Peace Food
auslöste.
Der Bolzenschussapparat wird in manchen Schlachthöfen aber auch
absichtlich schwach eingestellt, damit das Tier nicht gleich tot ist, weil dann auch das
Herz stehen bleibt und so das Ausbluten länger dauert. Zeit ist aber in den modernen
Tötungsfabriken knapp. Außerdem ist im Tier verbleibendes Blut eine Quelle bakterieller
Probleme. Jonathan Safran Foer schreibt über seine Erfahrungen mit amerikanischen
Verhältnissen: »Tiere bluten aus, werden enthäutet und zerteilt – bei vollem Bewusstsein.
Das kommt ständig vor, die Industrie und die Behörden wissen es. Mehrere Schlachthöfe, die
wegen Ausbluten oder Enthäuten oder Zerlegen lebender Tiere mit Bußgeldern belegt worden
waren, verteidigten ihr Handeln als in der Schlachtindustrie völlig üblich und wollten – im
Grunde zu Recht – wissen, wieso man ausgerechnet sie herausgegriffen habe. 88
Eine Überprüfung ergab in den USA, dass es »der überwältigenden Mehrheit
der Schlachthöfe nicht gelang, Rinder mit einem einzigen Bolzenschuss zu betäuben«. Foer
erklärt die hohe Fehlerquote mit der »Kombination aus erhöhtem Schlachttempo – es hat sich
in den letzten 100 Jahren um 800 Prozent erhöht – und schlecht ausgebildeten
Hilfsarbeitern, die unter grauenhaften Umständen schuften«. Sie hätten mit 27 Prozent die
höchste Verletzungsrate aller »Berufe« und würden miserabel dafür bezahlt, pro Schicht über
2000 Rinder zu töten. 89
Wer kein Sadist ist, wird einer
Dafür, dass unter solchen Bedingungen auch normale Menschen zu Sadisten
werden, sprechen verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen, bei denen Menschen etwa bei
banalen wissenschaftlichen Settings sehr rasch sadistisch reagierten. Sie quälten
vermeintliche Versuchspersonen mit erheblichen Stromstößen, wenn ihnen glaubhaft gemacht
wurde, es geschähe im Dienste der Wissenschaft. Auch der deutsche Film »Das Experiment« von
Oliver Hirschbiegel aus dem Jahr 2001 über einen entsprechenden Versuch verdeutlicht diesen
Zusammenhang erschreckend.
Unter den Bedingungen industriellen Schlachtens gelingt es offenbar den
meisten Menschen nicht, menschlich zu bleiben. Und das ist noch äußerst vorsichtig
ausgedrückt. Mit anderen Worten: Was Fleischesser zu sich nehmen, wurde von Menschen
vorbereitet, deren Arbeitsumstände ihren Schatten in Form von Sadismus und Perversion
hervorbringen.
Schlachthofarbeiter drehten heimlich in ihrem Betrieb einen Film, den sie
der »Washington Post« zuspielten. Dabei sah man nicht betäubte Rinder bei vollem
Bewusstsein aufgehängt und mit dem Schlachtband zur Zerlegung fahren oder wie einem Rind
ein Elektroschocker ins Maul gerammt wurde. 20 Arbeiter bestätigten mit ihrer Unterschrift
diese Zustände nicht nur als wahr, sondern als üblich und ihren Vorgesetzten bekannt.
Hier noch weitere von Foer dokumentierte Aussagen, die das Elend noch
deutlicher beschreiben: »Ich habe Tausende und Abertausende von Rindern lebendig in die
Zerlegung gehen sehen … Manchmal hängen sie schon sieben Minuten am Förderband und leben
immer noch. Ich habe mal am Enthäuter gestanden, und selbst da waren sie noch am Leben. Da
wird die ganze Haut vom Hals abwärts abgezogen. 90
Eigentlich sollte das Rind da natürlich längst tot sein, bevor es
anschließend als sogenannter »Schlachtkörper« zum Kopfschlachter kommt, der die Haut vom
Kopf abzieht. Soweit die Theorie. Hier der Originalton eines Arbeiters dazu: »Oft merkt der
Kopfschlachter, wenn er die Kopfseite aufschneidet, dass das Tier noch am Leben und bei
Bewusstsein ist, es tritt dann wie wild aus. 91
Danach kommt das Rind beziehungsweise der Schlachtkörper zu den
»Fußschneidern«. Hier berichtet wieder ein Arbeiter: »Wenn da noch welche zum Leben
erwachen (…) dann sieht das aus, als ob sie die Wände hochlaufen wollten … wenn sie zu den
Fußschneidern kommen, na ja, die wollen natürlich nicht warten, bis irgendwer herkommt und
das Rind noch mal schießt. Also schneiden sie mit ihren Zangen einfach die Unterbeine ab.
Und wenn sie das tun, dann werden die Rinder richtig wild und treten in alle Richtungen.«
Im Anschluss daran wird das Rind gespalten … 92
Das Ganze liest sich schon zum Wände-Hochgehen. Stellen Sie sich vielleicht besser nicht vor, so etwas mitansehen zu müssen. Sie
müssen nicht und Sie müssen das auch nicht weiter beim Einkaufen und Essen
unterstützen.
Auch wenn man
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