Peace Food
überhaupt menschlicher Barmherzigkeit über die
Bilanzen warten, wird das Elend bleiben. Wir können uns aber jederzeit entscheiden,
persönlich auszusteigen und das Umfeld unseres Lebens in diesem Sinne zu befreien und zu
reinigen, indem wir andere mitfühlende Mitmenschen in dieses Feld aufnehmen. Modernes
Industrie-Fleisch ist eine eindeutige und klare Absage an Barmherzigkeit und Mitgefühl und
damit im tiefsten Sinn unchristlich beziehungsweise unreligiös.
Massentierhaltung – und was das Grundgesetz
sagt
Die Massentierhaltung liefert in Deutschland – laut einer Studie des
statistischen Bundesamtes von 2008 – über 98 Prozent allen Fleisches. Von den über 55
Millionen Schweinen, die Deutsche jährlich verspeisen, stammen 99,3 Prozent aus
Tierfabriken, von den 3,8 Millionen Rindern und Kälbern 95,7 Prozent. Beim Geflügel sind
es 97,9 Prozent. Der minimale Rest stammt noch von Bauernhöfen, die heute kaum mehr als
Alibi- und Vorzeige-Funktion haben. Sie sollten uns in keiner Weise über die wirkliche
Herkunft des Fleisches täuschen. Es stammt fast alles aus Tier-Zucht-Häusern, kurz
Tierfabriken.
Dabei steht im deutschen Grundgesetz seit 2002: »Aus der Verantwortung
des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf ist dessen Leben und Wohlbefinden zu
schützen.« Weiter heißt es, das Tier müsse angemessen ernährt, gepflegt und
untergebracht werden und ihm sollten keine vermeidbaren Schmerzen und Leid zugefügt
werden.
Weshalb schauen wir weg?
Die in den Tierfabriken herrschende Art von Grausamkeit kann sich die
Mehrheit der Menschen nicht in ihren schlimmsten Träumen vorstellen. In weit über der
Hälfte der deutschsprachigen Haushalte werden Tiere gehalten, gepflegt und geliebt,
US-Bürger geben fast 40 Milliarden Dollar im Jahr für sie aus. Auf den Bauernhöfen war das
Klima notgedrungen immer rauer als im Bürgerhaus(halt). Schon der Hofhund auf dem Land traf
es nicht mehr so gut wie der Schoßhund in der Stadt. Doch das waren graduelle Unterschiede.
Was aber in den letzten 50 Jahren beim Wandel des Bauernhofs zur Tierfabrik geschehen ist,
hat unvorstellbar grausame Formen angenommen. Das ganze Elend ist ein Auswuchs unseres
Systems und als solcher auch von uns zu verantworten. Es geht in diesem Bereich nur noch um
Geld. Schmerz, Leid und Qual haben hier keinen Stellenwert mehr. Aber sie haben Bedeutung
für die Esser des Leides. Unsere Seele nimmt das Leid auf mit dem Fleisch der gequälten
Kreatur.
Wir wollen nur nicht hinschauen, wollen das nicht sehen, es einfach nicht
wahr- und nicht wichtig nehmen. Stattdessen schließen wir kollektiv die Augen, so wie
Menschen das fast immer tun, wenn etwa politische Umstände unerträglich werden und das
Unrecht seine Gewaltherrschaft antritt. Wir müssen aber hinschauen und sollten uns
klarmachen, dass Worte diesem Schrecken nie auch nur annähernd so gerecht werden können wie
Bilder beziehungsweise Filme. Solche Dokumentationen gibt es inzwischen vereinzelt –
heimlich und verstohlen gedreht. Im Internet sind sie über Tierschutzorganisationen zu
finden. Ein Beispiel ist der US-Film »Meet your meat« – zu deutsch »Begegne deinem
Fleisch«.
Was mit Worten zu leisten ist, hat Jonathan Safran Foer in »Tiere essen«
vollbracht, das ich jedem empfehle, der dem ganzen Ausmaß der Verrohung ins Auge schauen
will. Er schreibt: »Die Massentierhaltung ist, ähnlich wie Pornographie, schwer zu
erklären, aber leicht zu erkennen. Im engeren Sinn handelt es sich dabei um ein System der
intensiven und industriellen Landwirtschaft, in dem Tiere – oft zu Zehn- oder
Hunderttausenden –, genetisch optimiert, in ihren Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt
werden und unnatürliches Futter erhalten (dem fast immer irgendwelche Medikamente wie
Antibiotika zugesetzt sind).« Und weiter: »Massentierhaltung ist weniger von einem
Maßnahmenkatalog als von einer Geisteshaltung bestimmt: Die Produktionskosten werden auf
das absolute Minimum gedrückt, und Kosten wie Umweltzerstörung, Krankheiten beim Menschen
und das Leiden der Tiere werden systematisch ignoriert oder nach außen verlagert.
Jahrtausendelang orientierten Landwirte sich an den Zyklen der Natur. In der
Massentierhaltung gilt die Natur als etwas zu Überwindendes. 97
Fazit: Über den Umgang anderer Kulturen
mit Tieren rümpfen wir gern die Nase und machen uns nicht klar, was tagtäglich in
unseren
Weitere Kostenlose Bücher