Peace Food
Fleisch als sehr wertvolles Essen und sein Verzehr war ein
Zeichen von Reichtum, wie der sprichwörtliche Sonntagsbraten, den sich nicht jeder leisten
konnte. Unseren Vorfahren gelang das oft nur an Feiertagen. Wer reich wurde, leistete es
sich immer öfter, und viele moderne Menschen schaffen das täglich. Aber schon in der
Vorzeit zeigte sich an fürstlichen und königlichen Höfen, dass die Herrschaften, die sich
viel Fleisch leisten konnten, es mit Gicht und Rheuma bezahlten, während das Gesinde davon
verschont blieb. In Preußen sprach man vom »Gichtkabinett« des Königs und an anderen Höfen
wusste das Personal, dass ihm mit dem Fleisch wenigstens auch das Rheuma erspart blieb.
Wir finden heute nichts dabei, ein Kälbchen zu verspeisen, und denken
einfach nicht an seine samtweichen seelenvollen Augen. Wir gießen Gelatine, eine Mischung
aus Rinderhufen, -augen und anderen gekochten Metzgerabfällen, über Torten und überziehen
sie so mit einer Art durchsichtigem Leichentuch. Wenn andere Hunde und Delphine verspeisen,
dreht es uns dagegen den Magen um, und die Empörung ist groß. Japanern graut vor unserem
alten Fleisch und ebensolchen Eiern, wir finden es unerträglich, dass sie gerade erst –
womöglich sogar vor ihren Augen – geschlachteten, noch zuckenden rohen Fisch essen.
Hierzu hat sich mir eine denkwürdige Szene eingeprägt. Auf einer
philippinischen Insel als Dank für medizinische Hilfe zum Essen eingeladen, saßen wir
gemütlich am Boden um den traditionellen Eintopf versammelt. Die darin identifizierbaren
Schweinsstücke wie etwa ein Ringelschwanz stifteten zwar keine Begeisterung, ließen aber
die Fleischesser unserer Gruppe durchaus weiter mithalten. Als dann aber die Klanchefin
zugeben musste, dass auch eine der Gruppe gut bekannte Ziege dafür hatte dran glauben
müssen, verringerte das den Appetit beträchtlich.
Die alte Frau ahnte ihren Fehler und wollte die Situation retten, indem
sie beschwichtigend mitteilte, das meiste Fleisch sei nicht Ziege, sondern Hund. Darauf
musste sich eine mitessende Hundebesitzerin unserer Gruppe spontan übergeben und die
anderen beendeten entsetzt das Essen.
Wer einmal gesehen hat, wie man etwa auf den Philippinen Hunden die Läufe
bricht, auf den Rücken bindet und ihnen dann mit Prügeln die Rippen bricht, womit sie noch
mehr Angst- und Stresshormone ausschütten, könnte an den Menschen verzweifeln.
Doch nicht nur auf den Philippinen, in vielen Staaten dieser Erde ist es
völlig legal, Hunde zu essen. Der Name Chow-Chow bedeutet auf chinesisch »gut gebraten«.
Diese Hunde, wie übrigens auch mexikanische Nackthunde, wurden vor allem für den Verzehr
gezüchtet. Selbst in der Schweiz wurden schon Berner Sennenhunde für asiatische Küchen
gemästet. Auch in einigen europäischen Ländern gibt es noch Bestimmungen für die amtliche
Beschau von Hundefleisch.
Rindfleisch ja – Pferdefleisch
nein?
Wir schauen auf die Hundeesser herab wie viele Muslime auf uns als
Schweineesser. Im Übrigen landen auch die fast 10 000 in Deutschland pro Jahr
geschlachteten Pferde in der Wurst. Entsetzte Pferdefreunde finden wiederum meist wenig
dabei, Schweine und Rinder mit Appetit zu verspeisen.
Alles ist eine Frage der Wertung. Ich habe – als besonderer
Pferdeliebhaber – schon Lokale verlassen, weil sie Fohlenfleisch auf der Karte hatten, aber
ich ertrage ständig Lokale, die Schwein, Kalb und Lamm anbieten, allerdings voller
Mitgefühl für die Tiere und jene, die sie verspeisen und sich damit Bauch und Leben voll
Angst und Leid schlagen. So sind auch sie im wahrsten Sinne des Wortes geschlagen.
Was wirklich
zählt, sind Mitgefühl und Barmherzigkeit
Wer eine moderne Tierfabrik oder einen Großschlachthof von innen sieht,
kann sich Brechreiz und tiefer Verzweiflung kaum erwehren, wie sie meine Bekannte beim
philippinischen Eintopf überkamen. Aus diesem Grund lassen solche Betriebe auch keine
Zuschauer zu. Man kann sie sowenig besichtigen wie andere Zucht häuser oder Gefängnisse. In der Woche nach einer Schlachthof-Exkursion aßen
selbst hartgesottene Medizinstudenten lieber vegetarisch; zu ähnlich ist das Fleisch von
Menschen- und Tierleichen.
Die industrielle Tötungsmaschinerie in Großschlachthöfen, wie sie Jonathan
Safran Foer noch viel ausführlicher schildert, macht auch Menschen Angst, nicht nur Tieren.
Wenn wir auf einen Sieg christlicher oder
Weitere Kostenlose Bücher