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Payback

Titel: Payback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schirrmacher
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Stoffwechselaustausch mit einem gewaltigen synthetischen Hirn. Wie gesagt: Noch sind es Konsumangebote. Aber schon merkt man bei einfachen Suchanfragen, dass die immer genialer werdenden Algorithmen insbesondere von Google, Ideen und Gedanken auf die einzelne Person zuschneiden.
    Das ist eine Erkenntnis, die - obwohl die personalisierte Suche es einem bereits jetzt vor Augen führt - in den Köpfen der meisten Menschen noch nicht angekommen ist. Es hilft nichts, gegen sie zu protestieren. Gegen Fakten kann man nicht protestieren, so wenig wie es half, als Voltaire gegen das Erdbeben von Lissabon protestierte. Aber man muss mit naivem Blick verstehen, wie ungeheuerlich und folgenreich das ist, was vor sich geht.
    Der amerikanische Journalist Stephen Baker hat in seinem Buch »Numerati« gezeigt, wie wir als Wähler, Käufer, Blogger und User bereits von leistungsfähigen Rechenprogrammen eingeordnet werden: in Stämme (»tribes«) und Subjekte, die durch Zahlen codiert werden. Hochkomplexe Software verbindet Klicks, Worte oder Töne mit digitalen Bewegungsmustern anderer User, sucht nach Übereinstimmungen oder Unterschieden. Das bedeutet nichts anderes, als dass jeder einzelne Mensch addiert mit vielen anderen irgendwann das Resultat gewaltiger Berechnungen sein wird, für die es noch vor fünf Jahren weder die Computer noch die Daten gegeben hätte. Durch die Rückkoppelung dieser Daten an das aktuelle Verhalten der User entsteht eine unendliche Spirale von Berechnungen, die dem Wesen von Algorithmen entsprechen: Und die arbeiten so lange, bis sie ihr Ziel erreichen, im Zweifelsfall ewig. Die Anonymität des Users ist nur ein begrenzter Schutz. Hat er ein Interesse daran, angesichts der Datenflut bessere Informa-
    WAS IST EIN ALGORITHMUS?
    Es ist der wichtigste Begriff, den man kennen muss, um im di gitalen Zeitalter zu überleben. Algorithmen sind im Grunde nichts anderes als Rezepte, Vorgehensweisen, mit denen man ein Ziel in mehreren Stufen erreicht. Nehmen Sie den Fall des Computer-Freaks Danny Hillis. Hillis hatte seine Socken immer chaotisch in einem riesigen Berg in seinem Schrank gelagert. Brauchte er neue, war es schwer, in dem Chaos zwei zugehö rige Socken zu finden. Es gibt nun zwei Möglichkeiten: Man nimmt eine Socke und sucht die nächste. Hat man eine falsche erwischt, wirft man sie wieder zurück in den Schrank usw. Auf diese Weise dauert die Suche ewig. Anders das algorithmische Vorgehen: Man sucht eine Socke, passt sie nicht, legt man sie auf einen Tisch, bei der nächsten verfährt man ebenso, passt sie weder zur ersten noch zur zweiten, legt man sie daneben. Dieser Algorithmus spart Zeit, Umwege und führt mit Sicher heit zum Ziel. Der Unterschied zwischen menschlichen Algo rithmen und denen der Computer ist, dass Computer niemals aufgeben. Wenige Programmzeilen reichen für eine Tätigkeit, die Wochen, ja Monate dauern kann: »Ordne so lange, bis du dein Ziel erreichst.« Das macht die Computerhirne so mächtig. Viele Computer-Ingenieure, Philosophen und Neurowissen schaftler glauben, dass man jedes menschliche Verhalten mit Algorithmen erklären kann. Das aber ist eine Annahme, die Menschen im Informationszeitalter zu Maschinen machen wird.
    tionen zu bekommen, muss er zumindest online identifizierbar sein. Und selbst wenn er es nicht ist, genügen bald die Daten vergleichbarer User, um ihn immer besser einzukreisen.
    Der Mensch ist eine statistische Datenmenge, die bei genügender Dichte nicht nur Rückschlüsse über sein bisheriges, sondern auch über sein zukünftiges Verhalten ermöglicht. Dies alles dient dem Zweck, dass die Maschinen wiederum den Einzelnen besser lesen können - ein Ziel, das viele von uns, man darf sich nichts vormachen, begrüßen, ja sehnsüchtig erwarten und das für das Funktionieren unserer digitalen Gesellschaft unerlässlich ist. Je besser der Computer uns kennt, desto besser die Suchergebnisse, mit denen er uns aus der Datenflut, die er selbst erzeugt, retten kann.
    »Wir verwandeln die Welt der Inhalte in Mathematik, und wir verwandeln SIE in Mathematik«, sagt Howard Kaushansky, einer der Softwareingenieure, die diese Systeme für Unternehmen entwickeln, einem ziemlich fassungslosen Stephen Baker. Wie man sich das genau vorzustellen hat, zeigt Baker am Beispiel der Softwarefirma »Umbria«, die Sprache in ihre kleinsten Komponenten zerlegt, nicht nur in Worte und Sätze, sondern auch in Emotionen - und alles zusammen in mathematische Gesetzmäßigkeiten

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