Peacemaker
Stellen, die am stärksten belastet waren, befanden sich unter der Wasseroberfläche entlang der Nahtstelle der Aufnahmevorrichtung für das passive Dämpfungssystem.
Plötzlich fing das Modell auf dem Bildschirm an, sich zu bewegen. Hypothetische Wellen und andere Vektoren ließen die skelettartige Darstellung der Obelisk genauso hin und her schwanken wie die riesigen Wellen draußen die echte Bohrinsel. Wenn die Bohrinsel wankte, änderte sich die Farbe der Streben, die ihr passives Dämpfungssystem stützten, und wechselte zwischen Grün und Orange. Der Druck, der auf den verschiedenen Bauteilen lastete, veränderte sich und wurde umverteilt, doch die Bohrinsel blieb intakt. Selbst bei der maximalen vorhergesagten Wellenhöhe von gut zehn Metern blieb das Modell der Obelisk stehen.
»Wenn das stimmt«, sagte Prejean, »wenn Ransoms Zahlen richtig sind, wird die Obelisk das Unwetter überstehen. Es wird eine raue Angelegenheit, aber die Bohrinsel wird nicht einstürzen.«
»Vorausgesetzt, Gideon entschärft die Bombe«, entgegnete Kate. Ihre Erleichterung über die strukturelle Integrität der Bohrinsel unter Taifun-Bedingungen wurde von der Erkenntnis getrübt, was zur Rettung ihrer Crew alles noch getan werden musste. Sie hatte mit angesehen, wie Garth und Eddie getötet worden waren, und Big Al hatte ihr von einigen anderen berichtet, die bei dem Versuch, sich zu widersetzen, erschossen worden waren. Und so unsympathisch ihr Stearns und Tina auch gewesen sein mochten, ihr Tod hatte sie trotzdem erschüttert. Sie war für ihre Sicherheit verantwortlich gewesen, und sie hatte versagt. Sie würde alles tun, was nötig war, um den Rest ihrer Crew zu retten. Auch wenn sie dazu ihr Leben opfern musste.
Ihr finsterer Entschluss wurde von Stimmen unterbrochen, die im Korridor vor der Tür ertönten. »Schnell, Chérie , lass das verschwinden.« Kate klappte den Laptop genau in dem Moment zu, als die Tür aufging. Sie hatte mit Earl Parker gerechnet und machte ein langes Gesicht, als sie sah, dass Gideon zur Tür hereingeschubst wurde, der an Händen und Füßen gefesselt war. Hinter ihm tauchte Timken auf und schubste ihn abermals, dieses Mal fester. Gideon fiel zu Boden und war mit seinen gefesselten Händen kaum in der Lage, seinen Sturz abzufangen.
Timken ignorierte Prejeans wütenden Blick und schloss die Tür. Kate half Gideon auf die Beine. Trotz der scheußlichen Situation spürte Gideon ein unerklärliches Glücksgefühl, als er Kate sah. Sie erkundigte sich, was geschehen sei.
»Parker ist derjenige …« Er verstummte und schüttelte den Kopf.
»Das verstehe ich nicht«, erwiderte Kate.
»Er hat uns die ganze Zeit etwas vorgespielt. Er steckt hinter dieser Sache.« Kate und Prejean waren sichtlich verblüfft. Gideon gab ihnen einen Moment Zeit, um die Neuigkeiten zu verdauen, ehe er erklärte, dass Parker den Überfall auf die Obelisk inszeniert und das Ganze seinem Bruder angehängt hatte, um eine militärische Reaktion der Vereinigten Staaten zu provozieren. Bei dem bärtigen Mann mit der gefälschten Tätowierung handelte es sich nur um einen sadistischen Söldner namens Orville Timken, der eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit mit Tillman hatte und ihn getötet hatte, um dessen Identität anzunehmen, wie er es zuvor schon mit Cole Ransom getan hatte.
»Dann hattest du also recht, was deinen Bruder anbelangt«, sagte Kate.
»Ja.«
»Das tut mir leid.«
»Mir auch«, entgegnete Gideon, den ihr aufrichtiges Mitgefühl tröstete.
Prejean konnte nicht umhin, die Verbindung zwischen den beiden zu bemerken. Er hatte bereits zuvor den Eindruck gehabt, etwas aus ihrer Stimme herauszuhören, als sie von Gideon gesprochen hatte, doch jetzt sah er mit eigenen Augen, dass ihre Zuneigung gegenseitig war. Doch seine Genugtuung war nur von kurzer Dauer. Als er einen Blick auf die Uhr warf, erinnerte er sich und die anderen daran, dass ihnen weniger als acht Stunden blieben, um die Bombe zu entschärfen, und dass ihr einziger brauchbarer Plan soeben zunichtegemacht worden war.
»Ich will die Sache nicht komplizierter machen, als sie ohnehin schon ist«, sagte Gideon, »aber in D-4 war keine Bombe. Alles, was ich dort gefunden habe, war eine ziemlich ausgeklügelte Elektronik, die wie ein drahtloser Zünder ausgesehen hat. Was bedeutet, dass die Bombe überall sein könnte.«
»Nicht überall«, erwiderte Kate und stieß einen frustrierten Seufzer aus. »Als ich überlegt habe, wo sich die größte bauliche
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