vergingen zwei Tage, ehe er die Kampfgefährten traf.
»Vielleicht solltest du zuerst einmal die Dusche ausprobieren«, hatte sie gesagt. »Die hat eine unglaubliche Wirkung, das musst du erlebt haben.«
Nun sah er sie wieder vor sich, als er das Foto auf seinem Bildschirm betrachtete: ihre Hände weiß auf den schwarzen Marmorfliesen der Dusche, ihre Haare nass in ihrem Nacken, Seifenschaum auf der Linie ihres Rückens, ihre Brüste fast wie flüssig in seinen Händen.
Verdammt, dachte er und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Bild zu. Was soll das?
Deshalb lachten sie. Weil sie gerade ins Kempinski zurückwollten, um noch einmal so zu duschen, ehe sie am nächsten Morgen in getrennte Richtungen abfliegen würden. Das vorletzte Mal, dass sie ihre luxuriöse Affäre ausgelebt hatten. Einige Monate später war er nach Malitia gekommen und hatte die unwiderstehliche Oumou kennengelernt.
»Hi Mace«, schrieb Isabella jetzt in ihrer Mail, »habe gehört, dass Security für euch da drüben das Ding geworden ist. Aber ›Complete Security‹? Wen willst du verschaukeln? Wie auch immer – darum geht es nicht. Es geht vielmehr um etwas, worin du gut bist. Deinem Bankkonto würde das auch gefallen. Wie findest du das Foto in Erinnerung an alte Zeiten? Wann bist du das nächste Mal in New York, damit wir reden können? Seit unserem letzten Treffen ist eine Menge Wasser den Fluss und so. – Isabella.«
Gefährlich, dachte Mace. Gefährliche Isabella. Wann bist du das nächste Mal in New York … Er wollte in einer Woche in New York sein, um den Babysitter einer Bankerin zu spielen, die Urlaub auf dem Cape zu machen gedachte.
Als er Isabella im Meurice mitgeteilt hatte, dass es zwischen ihnen aus sei, dass er sich ganz und gar für Oumou entschieden habe, hatte sie eine Makarov an seinen Kopf gehalten und gefragt, ob es einen triftigen Grund gäbe, nicht abzudrücken. Höchst melodramatisch. Höchst Isabella.
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